Millionen Liter Saft mit Hilfe einer Grapefruit

Teures Grapefruit-Aroma mit „Turbohefe“ aus billigem Zucker herstellen

16.04.2015 - Österreich

Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) nutzt die positiven Möglichkeiten der synthetischen Biologie. Die Herausforderung der Biotechnologen Tamara Wriessnegger und Harald Pichler in Graz war, Nootkaton mit Hilfe von Hefezellen in großen Mengen herzustellen. Die Substanz ist teuer (mehr als 4000 Euro pro Kilo) und kommt nur in winzigen Mengen in Grapefruits vor. Gleichzeitig ist der Bedarf groß, denn Nootkaton wird als hochwertiger, natürlicher Aromastoff in Millionen Litern Erfrischungs- und Lifestyle-Drinks ebenso eingesetzt wie als Biopharmazeutikum oder als natürliches Insektenschutzmittel.

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acib-Forscherin Tamara Wriessnegger führt Testfermentationen durch.

„Wir haben neue Geninformationen in die Hefe Pichia pastoris eingebaut, damit sie Nootkaton aus Zucker herstellen kann“, erklärt acib-Forscherin Tamara Wriessnegger. Das Erbgut der Produktionshefe wurde um vier Fremdgene erweitert, die aus der Schotenkresse Arabidopsis thaliana, dem Ägyptischen Bilsenkraut Hyoscyamus muticus, der Nootka-Scheinzypresse Xanthocyparis nootkatensis und aus der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae stammen. Letztendlich führt das Aroma einer Grapefruit zu Millionen Litern an Saft.

Denn mit Hilfe der neuen Gene ist die Hefe in der Lage, den hochwertigen, natürlichen Aromastoff günstig und in brauchbaren Mengen aus Zucker (ein Euro pro Kilo) herzustellen. Wichtig ist die Substanz für die Lebensmittel-, Pharma- und chemische Industrie, weiß Harald Pichler. Als Insektizid wirke es gegen Zecken, Moskitos oder Wanzen. Im medizinischen Umfeld habe sie Aktivität gegen Krebszelllinien gezeigt. In Kosmetika schätze man den guten Geruch, in Erfrischungsgetränken den Geschmack. Weil die natürlichen Quellen den Bedarf nicht decken können, ersetzt die acib-Methode die chemische Synthese – einen energieaufwändigen, alles andere als umweltfreundlichen Prozess. Auch die gängige Biotech-Variante mit Valencen als Ausgangsstoff ist unterlegen, weil Valencen teurer als Zucker ist und chemisch synthetisiert werden muss. Pichler: „Mit unserem Verfahren lässt sich das teure und wichtige Terpenoid Nootkaton erstmals industriell in brauchbaren Mengen umweltfreundlich und Ressourcen schonend produzieren.“

Die synthetische Biologie kann für die Menschheit überlebenswichtig sein, wie das Beispiel Artemisinin zeigt. Dank dieser Substanz ist Malaria heilbar. Leider kommt sie nur in winzigen Mengen im Einjährigen Beifuß vor – bis der US-Forscher Jay Keasling den entsprechenden Produktionsweg aus der Pflanze in Bakterien übertragen hat. Mit diesen „synthetischen“ Organismen wird der Wirkstoff seither günstig hergestellt.

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