Risikokapital: Kaum noch Geld für junge Firmen - Biotech und Pharma bleiben beliebteste Branchen

Risikokapital-Investitionen erreichen neuen Tiefststand. Geldgeber konzentrieren sich auf bestehende Beteiligung

03.09.2003

Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind die Investitionen im Vergleich zum zweiten Halbjahr des Vorjahres in junge Unternehmen in Deutschland erneut stark zurückgegangen: von 378 auf 255 Millionen Euro. Das ist ein Rückgang um 33 Prozent. Europaweit flossen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 1,429 Milliarden Euro in Risikokapital-Beteiligungen - ein Rückgang um 31 Prozent. Das ergab eine aktuelle Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und VentureOne.

Das zweite Quartal markiert mit einem Investitionsvolumen von 103 Mio. Euro einen absoluten Tiefststand für Deutschland. Auch in den anderen großen europäischen Ländern waren die Investoren mit neuen Beteiligungen sehr zurückhaltend. In Großbritannien und Frankreich sind die Investitionen um jeweils etwa 40 Prozent gesunken. Nach wie vor ist Großbritannien mit einem Investitionsvolumen von 432 Mio. Euro im ersten Halbjahr der wichtigste europäische Markt für Risikokapital.

Gerhard Müller, Partner bei Ernst & Young, zu dieser Entwicklung: "Tatsache ist, dass der Konsolidierungsprozess auf dem Risikokapitalmarkt noch nicht abgeschlossen ist. Zwar gibt es im zweiten Halbjahr traditionell etwas höhere Investitionen, eine Trendwende ist aber noch nicht in Sicht."

Nach dem Platzen der New Economy-Blase ist die Bereitschaft, in junge Unternehmen zu investieren, drastisch gesunken. Zahlreiche Beteiligungsgesellschaften haben viel Geld verloren und arbeiten nun an der Bereinigung ihrer Portfolios. Für Start-up-Unternehmen, die eine Anschubfinanzierung benötigen, bestünden derzeit kaum Chancen auf eine Finanzspritze, so Müller: "Die Risikokapitalgeber konzentrieren sich derzeit auf schon bestehende und erfolgversprechende Beteiligungen. Zu groß ist ihnen das Risiko, neue Unternehmen in ihr Portfolio aufzunehmen. Junge Unternehmen, die eine Erstrunden-Finanzierung benötigen, haben daher große Probleme bei der Suche nach Investoren." Je jünger ein Unternehmen ist, desto unsicherer sind in der Regel seine Erfolgsaussichten. Investoren konzentrieren sich daher auf Unternehmen, die bereits Erfolge am Markt nachweisen können. "Junge Unternehmen, die dringend Risikokapital benötigen, sind nach wie vor die Hauptverlierer."

Das Kernproblem ist, dass für die Kapitalgeber der Ausstieg aus ihrem Investment über die Börse immer noch verschlossen ist. Im zweiten Quartal gelang kein einziger Börsengang in Deutschland. "Solange es nicht zu einer nachhaltigen Erholung an den europäischen Börsen und zu erfolgreichen neuen Börsengängen kommt, wird es keine Erholung auf dem Risikokapitalmarkt geben. Mit einer Besserung der Lage ist daher frühestens 2004 zu rechnen", erwartet Gerhard Müller.

Die Zurückhaltung der Investoren erstreckt sich auf alle Branchen. Nur in junge Unternehmen, die in den Bereichen Biotechnologie und Pharma tätig sind, fließen derzeit noch größere Summen. Der Bereich Informationstechnologie, der im Jahr 2000 noch die meisten Investoren anzog, hat sehr stark an Attraktivität verloren.

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