Erneutes Amselsterben durch tropisches Virus

Erste Amsel aus Nordrhein-Westfalen infiziert

18.07.2012 - Deutschland

Virologen des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) haben sechs tote Amseln aus Rheinland Pfalz und erstmals auch eine Amsel aus Nordrhein-Westfalen positiv auf das von Mücken übertragene Usutu-Virus getestet. Damit bestätigten sie die Prognose von Mückenexperten der Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS) aus dem Frühjahr, dass im Sommer 2012 ein erneutes Amselsterben zu erwarten sei und der Ausbruch andere Bundesländer erfassen könnte.

Im Sommer 2011 begann ein durch Usutu-Viren ausgelöstes Massensterben der Amseln und anderer Vögel im Dreiländereck von Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Die Gruppe um den Hamburger Virologen Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, BNI, erforschte den letztjährigen Ausbruch intensiv und veröffentlichte die Ergebnisse in der Fachzeitschrift PloS One.

„In den letzten Tagen wurden uns etwa 95 tote Amseln aus dem Raum Neustadt an der Weinstraße, Landau und Bad Dürkheim gemeldet“, berichtet Dr. Norbert Becker, wissenschaftlicher Leiter der KABS und Dozent an der Universität Heidelberg. Seine Mitarbeiter sammelten verendete Vögel ein und insgesamt 73 Tiere wurden am BNI auf eine Usutu-Virus-Infektion untersucht. „Leider haben sich die Befürchtungen nun bestätigt, dass das Usutu-Virus in der bekannten Ausbruchregion seit Juni wieder aktiv ist und viele Vögel an der Infektion versterben“, sagt Becker.

Laut Schmidt-Chanasit wurde zudem erstmals eine tote Amsel, die eine aufmerksame Bürgerin außerhalb des ursprünglichen Ausbruchgebiet gefunden hatte, positiv auf das Usutu-Virus getestet. Die Amsel wurde in der Stadt Siegen im Bundesland Nordrhein-Westfalen tot aufgefunden.

Im April dieses Jahres hatte das interdisziplinäre Expertenteam die Bevölkerung dazu aufgerufen, tote Vögel zu melden und die Überträgermücke zu bekämpfen. „Auch dank der Unterstützung von Bürgerinnen und Bürger ist es uns gelungen, den Usutu-Virus-Ausbruch geografisch genau eingrenzen zu können“, sagt Becker.

Der aktuelle Ausbruch biete die einmalige Chance, in Deutschland die komplexen biotischen Interaktionen zwischen Viren, Stechmücken und Vögeln unter Einbeziehung ökologischer Rahmenbedingungen zu untersuchen, so Schmidt-Chanasit. Deshalb sollen wissenschaftlich interessierte Bürger infizierte Vögel weiterhin melden und möglichst früh an das BNI, die KABS oder ein örtliches Veterinäramt schicken. Mit dem Usutu-Virus infizierte Vögel zeigen oftmals Verhaltensauffälligkeiten und ein zerzaustes Gefieder. Weitere Informationen und ein Meldeformular bietet der NABU über seine Website an.

Originalveröffentlichung

Becker N et al.; Epizootic emergence of Usutu virus in wild and captive birds in Germany. PLoS One.7(2):e32604 (2012); Epub 2012 Feb 28.

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