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Oxidativer Stress



Im Organismus sind auch reaktionsfreudige Formen des Sauerstoffs vorhanden. Wenn sich das Gleichgewicht im Körper zugunsten der oxidationsfördernden Prozesse verschiebt, bedeutet das für ihn oxidativen Stress.

Die Alterung der Körperzellen, wofür vor allem so genannte Freie Radikale verantwortlich gemacht werden, soll Folge des oxidativen Streß sein. Maßnahmen, die diesen Alterungsprozess hemmen sollen, werden als Anti-Aging bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Freie Radikale

Sauerstoff reagiert in der Atmungskette der Zellen mit Wasserstoffionen zu Wasser. Dies geschieht, da jedes Atom die Edelgaskonfiguration anstrebt. Eine solche Konfiguration ist für Sauerstoff mit acht Elektronen und für Wasserstoff mit zwei Elektronen auf der äußeren Elektronenschale gegeben. Da Sauerstoff selbst dort nur sechs und Wasserstoff ein Elektron besitzt, gehen beide eine Verbindung miteinander ein: im entstehenden Wasser ist für alle drei Atome die Edelgaskonfigurationen erreicht. Dieser "Verbrennungsvorgang" führt dem Körper Energie zu. Ein Großteil des entstandenen Wassers wird später über die Harnwege ausgeschieden.

Trotz ausgiebiger Schutzmechanismen ist dieser Prozess in etwa zwei Prozent der Fälle fehlerhaft, dann nämlich, wenn sich nur ein Wasserstoffatom mit einem Sauerstoffatom verbindet. Weil das Sauerstoffatom dann mit sieben Elektronen auf der äußeren Schale der Edelgaskonfiguration bereits nahe ist, strebt es als "freies Radikal" danach, sich mit dem nächstbesten Atom zu verbinden.

  Freie Radikale werden schon seit Mitte des letzten Jahrhunderts als Schlüsselfaktoren des Alterungsprozesses angesehen, da sie den Körper einem "oxidativen Stress" aussetzen. Unter diesen Verbindungen werden die Superoxidanionen (1) und das Hydroxidradikal (2) als Hauptverantwortliche der Schädigungen angesehen. Beide initiieren im Körper eine Kettenreaktion, in der sie sich das fehlende Elektron dadurch aneignen, dass sie benachbarte Moleküle wie Lipide, Proteine oder DNA attackieren und verändern.

Freie Radikale entstehen in den Mitochondrien, den "Kraftwerken" der Zelle, wo in der Atmungskette ständig Nährstoffe mit Sauerstoff verbrannt werden. Zwar verfügt der Körper über Mechanismen, um diese aggressiven Verbindungen abzufangen oder entstandene Schäden zu reparieren, aber mit der Zeit werden diese Abwehrkräfte schwächer, und die Zahl der Schadstellen nimmt zu. Mitochondrien sind schon deshalb so gefährdet, weil sie zwar über eigenes Erbgut, aber nicht über die dazugehörigen Reparatursysteme verfügen, weshalb sie im Laufe des Lebens zunehmend zugrunde gehen.

Haben freie Radikale erst einmal die DNA verändert, steigen altersbedingte Krankheiten wie Krebs, Arthritis, Alzheimer-Krankheit und Herzkrankheiten. Zur Abwehr setzt der Körper Schutzenzyme (siehe unten) und Antioxidantien (Glutathion, Vitamin C (9, 10), Vitamin E und β-Carotin) ein, die den oxidativen Abbau verhindern. Diese Moleküle neutralisieren die freien Radikale durch Übertragung eines Elektrons.

Biologische Alterungsprozesse

Radikale werden somit für das Altern verantwortlich gemacht. Gestützt wird diese „Radikal-Theorie“ dadurch, dass langlebige Organismen einen deutlich niedrigeren Energieverbrauch haben als kurzlebige. Am interessantesten sind Vögel. Sie haben vierfach höhere Stoffwechselumsätze als Menschen d. h. sie verbrauchen mehr Energie bei wesentlich kürzerer Lebenserwartung. Meeresschildkröten, die wohl dank ihres geringen Stoffwechselpotentials hunderte von Jahren alt werden können, scheinen die Regel zu bestätigen. Mäuse und Kühe verbrennen während ihres Lebens nahezu gleichviel Energie pro Kilogramm Körpergewicht (vgl. Kleibers Gesetz). Die Maus wird damit allerdings drei Jahre, die Kuh immerhin 30 Jahre alt. Mit anderen Worten: beide Tiere verbrennen Sauerstoff auf völlig unterschiedlichem Niveau.

Im Kampf zwischen freien Radikalen und Antioxidantien können wir erhebliche Schäden erleiden. Am Anfang sind sie noch gering und überschaubar, und der Körper kann sie dauerhaft reparieren. Doch irgendwann kann er das Tempo nicht mehr mithalten. In den letzten Lebensjahren setzt dann ein Schneeballeffekt ein, eine regelrechten Flut von oxidativem Stress, in der sich die freie Radikale nahezu ungehindert ausbreiten. Schließlich kann die Reparaturtätigkeit dem nicht mehr standhalten.


Mitohormesis: Oxidativer Stress fördert Abwehrkapazität gegen oxidativen Stress

Mitohormesis wird ein biochemischer Prozess genannt, bei welchem die Aktivierung von Mitochondrien zu einer Vermehrung von freien Radikalen in der Zelle führt, welche letztlich zu einer Aktivierung der zelleigenen Abwehr gegen Sauerstoffradikale führt. Das Konzept der Mitohormesis wurde kürzlich durch Michael Ristow bewiesen.


Rolle bei der Entstehung von Erkrankungen

In jüngerer Zeit wird der Einfluss z.B. reaktiver Sauerstoffspezies (engl. ROS) auf die Entstehung von oxidativem Stress insbesondere im Hinblick auf neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Morbus Alzheimer, Chorea Huntington oder auch Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) untersucht. In diesem Zusammenhang weisen viele Studien vor allem bei der Parkinson'schen Erkrankung, die durch den Untergang dopaminerger nigrostriataler Neurone in den Basalganglien gekennzeichnet ist, auf ein Überhandnehmen freier Sauerstoffradikale unter Eisenbeteiligung und auf hierdurch generierten oxidativen Stress mit schädigender Umwandlung physiologischerweise in der Substantia Nigra vorkommender Proteine (z.B.α-Synuclein) hin. Diskutiert wird ferner eine Genese oxidativen Stresses nach Bestrahlung oder auch durch Hypoxie bzw. Hyperoxie und die sich hieraus ergebende Begünstigung neurodegenerativer Erkrankungen.[1][2] Auch bestimmte Herz-Kreislauferkrankungen wie z.B. Arteriosklerose oder Koronare Herzkrankheit könnten durch oxidativen Stress mitbedingt sein, da die Oxidation des LDL im Endothel als eine Vorstufe von Plaquebildung angesehen wird. Derzeit wird allgemein davon ausgegangen, dass krankheitsauslösende oder -begünstigende Faktoren für ein Überwiegen oxidativen Stress generierender Substanzen gegenüber Entgiftungsmechanismen (s.u.) verantwortlich zeichnen.

Antioxidantien

Glutathion (GSH) ist praktisch in allen Zellen vorhanden, oft in hohen Konzentrationen, und kann als eine Art Redoxpuffer angesehen werden. Die Substanz verhindert die Oxidation von Sulfhydrylgruppen in Proteinen und von Eisen (Fe-II) im Häm. Seine Redoxfunktion kann auch zur Entfernung toxischer Peroxide dienen, wie sie sich im Laufe des Wachstums und im Metabolismus unter aeroben Bedingungen bilden.

Wenn Antioxidantien ein Elektron an freie Radikale abgegeben haben, werden sie selbst zu solchen. Indes: Sie greifen nicht sehr aggressiv an, da sie sich leicht mit unkritischen Molekülen oder untereinander verbinden.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die mögliche Doppelfunktion des Vitamins C. Gedacht zum Abfangen des Hydroxylradikals (10) gibt es weitere Reaktionswege (Kreuzungspunkt 9), die erst zur Bildung freier Radikale führen:

  • zusammen mit zweiwertigem Eisen wird aus Sauerstoff das Superoxidanionen (Dioxigenasereaktion 3)
  • zusammen mit Wasserstoffperoxid wird die aus der Organischen Chemie bekannte "Fenton-Reaktion" (8) eingeleitet, während der eine Disproportionierung zum Hydroxylradikal (2) und dem Hydroxid-Anion eintritt. Wie im Reagenzglas kann das freie Radikal offenbar auch im Menschen zur Schädigung der Nukleinsäuren führen (Trends in Biochem. Sci. 24, 255-259, 1999). Wenn dies virale DNAs betrifft, ist dies ein gewünschter Effekt (Proc. Natl. Acad. Sci. USA 87, 7245-7349, 1990).

Schutzenzyme

Glutathion ist der Cofaktor der Glutathion-Peroxidase (7):

2 GSH + R-O-OH → GSSG + H2O + R-OH

Das Enzym ist schon deshalb bemerkenswert, weil es ein kovalent gebundenes Selenatom (Se) in Form des Selenocysteins (Sec) enthält. Selenoenzyme verdanken dieser sog. "21ten Aminosäure" ihre Aktivität.

Mit der Übertragung des Gens für Superoxid-Dismutase, dem Enzym, welches das gefährliche Superoxid-anion Radikal (1) disproportioniert, hoffen einige Forscher, auch den Menschen zum Methusalem machen zu können. Katalase (6) schließlich entzieht dem Organismus Peroxide und damit die Grundlage einer Fenton Reaktion.

Wenn ein Ungleichgewicht zwischen dem Wasserstoffperoxid-bildenen Enzym Superoxid-Dismutase und dem Wasserstoffperoxid-abbauenden Enzymen Katalase bzw. Glutathionperoxidase besteht, d.h. die Wasserstoffperoxid-bildenen Reaktionen überwiegen, kann jedoch auch oxidativer Stress entstehen. Neuste Erkenntnisse ergaben, dass dieses Ungleichgewicht im antioxidativen Enzymsystem und resultierender oxidativer Stress bei der p53-vermittelten-Apoptose eine Rolle spielt.

Erfolge mit Fruchtfliegen

Erklärtes Ziel einiger Gentechnologen ist es, den Körper zu veranlassen, selbst Antioxidantien zu produzieren. Experimente mit Fruchtfliegen brachten erste Erfolge. Mit genetischen Manipulationen wurde der Organismus dazu gebracht, Katalase und Superoxid Dismutase herzustellen. Damit erhöhte sich die maximale Lebensdauer um immerhin 34 Prozent.

Stress-Respons/Antioxidantien

Quellen

  1. Jellinger, K.A. (2002): Recent developments in the pathology of Parkinson's disease. In: Journal of Neural Transmission. Bd. 62, S.347-76.
  2. Kienzl, E. et al. (1999): Iron as catalyst for oxidative stress in the pathogenesis of Parkinson's disease? In: Life Science. Bd. 65, S. 1973-1976.

Siehe auch

  • Reaktive Sauerstoffspezies
  • Freie Radikale
  • Antioxidantien
  • Mitohormesis
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Oxidativer_Stress aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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