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Dictyostelium



Dictyostelium
 
Systematik
ohne Rang: Amoebozoa
Klasse: Schleimpilze (Eumycetozoa)
Unterklasse: Zelluläre Schleimpilze (Dictyostelea)
Ordnung: Dictyosteliales
Familie: Dictyosteliaceae
Gattung: Dictyostelium
Wissenschaftlicher Name
Dictyostelium
Bref., 1870

Dictyostelium ist eine Gattung aus der Klasse der Schleimpilze. Die Arten von Dictyostelium sind Zelluläre Schleimpilze (Acrasiomycetes) und leben unter günstigen Umständen als Einzeller im Boden. Bei Nahrungsmangel schließen sich die ehemals einzelligen Amöben zu einem vielzelligen Verband (soziale Amöbe) zusammen und bilden an einem langen Stiel einen Fruchtkörper aus, aus dem Sporen entlassen werden. Da sie sowohl als Einzeller als auch als Vielzeller vorkommen, ist die Vertreter dieser Gattung bevorzugte Modellorganismen in der Zell- und Entwicklungsbiologie. Das Genom von Dictyostelium discoideum wurde 2005 von einem internationalen Forscherteam entschlüsselt.

Inhaltsverzeichnis

Taxonomie und phylogenetischer Ursprung

Die erste entdeckte Art Dictyostelium mucuroides wurde 1869 von Julius Oscar Brefeld beschrieben. Dictyostelium discoideum wurde erstmals von Kenneth Bryan Raper beschrieben (1935). Inzwischen sind circa 70 weitere Arten zellulärer Schleimpilze bekannt. Innerhalb der Klasse der Zellulären Schleimpilze (Acrasiomycetes) wird Dictyostelium discoideum der Familie Dictyosteliaceae zugeordnet, welche sich in die Gattungen Polysphondylium und Dictyostelium aufteilt.

Aufgrund seiner widersprüchlichen Erscheinungsform und phylogenetischen Beziehungen war die evolutionäre Stellung von Dictyostelium eine Streitfrage, die für eine lange Zeit nicht befriedigend beantwortet werden konnte. Die Chemotaxis der Amöben und die Photo- und Thermotaxis der Amöben im Pseudoplasmodium ("Slug-Stadium") stehen im scharfen Kontrast zu der pilzartigen Erscheinung der Fruchtkörper und der zellulosehaltigen Zellwand späterer Entwicklungsstadien, die eher für Pflanzen typisch wäre.

Untersuchung der Bestandteile der Ribosomen (5S-rRNA-Sequenzierung) und Eiweiße (Proteinsequenzierung) zeigen daß Dictyostelium näher mit Tieren als mit Pflanzenreich oder Pilzen verwandt ist.

Der Lebenszyklus

  Der Lebenszyklus von Dictyostelium gliedert sich in Wachstumsphase und Entwicklungsphase. Im Wechsel von Wachstums- zu Entwicklungsphase entsteht aus einer Population individueller Amöben ein echter vielzelliger Organismus aus zwei Geweben mit differenzierten Zellen: toten Stielzellen und keimungsfähigen Sporen.

Wachstumsphase

Dictyostelium discoideum lebt als einzellige Amöbe (8 - 12 µm) in humusreichen Waldböden der gemäßigten Zonen. Dictyostelium bewegt sich, indem er Zellfortsätze, sogenannte Scheinfüßchen bildet, die nach vorne ausstreckt und dann den Zellkörper nachzieht. Wie bei den Bewegungen der menschlichen Muskelzellen funktioniert das auch hier durch die Zusammenarbeit von Aktin- und Myosin-Filamenten. Mit diesen Bewegungen reagieren sie auf chemische Reize (Chemotaxis), also sozusagen auf den Geruch der Bakterien von denen sie sich ernähren oder später bei der Schleimpilzbildung auf die Botenstoffe ihrer eigenen Artgenossen.

Er ernährt sich von Bodenbakterien, die er aufnimmt indem er darum herumfließt und sie dadurch in ein Bläschen (Vakuole) mit Wasser einschließt (Phagozytose). Danach verbinden sich Vakuolen mit Verdauungsenzymen, die sogenannten Lysosom mit dieser Vakuole und die Bakterie wird verdaut. Bei ausreichender Verfügbarkeit von Nahrung lebt Dictyostelium als Einzeller und vermehrt sich durch Zellteilung (vegetative Phase). Zwischen zwei Zellteilungen phagozytiert D. discoideum circa 1000 Bakterien.

Hungerphase

Unterschreitet das Verhältnis zwischen der Menge an verfügbarer Nahrung und der Populationsdichte der Amöben einen kritischen Wert, geht D. discoideum aus der vegetativen Wachstumsphase in eine Entwicklungsphase über, die durch grundlegende morphologische Veränderungen und unterschiedlicher Genexpression gekennzeichnet ist. In der Hungerphase beginnen erst einige Amöben cAMP als Hungersignal auszuscheiden (sezernieren). Es wird unmittelbar über eine Signalkaskade die Entwicklungsphase eingeleitet.

Entwicklungsphase

Streaming

Von einigen Amöben sezerniertes cAMP lockt andere Amöben an, die dann ihrerseits cAMP produzieren und sezernieren. Das sezernierte cAMP leitet die Chemotaxis ein, die dazu führt, dass die Amöben beginnen, sich in die Richtung der ansteigenden cAMP-Konzentration zu bewegen. Dies führt zur Ausbildung der typischen verästelten Bahnen. Aufgrund der cAMP-Ausschüttung auf der der Bewegungsrichtung abgewandten Seite der Zelle bildet sich eine sogenannte „Head to tail“-Formation.

Mound

In Folge aggregieren 50.000 bis 100.000 Amöben und formieren sich zu Pseudoplasmodien, „Mounds“. Dabei fusionieren die Zellen jedoch nicht, sondern bilden einen multizellulären Verband, der eine Populationsdichte von mindestens 400 Zellen/mm² hat. Bereits zu diesem Zeitpunkt kommt es zu einer Veränderung der Aktivität der entwicklungs-relevanten Gene und damit zu einer Differenzierung der Zellen in die zwei verschiedenen Zelltypen: Prä-Sporenzellen und Prä-Stielzellen.

Slug

Im weiteren Verlauf der Entwicklung entsteht aus dem „Mound“ ein „Slug“. Dieser Slug, von einer Schleimschicht umgeben, ist in der Lage, auf phototaktische, chemotaktische oder thermotaktische Reize mit Bewegung zu reagieren. Im Slug-Stadium erfolgt die Einstellung des Gleichgewichts aus circa 20% Prä-Stielzellen und 80% Prä-Sporenzellen und deren Sortierung. Die Sortierung wird über die unterschiedliche Sensitivität der zwei Zelltypen gegenüber cAMP gesteuert. Die Prä-Stielzellen sammeln sich aufgrund einer erhöhten cAMP-Sensitivität im vorderen Bereich des Slugs, während die Prä-Sporenzellen den restlichen Slug bilden.

Finger-Stadium

Im weiteren Verlauf kann der Slug gleich in die Kulmination übergehen oder aber umherwandern. Dies dient der Suche einer geeigneteren Stelle für die Kulmination. Dabei streckt sich der Slug in die Höhe (Finger-Stadium), um dann schneckenartig umherzuwandern (wandernder „slug“).

Kulmination

Im Lauf der weiteren Entwicklung wird an der Spitze des Slugs ein cAMP-Gradient ausgelöst, indem die Prä-Stielzellen vermehrt extrazelluläre cAMP-Phosphodiesterasen exprimieren. Die Abnahme der cAMP-Konzentration an der Slug-Spitze löst die Kulmination aus.

mexican hat

Es bildet sich an der Basis eine Stielröhre, an deren Kopfende sich die Prä-Stielzellen befinden („mexican hat“). Die Prä-Stielzellen schwellen durch Vakuolisierung an und sterben dann ab; gleichzeitig werden die Prä-Sporenzellen in die Höhe gehoben. Sie kondensieren durch Abgabe von Wasser, umgeben sich zum Schutz vor Hitze und Trockenheit mit einer Mukopolysaccharidhülle und gehen dann in einen Ruhezustand über. Der Sporenkopf wird durch die „upper“ und „lower cups“ am Stiel des Fruchtkörpers fixiert.

Fruchtkörper

Den Abschluss des Entwicklungszyklus bildet der Sorokarp („Fruchtkörper“). Dieser besteht aus toten Stielzellen, keimungsfähigen Sporenzellen und einer Basalscheibe zur Verankerung auf dem Substrat. Die ovalen Sporen sind gegenüber Hitze und Austrocknung unempfindlich und in der Lage, unter geeigneten Umweltbedingungen wieder als Einzeller auszukeimen und einen neuen Entwicklungszyklus einzuleiten.

Aggregation und Differenzierung

Bei adäquater Ernährung vermehren sich die Amöben unbegrenzt. Wenn die Nahrungsquelle allerdings versiegt, ist das für die Amöben das Signal, die Wachstumsphase zu beenden und den Entwicklungszyklus einzuleiten, der in der mittelspäten G2-Phase (Putative Shift-point, PS-point) beginnt. Die Amöben sind in der Lage mittels eines Glykoproteins, dem sogenannten Pre-Starvation-Faktor (PSF) das Verhältnis von Populationsdichte zu bakterieller Nahrungsquelle zu erkennen. Dieser Faktor wird während der G2-Phase des Zellzyklus synthetisiert, sekretiert und akkumuliert im nahen Umgebungsfeld der Amöbe. Wird ein definiertes Konzentrations-Verhältnis überschritten, wird die Hungerphase eingeleitet, die den Transit zur Entwicklungsphase darstellt. Der unmittelbare weitere Verlauf der Signalkaskade ist noch nicht genau aufgeklärt. Jedoch ist sicher, dass in Folge die Gene carA, pdsA und yakA induziert werden. carA und pdsA kodieren für einen cAMP-Rezeptor bzw. eine Phosphodiesterase und werden weiter unten im Text näher erläutert.

yakA kodiert für eine Proteinkinase, deren mRNA während der Wachstumsphase akkumuliert und ihren Höhepunkt in der Hungerphase hat. YakA sorgt in der Wachstumsphase dafür, dass eine Zellteilung erst durchgeführt werden kann, wenn die Zelle eine bestimmte Größe erreicht hat. In der Entwicklungsphase leitet YakA das von PSF gegebene Signal weiter und reguliert so den Übergang von Wachstums- zur Entwicklungsphase. Null-Mutanten, die keine YakA Proteinkinase exprimieren, sind nicht in der Lage zu aggregieren und Fruchtkörper auszubilden. Eine Überexpression der YakA Proteinkinase stoppt das Wachstum der Zellen in der G2-Phase des Zellzyklus, da ihre Funktion darin besteht, den Zellzyklus zu arretieren. Der Phänotyp der yakA-Null-Mutanten kann durch eine Überexpression des Gens pufA geheilt werden, dessen Expression in Wildtypzellen von YakA inhibiert wird.

PufA ist ein Mitglied der Puf Protein Familie, deren Mitglieder auf Ebene der Translation andere Proteine regulieren. In D. discoideum kontrolliert PufA die Synthese der katalytischen Untereinheit der Proteinkinase A, indem es an eine Region am 3’-Ende der pkaC mRNA bindet und die Translation verhindert. PufA agiert dadurch als negativer Regulator der pKA-C mRNA Translation. Sobald sich die Konzentration des Prestarvation Faktors (PSF) um die Zelle erhöht, wird ein zweiter sensorischer Zelldichte-Signalweg aktiviert. Neben PSF wird während der Hungerphase ein „conditioned medium factor“ (CMF) sezerniert, der essentiell für die Initiierung der Entwicklungsphase ist. Eine Zelle sezerniert etwa zwölf Moleküle CMF pro Minute und besitzt eine CMF-Sensibilität von 0,3 ng pro ml. CMF Null-Mutanten sind nicht in der Lage zu differenzieren, da dieses für die Etablierung des cAMP-Signalnetzwerkes benötigt wird. Vermutlich kontrolliert die Bindung des CMF an einen Rezeptor die Aktivierung des CAR1-Rezeptors durch cAMP, wobei J. Deery 2002 zeigen konnte, dass CMF an zwei Rezeptoren bindet. Das Glykoprotein hat somit über einen G-Protein gekoppelten Rezeptor Einfluss auf die cAMP-Signaltransduktion und reguliert gleichzeitig über einen G-Protein-unabhängigen Weg, der nicht näher bekannt ist, die Gen-Expression der postaggregativen Gene.

Die cAMP-abhängige Proteinkinase (Proteinkinase A, PKA) spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung bezüglich der Aggregation und der Prä-Sporen- und Prä-Stielzellen-Differenzierung. Die PKA ist eine Serin/Threonin-spezifische Proteinkinase, die durch Phosphorylierung anderer Proteine einen maßgeblichen Einfluss auf deren Aktivität hat. Die Primärstruktur der beiden Untereinheiten der PKA sind hoch konserviert und die abgeleiteten Proteine ähneln in ihren enzymatischen Eigenschaften den PKAs anderer Organismen. Die katalytische Untereinheit (PKA-C) wird durch die Assoziation der regulatorischen Untereinheit (PKA-R) inhibiert. Die Konzentrationen der beiden Untereinheiten steigen während der ersten 4-6 Stunden der Entwicklung um das Fünffache an und bleiben auf diesem Level bis zur Kulmination. Wenn die intrazelluläre cAMP-Konzentration 100 nM übersteigt, bindet cAMP an die regulatorische Untereinheit der PKA und die katalytische Untereinheit kann abdissozieren. Damit ist die PKA-C frei und kann die Transkription der für die Entwicklung notwendigen Gene initiieren. Das Verhältnis von regulatorischer zu katalytischer Untereinheit ist für den weiteren Verlauf der Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Bei einem Übergewicht der PKA-R -sei es durch Eliminierung der PKA-C oder deren Inhibierung durch H89 (N-(2-(p-Bromocyanamylamine)ethyl)-5-isoquinoline-sulfonamide)- kommt es zu einer Arretierung des Zellzyklus. Gene, die bei der Aggregation involviert sind, wie z. B. die Adenylat-Zyklase und der cAMP-Rezeptor, werden nicht mehr transkribiert. Bei einem Übergewicht der PKA-C tritt der Phänotyp eines „rapid developers“ auf. Dabei handelt es sich entweder um eine PKA-R Null-Mutante oder um eine Mutante, die die katalytische Untereinheit der PKA überexprimiert. Beide UE sind in geringen Konzentrationen in vegetativ wachsenden Zellen vorhanden. Versuche mit null-Mutanten haben jedoch gezeigt, dass sie nicht für das Wachstum notwendig sind.

Die PKA-C initiiert die Transkription des Gens für die Adenylat-Zyklase (ACA), acaA. Die ACA ist ein Protein, welches 12mal die Membran durchspannt und cAMP aus ATP synthetisiert. ACA wird in den vegetativen Zellen auf einem basalen Level exprimiert und akkumuliert während der frühen Entwicklungsphase. Es hat sich gezeigt, dass ACA-Null-Mutanten nicht in der Lage sind zu aggregieren, aber dennoch Fruchtkörper ausbilden, wenn sich durch zufällige Kollisionen genügend Zellen zusammenfinden.

Des Weiteren existieren zwei weitere Adenylat-Zyklasen (ACG und ACR), die jedoch im Laufe der Entwicklung differentiell exprimiert werden. ACG ist ein Membran-ständiges Protein, dessen Expression erst in der späten Entwicklung in den Sporen initiiert wird. Deshalb verläuft die Entwicklung von ACGNull-Mutanten wie bei Wildtypzellen, jedoch sind die Sporen nicht in der Lage in einer Umgebung hoher Osmolarität zu überdauern. ACR wird in vegetativen Zellen auf basalem Level exprimiert und akkumuliert ähnlich ACA in der frühen Phase der Entwicklung. Im Unterschied zu ACA wird ACR aber während der gesamten Entwicklungsphase weiterhin exprimiert. ACR Null-Mutanten entwickeln sich ebenfalls wie Wildtypzellen, doch haben die Mutanten in der Ausbildung überlebensfähiger Sporen einen Defekt. ACA und ACR können sich nicht gegenseitig ersetzen. Dennoch sorgt ACR bei ACA Null-Mutanten dafür, dass genügend intrazelluläres cAMP synthetisiert wird. Das von ACA synthetisierte cAMP wird aus der Zelle geschleust. Das extrazelluläre cAMP kann von den Amöben mittels vier verschiedener cAMP-Rezeptoren, die zur Klasse der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören, detektiert werden. Diese cAMP-Rezeptoren unterscheiden sind in ihrer Affinität zu cAMP und werden im Laufe der Entwicklung differenziell exprimiert.

Zunächst bindet das cAMP an den cAMP-Rezeptor, CAR1; ein Glykoprotein, das die Zellwand sieben mal durchspannt. Dieser Rezeptor ist in vegetativ wachsenden Zellen kaum vorhanden. Die Initiierung der carA-Expression jedoch erfolgt innerhalb kürzester Zeit nach Einleitung der Entwicklungsphase und ist unabhängig von cAMP. CAR1 ist dann nahezu gleichmäßig auf der Zelloberfläche verankert. Der Rezeptor besitzt eine extrazelluläre Domäne mit hoher Affinität zu cAMP und eine intrazelluläre Domäne, an der ein GTP-bindendes Protein bestehend aus drei Untereinheiten (alpha, beta und gamma-Untereinheit) gekoppelt ist. An der alpha-UE ist ein GDP gebunden, welches im Verlauf durch GTP ersetzt wird. Dadurch dissoziiert die beta/gamma-UE und aktiviert eine PI3-Kinase, welche die Reaktion von Phosphatidylinositol-[4,5-]bisphosphat (PIP2) zu Phosphatidylinositol-[3, 4, 5]-trisphosphat (PIP3) katalysiert. PIP3 rekrutiert dann CRAC (cytosolic regulator of adenylyl cyclase) aus dem Cytosol zu der Plasmamembran via Bindung über eine Pleckstrin Homology-Domäne. Hier aktiviert CRAC die Adenylat-Zyklase, deren Aktivierung unter anderem auch folgende Faktoren im Komplex benötigt: das G-Protein RasC, das Ras interacting protein, Rip3, den Ras nucleotide exchange factor, RasGEF, die MAP Kinase ERK2 und den Faktor Pianissimo. Wie diese Proteine miteinander und mit ACA interagieren, ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Es ist aber gezeigt worden, dass das cytosolische Protein Pianissimo (PiaA) für die korrekte Funktion des Komplexes essentiell ist, um an ACA zu binden und aktivieren.

Die aktive ACA synthetisiert weiteres cAMP, das aus der Zelle exportiert wird und von benachbarten Zellen detektiert werden kann. Die Zellen fungieren damit im Aggregationsfeld gleichzeitig als Signalgeber, -empfänger und -verstärker. Die cAMP Ausschüttung erfolgt mit einer Zeitverzögerung von 15 Sekunden nach der Erkennung des Signals, wobei die Freisetzung pulsartig in einem Intervall von circa sechs Minuten erfolgt. Die Degradation von cAMP erfolgt extrazellulär durch eine Phosphodiesterase, PdsA. Sie katalysiert die Hydrolyse von cAMP zu 5’-AMP. Die Phosphodiesterase kann in zwei Spleissvarianten auftreten. Einmal als sekretierte ePDE und einmal als an der extrazellulären Seite der Plasmamembran verankerte mPDE. Die Expression von pdsA erfolgt nicht durch cAMP-Signale, sondern wird von drei Promotoren kontrolliert, die die Expression während des Wachstums, der Aggregation und der Differenzierung regulieren, wobei der „späte“ Promoter nur in Präsporenzellen aktiv ist. PdsA Nullmutanten sind nicht in der Lage zu aggregieren.

1996 wurde von Shaulsky und Thomason auch eine intrazelluläre Phosphodiesterase, RegA entdeckt. Diese senkt die intrazelluläre cAMP-Konzentration, was zu einer Inhibierung der Proteinkinase A-Aktivität führt. RegA selber wird durch die MAP Kinase, ERKB mittels Phosphorylierung inhibiert, während ERKB durch Phosphorylierung aktiviert wird, wenn cAMP an CAR1 bindet.Die Anzahl der Zellen, die sich in Wildtyp-Zellen zu einem Slug zusammenfinden beträgt etwa 2 x 104 Zellen. Dies wird unter anderem über den Counting Factor (CF) gesteuert. CF ist ein Komplex aus Polypeptiden, dessen Untereinheiten noch nicht alle vollständig charakterisiert sind. Drei bekannte Untereinheiten des CF sind Coutin, CF45 und CF50. Null-Mutanten, bei denen eine der Untereinheiten nicht exprimiert wird, sind nicht mehr in der Lage, die adäquate Zellzahl für einen Slug zu ermitteln und formen einen viel zu großen Fruchtkörper, der sich nicht aufrecht halten kann. Dementsprechend führt eine Überexpression einer der Untereinheiten zu kleineren Fruchtkörpern. Vermutlich reguliert CF die Größe der Slugs über eine Veränderung der cAMP-Pulse, ohne dabei einen Einfluss auf den cAMP-Rezeptor oder seine Aktivierung über G-Proteine zu nehmen.

Das Genom

Das haploide Genom im Zellkern von D. discoideum ist etwa 34 MB groß und kodiert für 12.000 bis 13.000 Gene. Die Gene sind auf sechs Chromosomen verteilt, welche zwischen 4 und 7 Mb groß sind. Einen weiteren Bestandteil des Genoms machen die etwa 90 Kopien eines 88 kb großen extrachromosomalen Palindroms aus, welche für die Ribonukleinsäuren 5S, 5,8S, 17S und 26S rRNA kodieren. Sie sind ebenfalls im Zellkern lokalisiert und machen 23% der DNA im Zellkern aus. Des Weiteren befinden sich in jeder Zelle ungefähr 200 Mitochondrien mit je einer Kopie einer circa 55 kb großen mitochondrialen DNA, die hauptsächlich für Gene des Energie-Stoffwechsels kodiert. Ähnlich S. cerevisiae besitzt auch Dictyostelium natürlich vorkommende, extrachromosomal replizierte Multikopie-Plasmide. Verschiedene Dictyostelium-Stämme können unterschiedliche, nicht-homologe Plasmide tragen, die in vier Familien unterteilt werden. Diese Plasmide (Ddp, Dictyostelium discoideum Plasmid) können mit einer Anzahl von bis zu 300 Kopien im Zellkern vorliegen. Ddps sind zwischen 5,3 kb und 12,7 kb groß und haben einen 2,2 kb bis 2,8 kb großen Leserahmen, der für ein als „Rep“ bezeichnetes Protein kodiert.

Das Dictyostelium Genom-Projekt, das von einem internationalem Konsortium durchgeführt wird, hat sich 1998 zum Ziel gesetzt, das gesamte Genom von D. discoideum, Stamm AX4 zu sequenzieren, wobei die Sequenzierung der sechs Chromosomen auf verschiedene Arbeitsgruppen (Jena, Köln, Houston, Paris und Hinxton) verteilt wurde. Als experimentelles Vorgehen wurde das „whole chromosome shotgun“ gewählt. Dazu werden die Chromosomen mittels Pulsfeldgelelektrophorese getrennt, in Segmente definierter Länge geschert, in einen Plasmidvektor kloniert und sequenziert. Es werden so viele Klone analysiert, bis jede Base statistisch fünf- bis zehnmal sequenziert wurde. Die Assemblierung besteht aus der Rekonstruierung der gesamten genomischen Sequenz mittels Anordnung der überlappenden Fragmente. Die Sequenzierung erweist sich aufgrund des hohen AT-Gehalts von durchschnittlich 78% als recht schwierig. In kodierenden Regionen liegt der durchschnittliche AT-Gehalt bei 72% und in nicht-codierenden Regionen bei 87%. In manchen Bereichen des Genoms liegt der AT-Gehalt sogar bei 96%, wobei homopolymere poly(dA)-bzw. poly(dT)-Sequenzen eine Länge von bis zu 180 bp erreichen können. Ferner erschwert eine hohe Anzahl von großen, komplexen, repetitiven Elementen (ca. 10% des Genoms) mit einer hohen Nukleotid-Gleichförmigkeit, die oft in „Clustern“ organisiert sind, die Klonierung, Sequenzierung und Assemblierung zusätzlich. Der Arbeitsgruppe in Jena ist es bereits gelungen, Chromosom 2 vollständig zu sequenzieren und zu assemblieren. Das größte der sechs Chromosomen (circa 8 Mb) stellt ungefähr 25% des gesamten Genoms dar und hat - in der Annahme, dass Chromosom 2 einen repräsentativen Ausschnitt aus dem Genom darstellt- einige interessante Aufschlüsse über die Gesamtstruktur des D. discoideum Genoms gegeben. Auf Chromosom 2 sind 2.799 Protein-kodierende Gene und 73 tRNA-Gene lokalisiert. Dies stellt eine sehr hohe Gendichte von 1 Gen/2,6 kb dar. Diese Gendichte wird bisher nur von den sequenzierten Organismen S. pombe (2,5 kb/Gen) und S. cerevisiae (2 kb/Gen) übertroffen. Die durchschnittliche Länge eines Gens beträgt 1.626 bp, wobei dieses durchschnittlich ein bis zwei Introns mit 177 bp Länge enthält. Es existieren aber auch 893 Gene ohne Intron auf Chromosom 2 (~32% der Gene). Im Vergleich zu einigen anderen sequenzierten Eukaryonten hat das Genom von D. discoideum mit etwa 10% einen sehr großen Anteil an mobilen genetischen Elementen, wobei die meisten der Transposons LTR- und non-LTR Retrotransposons sind.

Inzwischen ist die Sequenzierung der übrigen Chromosomen abgeschlossen und im Internet veröffentlicht [1]. Der nächste Schritt wird die Assemblierung und anschließende Auswertung des vollständigen Genoms und dessen Annotation sein. Das in Kürze zur Verfügung stehende Dictyostelium-Genom wird die systematische Aufklärung der Funktionen vieler Gene ermöglichen und durch Vergleich mit Gen-Sätzen anderer Organismen eine eindeutige Aussage zur phylogenetischen Einordnung machen können.

Literatur

Monika Unha Baik: Einfluss von CbfA auf Wachstum und Entwicklung in Dictyostelium discoideum. Dissertation, 2004

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Dictyostelium aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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