Transkriptionsfaktoren: Funktion folgt Form

Räumliche Struktur bestimmt Aktivität von Transkriptionsfaktoren

17.10.2013 - Deutschland

Lehm kann in verschiedene Formen für unterschiedliche Objekte wie Tassen, Teller oder Ziegel gebracht werden. In ähnlicher Weise können Proteine​​ ihre Gestalt verwandeln und so ihre Funktion und Aktivität anpassen. Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin haben Proteine auf solche Formveränderungen untersucht, die die Aktivität von Genen steuern, sogenannte Transkriptionsfaktoren. Dabei haben sie entdeckt, dass die DNA die Form des Glukokortikoidrezeptors verändert und wie verschiedene Domänen des Moleküls miteinander kommunizieren. Zusätzlich kann er seine Aktivität anpassen, je nachdem welche DNA-Sequenz er gerade gebunden hat. Außerdem ändert sich die Vernetzung von Domänen des Proteins durch Einbau einzelner Aminosäuren in die Proteinkette. Damit werden verschiedene Gene unterschiedlich stark abgelesen.

© MPI f. molekulare Genetik/Meijsing

Einzelne Abschnitte des Glukokorticoid-Rezeptors ändern ihre räumliche Struktur (rot), wenn der Rezeptor an DNA (links) bindet oder wenn eine zusätzliche Aminosäure in die DNA-Bindungsdomäne eingebaut wird (rechts).

Transkriptionsfaktoren sind dafür verantwortlich, dass die richtigen Gene abgelesen und so Proteine in der richtigen Menge produziert werden. Sie binden an spezielle DNA-Abschnitte in der Nähe von Genen, wie zum Beispiel Promotoren. Allerdings funktionieren die Transkriptionsfaktoren nicht einfach wie ein An/Aus-Schalter, sondern eher wie ein Lautstärke-Regler, der ein feines Steuern der Expression von Genen ermöglicht.

Der Glukokortikoidrezeptor ist ein Transkriptionsfaktor, der beispielsweise beim Fasten durch das Hormon Kortisol aktiviert wird und so die Freisetzung von Glucose in der Leber bewirkt. Er spielt darüber hinaus wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Krankheiten, die durch ein überaktives Immunsystem bedingt sind, wie Allergien, Autoimmunerkrankungen oder Asthma. Verschiedene Signale bestimmen seine Aktivität, zwei davon sind: Einerseits die DNA, an die der Glukokortikoidrezeptor bindet, um die Gene zu regulieren. Das zweite Signal ist der Einbau zusätzlicher Aminosäuren in das Protein.

Die Berliner Max-Planck-Forscher haben untersucht wie diese beiden Signale beeinflussen, welche Gene vom  Glukokortikoidrezeptor reguliert werden und wie sie die Stärke der Regulation beeinflussen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die DNA nicht einfach ein passiver Klettband ist, der von Proteinen gebunden werden kann. Vielmehr ändert die DNA die Form der Proteine und damit die Kommunikation zwischen verschiedenen Proteinen-Domänen“, erklärt  Sebastiaan H. Meijsing vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik. Auf diese Weise kann der Glukokortikoidrezeptor seine Aktivität auf einzelne Gene anpassen.

Außerdem existieren verschiedene Varianten des Glukokortikoidrezeptors. Sie entstehen, wenn die ursprüngliche RNA-Kette, die beim Ablesen des Glukokortikoidrezeptor-Gens entstanden ist, nachträglich noch verändert wird. Bei diesem als alternativen Spleißen bezeichneten Prozess können zusätzliche Bausteine in die Aminosäurekette des Proteins eingefügt werden. Die Modifizierung verändert die Vernetzung verschiedener Bereiche des Glukokortikoidrezeptors miteinander. Dadurch können dann unterschiedliche Gene verschieden stark abgelesen werden. „Transkriptionsfaktoren ändern also wie Chamäleons ihre Erscheinung. Sie können so auf unterschiedliche Signale reagieren und Gene besonders fein regulieren“, sagt Meijsing. 

Originalveröffentlichung

Morgane Thomas-Chollier, Lisa C.. et al., A naturally occuring insertion of a single amino acid rewires trancriptional regulation by glucocorticoid receptor isoforms, PNAS, 14. Oktober 2013

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