Thymian bei Husten und Bronchitis, Salbei bei Halsschmerzen, Kümmel oder Anis bei Magen- und Darmbeschwerden. Bis heute setzen viele Menschen im Krankheitsfall erst einmal auf die Apotheke von Mutter Natur. Doch auch die sogenannte Schulmedizin hält viele
Arzneimittel parat, die ihren Ursprung in der Natur haben. „Fast die Hälfte aller Arzneistoffe, die in den vergangenen Jahrzehnten zugelassen wurden, sind natürlichen Ursprungs bzw. direkt von Naturstoffen abgeleitet“, macht Prof. Dr. Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena deutlich. So gehen einige der weltweit umsatzstärksten
Medikamente auf Naturstoffe zurück, etwa das Schmerzmittel
Aspirin. Und selbst gegen lebensbedrohende Krankheiten wie
Krebs sei in der Natur so manches „Kraut“ gewachsen. „Dabei ist das Potenzial der Naturstoffe in der Krebstherapie noch bei weitem nicht ausgeschöpft“, ist der Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische und
Medizinische Chemie überzeugt.
Genau hier möchte ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern ansetzen: Pharmazeuten der Universität Jena um Prof. Werz haben sich gemeinsam mit Pharmakologen, Chemikern, Bioinformatikern und Biotechnologen zu einer Forschergruppe zusammengeschlossen, um neue
Wirkstoffe gegen Krebs aufzuspüren. Koordiniert von der Ludwig-Maximilians-Universität in München sind neben den Jenaern auch Forscher der Uni in Saarbrücken und der
ETH Zürich beteiligt. Die
Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert die neue Forschergruppe in den kommenden drei Jahren mit knapp drei Millionen Euro. Über 500.000 Euro davon fließen an die
Uni Jena.
Bei ihrer Suche nach neuen Krebswirkstoffen setzen die Forscher auf sogenannte Myxobakterien. „Diese vorwiegend im Boden lebenden
Mikroorganismen zeichnen sich durch eine Vielzahl sekundärer Inhaltsstoffe mit enormer struktureller Vielfalt aus“, weiß der Jenaer Pharmazeut. „Von einigen ist bereits bekannt, dass sie sehr potente Antitumor-Wirkstoffe sind.“ Deshalb erwarten die Wissenschaftler, auch weitere wirksame Substanzen in den
Bakterien finden zu können. Mit Hilfe dieser neuen Wirkstoffe wollen sie u. a. herausfinden, wie bösartiges Tumorwachstum gestoppt oder die Ausbreitung von Tumorzellen beeinflusst werden kann.
Von den insgesamt acht Teilprojekten des Forschungsvorhabens bearbeiten Prof. Werz und sein Jenaer Team zwei Projekte. „Zum einen wollen wir die Zielstrukturen im Organismus ausfindig machen, mit denen die Wirkstoffe interagieren“, erläutert Projektleiter Werz. Dazu nutzen die Pharmazeuten die Methode des „Target-Fishings“. Dabei werden die entsprechenden Wirkstoffe an einer Matrix fixiert. Wie der Haken an einer Angel dienen diese angebundenen Wirkstoffe anschließend dazu, bestimmte Eiweiße aus Tumorzellen zu fischen. „So lassen sich die potenziellen Wirkorte innerhalb der Tumorzellen identifizieren und Rückschlüsse auf die Wirkungsmechanismen ziehen“, macht Prof. Werz deutlich. In einem weiteren Teilprojekt wollen die Jenaer Pharmazeuten Mechanismen aufklären, nach denen Wirkstoffe aus Myxobakterien auf bestimmte
Zellen der Immunabwehr wirken.