Dickdarmkrebs: Tumorwachstum durch RNA Interferenz-Technologie zum Stillstand gebracht

17.04.2012 - Deutschland

Eine wesentliche Schwierigkeit bei der Therapie von Krebserkrankungen besteht darin, gezielt das Tumorgewebe zu treffen, ohne dabei gesundes Gewebe zu schädigen. Dieses Problem geht Professor Jürgen Behrens an der Universität Erlangen-Nürnberg mit seinem Team an, indem er die molekularen Unterschiede zwischen gesunden und Tumorzellen nutzt. Den Forschern ist es gelungen, ein in Dickdarmtumoren verändertes Eiweiß, das APC, mithilfe der RNA Interferenz Technologie zielgerichtet auszuschalten. Das Wachstum der Tumorzellen kam dadurch zum Stillstand. Durch die passgenaue Gestaltung des spezifischen Hemmstoffs bleiben gesunde Zellen unangetastet.

J. Behrens

Wachstum von Dickdarmtumorzellen nach Transplantation in Mäusen. Die schwarzen Kreise (links) zeigen das Tumorvolumen von nichtbehandelten Tumorzellen, die grauen Karos (rechts) das Tumorvolumen, das von Tumorzellen erreicht wird, in welchen zuvor das APC Protein durch siRNA verringert wurde. Man erkennt, dass diese Zellen gar keine Tumoren (Nulllinie) oder nur solche mit kleinem Volumen bilden können.

Dickdarmkrebs ist eine der häufigsten und schwerwiegendsten Tumorerkrankungen in Deutschland. Die Therapie besteht zurzeit primär aus der operativen Entfernung der befallenen Bereiche. Häufig ist eine zusätzliche Strahlen- und Chemotherapie notwendig, die allerdings zu Nebenwirkungen auf Grund der Schädigung von normalem Gewebe führt.

Eine Hauptursache für die Entstehung von Dickdarmtumoren ist das Auftreten von Veränderungen (Mutationen) im Erbgut in einem als APC Gen bezeichneten Abschnitt. Die Arbeitsgruppe um Professor Behrens hat festgestellt, dass das mutierte APC Gen in den Tumorzellen eine wichtige Rolle für die Zellteilung spielt. Mithilfe der sogenannten „RNA Interferenz Technologie“ gelang es den Forschern, dieses Gen stillzulegen. Bei dieser molekularbiologische Methode werden hochspezifisch Hemmstoffe („siRNAs“) entwickelt, die die Funktion einzelner Gene ausschalten können. Die Methode ist so empfindlich, dass selbst geringe Unterschiede im Erbgut darüber entscheiden, ob der Hemmstoff wirkt oder nicht. Da das in Tumorzellen vorliegende APC sich in wenigen, aber spezifischen Bausteinen von den intakten APC in gesunden Zellen unterscheidet, werden diese daher von den siRNAs gegen mutiertes APC nicht in Mitleidenschaft gezogen.

Im Projekt wurden die gegen APC entwickelten siRNAs in Tumorzellen aus dem Dickdarm eingebracht und die Auswirkungen auf die Zellteilung und insbesondere das Wachstum von Tumoren nach Transplantation der Zellen in Mäuse untersucht. Tatsächlich führte die Hemmung von APC zu einem deutlichen Rückgang der Zellvermehrung in Zellkulturen. Wichtiger aber war der Befund, dass das Tumorwachstum dieser Zellen nach Transplantation in Mäusen praktisch zum Stillstand kam. Auch war es möglich, gegen verschiedene APC Mutanten wie sie in unterschiedlichen Patienten auftreten können, spezifische siRNAs zu entwerfen, die nicht gegen das in normalen Zellen vorhandene APC wirksam waren. „Die Studie zeigt, dass zielgerichtete RNA Interferenz eine Behandlungsmöglichkeit bei Dickdarmkrebs darstellt“, resümiert Prof. Jürgen Behrens den Erfolg des Projektes.

Die Wilhelm Sander-Stiftung hat dieses Forschungsprojekt mit rund 160.000 Euro gefördert.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Kampf gegen Krebs: Neueste Entwicklungen und Fortschritte

Zuletzt betrachtete Inhalte