Wirkstoffe gegen Alzheimer: neue Erkenntnisse dank Simulation

16.01.2012 - Schweiz

Verschiedene synthetische Wirkstoffe unterbinden in vitro den Aufbau von Peptidfasern, der Alzheimer mitverursacht. Wie die Wirkstoffe und Teile des krankmachenden Peptids miteinander interagieren, zeigen Biochemiker der Universität Zürich anhand von Computersimulationen. Sie weisen nach, dass die ungeordnete Struktur des Peptids die Wechselwirkung mit diversen Wirkstoffen bestimmt. 

Mehr als die Hälfte aller Demenzvorfälle bei älteren Menschen ist auf die Alzheimer-Krankheit zurückzuführen. Trotz intensiver Forschung ist es bis heute noch nicht gelungen, eine wirkungsvolle Therapie dagegen zu entwickeln; die Behandlung beschränkt sich auf die Symptombekämpfung. Charakteristisch für Alzheimer sind Veränderungen des Hirngewebes. Bei den Betroffenen lagern sich Proteinfragmente in der grauen Hirnsubstanz ab, so genannte Beta-Amyloid-Peptide. In letzter Zeit identifizierte die Forschung eine Reihe synthetischer Wirkstoffe, die im Reagenzglas die Wechselwirkungen des Beta-Amyloid-Peptids im Frühstadium und zur faserartigen Endform (Fibrillen) unterbinden. Die Wirkstoffe erfüllen somit auf theoretischer Ebene eine erste Voraussetzung, um ein Alzheimer-Medikament zu entwickeln.

Ungeordnetes Peptid bestimmt Wechselwirkung

Um die in vitro festgestellten Wechselwirkungen zwischen Beta-Amyloid-Peptid und Wirkstoffen strukturell zu verstehen, simulierten Marino Convertino, Andreas Vitalis und Amedeo Caflisch vom Biochemischen Institut der Universität Zürich die Interaktionen am Computer. Sie richteten dabei ihr Augenmerk auf einen Bestandteil des Peptids, dem für die Wirkstoffinteraktionen und den Krankheitsverlauf eine zentrale Bedeutung eingeräumt wird. Anhand der Simulation konnten die Biochemiker eine Hierarchie von Interaktionsmustern zwischen Peptid und diversen Wirkstoffen identifizieren und stellten dabei überraschend fest: Die ungeordnete Struktur des Peptids ist massgebend für die Interaktionen. «Die Unordnung und Flexibilität des Peptids ermöglichen eine Anpassung an viele strukturelle Grundgerüste», so Andreas Vitalis. Oft sind nur Teile der Wirkstoffmoleküle für die Wechselwirkung verantwortlich. Nichtsdestotrotz können kleinste Änderungen am Wirkstoff die Interaktionen messbar beeinflussen. «Das Wirkstoffdesign mit gezieltem Einfluss auf die Struktur des Beta-Amyloid-Peptids wird nur mithilfe hochauflösender, auf ein oder wenige Moleküle beschränkter Methoden möglich sein», schlussfolgert Vitalis. Die UZH-Forscher wollen in einem nächsten Schritt neue Wirkstoffklassen mit steuerbaren Eigenschaften identifizieren, die mit dem Beta-Amyloid-Peptid interagieren.

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