Jülicher Brennstoffzellen-Know-how hält Einzug in die Biomedizin
Hochporöse Werkstoffe: Von der Brennstoffzelle in die Hüfte
Für medizinische Implantate hat Titan den Vorteil, dass es für die Patienten bestens verträglich ist. Knochenimplantate werden in der Regel aus reinem Titan oder Titanlegierungen hergestellt. Die Oberflächen müssen aber nachträglich porös gemacht werden, damit sie mit dem Knochen verwachsen. Besser wäre es, das Implantat direkt aus hochporösem Material zu fertigen. Dieses könnte Federungseigenschaften und Stabilität des Knochens sehr gut imitieren. Doch das ist nicht einfach, denn: Wie man sich leicht vorstellen kann, ist ein Material umso empfindlicher gegenüber mechanischer Bearbeitung, je poröser, je löchriger es ist. Zudem ist gerade poröses Titan schwierig herzustellen.
Ein Lösungsansatz für diese Probleme kommt von ungewöhnlicher Seite: Aus der Brennstoffzellenforschung. Normalerweise fertigen die Wissenschaftler des Instituts für Werkstoffe und Verfahren der Energietechnik (IWV-1, Leiter Prof. Dr. Detlev Stöver) hochporöse Strukturen aus temperaturbeständigen Werkstoffen, die als Substrate und Elektroden für Hochtemperatur-Brennstoffzellen dienen. Dazu verwenden sie unter anderem die Platzhaltermethode: Der Platzhalter, eine Substanz mit bestimmten chemischen Eigenschaften, wird zunächst mit dem jeweiligen Materialpulver gemischt und die Mischung anschließend unter hohem Druck zu Platten oder Zylindern verpresst. Anschließend wird der Platzhalter im Ofen wieder entfernt, übrig bleibt das "löchrige" Material. Im letzten Schritt wird dieses durch Erwärmung - durch Sintern - verfestigt. "Mit unserem Verfahren können wir die Porengröße über einen großen Bereich bis maximal zwei Millimeter sehr genau einstellen", erklärt Dr. Martin Bram vom IWV-1. "Das ist für viele Anwendungen - nicht nur für die Brennstoffzelle - von großer Bedeutung. Gleichzeitig verleiht der Platzhalter den gepressten ‚Rohlingen' eine ausreichende Stabilität, so dass wir sie vor Entfernung des Platzhalters konventionell mechanisch bearbeiten können."
Die Jülicher Wissenschaftler haben die vielfältigen Möglichkeiten ihres Verfahrens erkannt und ihr Know-how an den verschiedensten Werkstoffen getestet. "Gerade für das biomedizinisch interessante Titan ist es schwierig, einen geeigneten Platzhalter zu finden. 99 Prozent aller möglichen Substanzen verunreinigen das Titan so stark, dass es für biomedizinische Anwendungen ungenügende Eigenschaften aufweist", sagt Martin Bram. "Doch mit den Platzhaltern, die wir verwenden, konnten wir auch Titan erfolgreich verarbeiten." Als Beispiel haben die Jülicher Wissenschaftler aus einem porösen Titan-Rohling Halbkugelschalen gefertigt, die für die Verankerung eines Hüftimplantats im Hüftknochen vorgesehen sind. Kein Wunder also, dass sich die Biomedizin dafür interessiert, beispielsweise eine Schweizer Firma, die schon eine Lizenz zum patentierten Herstellungsverfahren für hochporöse Implantate erworben hat.
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