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Patientenverfügung



Mit der Patientenverfügung weist der Patient im Falle seiner Einwilligungsunfähigkeit (Entscheidungsunfähigkeit) den Arzt an, bestimmte medizinische Behandlungen nach seinen persönlichen Vorstellungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Generell kann empfohlen werden, eine Patientenverfügung durch eine Vorsorgevollmacht zu ergänzen.


 

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Die Patientenverfügung ist eine Willenserklärung zur medizinischen Behandlung im Falle der Einwilligungsunfähigkeit. Eine verbreitete, aber missverständliche Bezeichnung ist auch Patiententestament, da es – anders als beim Testament – um eine Verfügung geht, die nicht nach, sondern vor dem Tod einer Person beachtet werden soll.

Zur Patientenverfügung gibt es derzeit in Deutschland (anders als in Österreich und in vielen anderen europäischen Staaten) keine gesetzliche Regelung. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte im Jahre 2004 einen Gesetzgebungsentwurf erarbeiten lassen, diesen aber kurzfristig wieder zurückgezogen. Derzeit (Mitte 2007) werden - fraktionsübergreifend - mehrere Vorschläge im Bundestag diskutiert. Es wird damit gerechnet, dass 2008 ein Gesetz zustande kommt, in dem die Patientenverfügung einer detaillierten Regelung unterzogen wird.

Die meisten Patientenverfügungen werden von älteren Menschen erstellt. Vor allem die Angst, als Pflegefall wehrlos einer ungewollten Behandlung ausgeliefert zu sein, ist das Hauptmotiv dafür. Abgelehnt wird in Patientenverfügungen am häufigsten die Dialyse, die Beatmung und die künstliche Ernährung.

Unterscheidung zu anderen Verfügungen

Die Patientenverfügung ist von der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden, die nicht den eigenen Willen zum Ausdruck bringt, sondern einen Dritten ermächtigt, an der Stelle des einwilligungsunfähigen Patienten zu entscheiden - z. B. in Fällen, die die Patientenverfügung nicht regelt. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sollten sinnvollerweise gemeinsam erstellt werden. In der Vorsorgevollmacht sollte dann darauf verwiesen werden, dass der Bevollmächtigte an die Patientenverfügung gebunden ist und den darin geäußerten Willen gegenüber Ärzten und Pflegepersonal durchzusetzen hat.

Mit der Betreuungsverfügung unterbreitet der Verfügende dem Vormundschaftsgericht lediglich einen Vorschlag für die Auswahl der Person des Betreuers. Die Betreuungsverfügung kann auch auf die Patientenverfügung verweisen, um auch den Betreuer an diese zu binden.

Verbindlichkeit

Häufig ist in Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. 3. 2003 (Az: XII ZB 2/ 03) zu lesen, dass Patientenverfügungen nur im Fall des irreversiblen Verlaufs verbindlich wären. Die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung ist aber unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet (BVerfG 1 BvR 618/93; BGH 1 StR 357/94; BGH XII ZB 2/ 03).

Auch aus der Gewissensfreiheit ergibt sich kein Recht, sich durch aktives Handeln über das Selbstbestimmungsrecht des durch seinen Bevollmächtigen oder Betreuer vertretenen Patienten hinwegzusetzen und seinerseits in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen (BGH Beschluss XII ZR 177/03; Hufen NJW 2001, 849, 853).

Befürworter einer Reichweitenbeschränkung argumentieren, dass Sterbesituationen nicht vorhersehbar seinen und daher der Wille nicht sicher festgestellt werden könne. Kann aber kein sicherer Wille festgestellt werden, ist nach dem mutmaßlichen Willen zu entscheiden, der nach den Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen des Patienten zu ermitteln ist (BGH 1 StR 357/94; BGH XII ZB 2/ 03). "Den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen bedeutet, nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen, was der Patient für sich selbst in der Situation entscheiden würde, wenn er es könnte" formuliert die Bundesärztekammer.

Eine gegen den z.B. in einer Patientenverfügung erklärten Willen des Patienten durchgeführte Behandlung ist eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann. Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig (BGH Beschluss XII ZR 177/03 mit Verweis auf Senatsbeschluß aaO 751). Die Missachtung des Patientenwillens kann auch als Körperverletzung strafbar sein.

Im Fall des irreversiblen tödlichen Verlaufs ist eine auf die Situation bezogene Patientenverfügung auf jeden Fall verbindlich, wenn der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt (BGH XII ZB 2/ 03).

Patientenverfügungen sind verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann, weshalb eine Patientenverfügung gerade bei einer immer wieder auftretenden, die Entscheidungsfähigkeit nur vorübergehend einschränkenden Erkrankung unproblematisch ist.

In anderen Fällen ist eine Patientenverfügung für einen Arzt, einen Betreuer oder einen Bevollmächtigten grundsätzlich verbindlich, wenn

  • der Verfügende nicht erkennbar von der Verfügung abrückt, und
  • die Patientenverfügung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit (Entscheidungsfähigkeit) verfasst wurde, und
  • Ferner wird empfohlen, die Verfügung möglichst in regelmäßigen Abständen erneut durch Unterschrift zu bestätigen, wobei neuste Behandlungsmethoden möglichst explizit ein- oder ausgeschlossen werden sollten.

Im Fall, dass der Wille des Patienten nicht eindeutig festgestellt werden kann, hat der Betreuer bzw. der Bevollmächtigten nach dem mutmaßlichem Willen zu entscheiden, ob eine Behandlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet(BVerfG 1 BvR 618/93; BGH XII ZB 2/ 03). Hat das Gericht Kenntnis von einer Bevollmächtigung, darf es auch dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene mittels Patientenverfügung lebensrettende Behandlungen ausschließt (BVerfG 1 BvR 618/93).

Nur im Zustand der Einwilligungsfähigkeit kann eine Patientenverfügung rechtswirksam errichtet werden. Von einer Einwilligungsfähigkeit ist auszugehen, wenn der Patient die Tragweite seiner Entscheidung erfassen und seinen Willen diesbezüglich frei bestimmen kann. Auf Geschäftsfähigkeit kommt es hierbei nicht an. Im Zweifel dürfte ein entsprechendes ärztliches Attest von Vorteil sein.

Sollte eine Patientenverfügung nicht die Voraussetzung der unmittelbaren Verbindlichkeit erfüllen, ist sie dennoch ein wichtiger Hinweis für den Betreuer oder Bevollmächtigten. Denn ein Betreuer oder Bevollmächtigter hat im Grundsatz nach dem angenommenen mutmaßlich freiem Willen des Betroffenen zu entscheiden. Also so, wie der Betroffene selbst entscheiden würde, wenn er selbst entscheiden könnte, es sei denn es wäre unverhältnismäßig, so zu entscheiden. Grundsätzlich hat der natürliche Wille des Betreuten aber Vorrang vor dem angenommenen mutmaßlich freiem Willen.

Die Patientenverfügung ist unmittelbares Verfassungsrecht, denn ein Betreuter kann sich auch dem Betreuer gegenüber auf seine im Grundgesetz verankerten Grundrechte berufen, da dieser eine öffentliche Funktionen wahrnimmt (BGH Beschluss XII ZB 69/ 00; BGH XII ZB 236/ 05).

Patientenverfügungen binden den Betreuer, er hat "dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen" (BGH XII ZB 2/03 vom 17. März 2003).

Wenn die Patientenverfügung mit seinem Gewissen im Widerspruch steht und ihm Unzumutbares auflastet, hat er dem Patientenwillen den Vorrang zu geben, auch soweit die Erkrankung noch keinen tödlichen Verlauf genommen hat, so der geplante (§ 1901a Abs. 2 Satz 2 BGB im (zurück gezogenen) Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 sowie im Diskussionsentwurf des MdB Stünker, SPD, März 2007). Andererseits wird ein Betreuer nur für Aufgabengebiete benannt, die der Betroffene nicht mehr selbst regeln kann oder geregelt hat. Durch eine Patientenverfügung ist der jeweilige Bereich aber bereits geregelt, so dass hier die Bestellung eines Betreuers ausscheidet. Ein Bevollmächtigter ist gleichfalls an eine Patientenverfügung gebunden.

Patientenverfügungen binden auch den Arzt und Pfleger, die zu ihrer Tätigkeit der Zustimmung des Patienten bedürfen. Diese hat der nicht mehr einwilligungsfähige Patient in seiner Patientenverfügung näher umschrieben. Eine diesem Patientenwillen widersprechende Behandlung oder Pflege ist nicht zulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger kann sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch sein Berufsethos oder Gewissen zur Rechtfertigung seines Handelns berufen. Er kann aber die Behandlung in andere Hände übergeben und so seinem Gewissen entsprechen. Das Bundesverfassungsgericht sieht keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer/Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal für den Fall, dass eine Patientenverfügung befolgt wird, obwohl das Leben des Patienten gerettet werden könnte (BVerfG 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. 8. 2001). Daher sehen die derzeitigen Gesetzentwürfe (Stand Frühjahr 2007) kein Änderungsbedarf im Strafrecht.

Das Bundesjustizministerium zu der Frage, wann Patientenverfügungen verbindlich sind:

"Wenn in einer Patientenverfügung Festlegungen für ärztliche Maßnahmen in bestimmten Situationen enthalten sind, sind diese verbindlich, wenn durch diese Festlegungen ihr Wille für eine konkrete Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann. Die Ärztin oder der Arzt muss eine derart verbindliche Patientenverfügung beachten. Die Missachtung des Patientenwillens kann als Körperverletzung strafbar sein. Der XII Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. März 2003 betont, dass es die Würde des Menschen gebietet, ein im einwilligungsfähigen Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht - etwa in Form einer Patientenverfügung - auch dann noch zu respektieren, wenn die Verfasserin oder der Verfasser der Patientenverfügung zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Das betont auch die Bundesärztekammer in ihren Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung, in denen es heißt: "Patientenverfügungen sind verbindlich, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation beziehen und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde"."

Mehr siehe Broschüre des Bundesjustizministeriums (pdf-Datei 323 kb)

Form und Auslegung

Die Verfügung ist zwar prinzipiell formfrei, soll aber in schriftlicher Form hinterlegt werden, damit sie besser beweisbar ist. Nach der Rechtsprechung des 12. Senats des Bundesgerichtshofes (BGH XII ZB 2/03 vom 17. März 2003) folgt die Beurteilung einer Patientenverfügung allgemeinen Regeln, da sie nur eine besondere Form der Willenserklärung darstelle. Damit kommt es für ihre Wirksamkeit entscheidend darauf an, dass sie genau den Fall trifft, der zu entscheiden ist: Eine Patientenverfügung, die regelt, dass im Fall eines Schlaganfalls keine künstliche Ernährung gegeben werden soll, würde also keine bindende Wirkung entfalten, wenn die Hirnfunktionen durch eine Demenz beeinträchtigt sind. Eine Patientenverfügung kann demnach auch jederzeit vom Verfasser – ebenfalls ohne bestimmte Form, also auch mündlich – aufgehoben oder abgeändert werden.

Weil das Recht der Patientenverfügung kompliziert ist und diese sehr genau sein muss um Wirkung zu entfalten, empfiehlt es sich, sie zusammen mit einem Rechtsanwalt, einem Arzt oder einem Notar zu entwerfen, der Erfahrung mit der Materie hat. Von standardisierten Vorlagen, in denen nur angekreuzt werden muss, ist daher abzuraten.

Ermittlung des Patientenwillens

Die Patientenverfügung ist keine Arbeitserleichterung für Angehörige und Ärzte, sondern eine rechtlich verbindliche Anweisung. Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung kommt Angehörigen oder Ehegatten in diesem Zusammenhang keinerlei Entscheidungsbefugnis zu. Die Äußerungen dieser Personen können lediglich dann, wenn der wirkliche Wille nicht (z. B. durch eine Patientenverfügung) feststeht, herangezogen werden, um den mutmaßlichen Willen des Patienten zu erforschen. Ausschließlich der Wille des Patienten und nicht, was andere in seiner Situation tun würden, ist für die Heilbehandlung und deren Abbruch nach geltendem deutschen Recht die alleinige Richtschnur. Der Bundesgerichtshof formuliert in seiner Grundsatzentscheidung vom 17. März 2003 ( Aktenzeichen: XII ZB 2/03) [1]:

„Ist ein Patient einwilligungsunfähig und hat sein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, so müssen lebenserhaltende oder -verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor – etwa in Form einer sog. Patientenverfügung – geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist. Nur wenn ein solcher erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell – also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen – zu ermitteln ist.
Liegt eine solche Willensäußerung, etwa – wie hier – in Form einer sogenannten ‚Patientenverfügung‘, vor, bindet sie als Ausdruck des fortwirkenden Selbstbestimmungsrechts, aber auch der Selbstverantwortung des Betroffenen den Betreuer; denn schon die Würde des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1 GG) verlangt, daß eine von ihm eigenverantwortlich getroffene Entscheidung auch dann noch respektiert wird, wenn er die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Entscheiden inzwischen verloren hat.
Die Willensbekundung des Betroffenen für oder gegen bestimmte medizinische Maßnahmen darf deshalb vom Betreuer nicht durch einen ‚Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen‘ des Betroffenen ‚korrigiert‘ werden, es sei denn, daß der Betroffene sich von seiner früheren Verfügung mit erkennbarem Widerrufswillen distanziert oder die Sachlage sich nachträglich so erheblich geändert hat, daß die frühere selbstverantwortlich getroffene Entscheidung die aktuelle Sachlage nicht umfaßt.“


Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, falls Betreuer und Arzt nicht übereinstimmen

Im eingangs zitierten Beschluss des BGH XII ZR 2/03 vom 17. März 2003 hatte der Betreuer nicht der vom Arzt vorgesehenen lebenserhaltenden künstlichen Ernährung zugestimmt, wollte den Patienten vielmehr mit nur leidlindernder Medikation und Gabe von Wasser sterben lassen. Für diesen Fall hat der BGH entschieden, dass diese Verweigerung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, also der Betreuer die letzte Entscheidung nicht ohne den Richter treffen kann.

In dem weiteren Beschluss BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005 hat der BGH dies präzisiert: dem Pfleger steht keine eigene Entscheidungsbefugnis zu gegen ein von Betreuer und Arzt beschlossenes "Abschalten der Maschinen", um den Patient schmerzfrei sterben zu lassen.

Der Referentenentwurf der Bundesregierung vom November 2004 und der Diskussionsentwurf von MdB Stünker zur Änderung des Betreuungsrechts (Stand März 2007) schreiben den Beschluss von 2003 fest und erweiteren dies um die Fallvariante, dass der Arzt die Einstellung der künstlichen Ernährung anbietet und der Betreuer dies ablehnt. Der Bosbach-Entwurf (CDU) sieht in jedem Fall eine Genehmigungspflicht des Vormundschaftsgerichtes vor.

Besondere Situation bei Notfällen

Ein praktisches Problem der rechtlich wirksamen Patientenverfügung liegt darin, dass sie bei einem Notfall oft nicht vorliegt und in der Eile der Notsituation auch nicht ermittelt werden kann. Deswegen werden Wiederbelebungsmaßnahmen häufig auch dann durchgeführt, wenn der Betroffene dem widersprochen hatte. Allerdings ist beim Verbot der Wiederbelebung darauf zu achten, ob der Verfügende diese nicht nur für den Fall seines Siechtums verboten hat und keine Einwände gegen notärztliche Maßnahmen bei einem Unfall oder plötzlichen Anfall erhoben hat.

In der gebotenen Eile einer Notfallsituation wird sich zudem nur schwer feststellen lassen, ob eine vorliegende Verfügung gültig ist und den zuletzt geäußerten Willen des Patienten richtig wiedergibt.

Das in der Schweiz (siehe dort) praktizierte Verfahren böte auch in Deutschland hier praktische Hilfe: ebenso wie ein Organspendeausweis könnte ein in der Brieftasche enthaltener Hinweis auf das Bestehen und den Verwahrer einer Patientenverfügung ungewollte Notfallmaßnahmen wenigstens teilweise hindern.

Schweiz

In der Schweiz existieren verschiedene Organisationen wie Exit (Schweiz) oder Dignitas (Verein), welche Kopien von Patientenverfügungen und auch Vollmachten zur Durchsetzung dieser Verfügungen aufbewahren; allerdings ist es die Regel, dass auch Ehegatten und enge Angehörige im Besitz dieser Dokumente sind. Die Sterbehilfeorganisation Exit zum Beispiel gibt an ihre Mitglieder, die eine Patientenverfügung unterschrieben haben, einen Ausweis im Kreditkartenformat ab. Dieser erlaubt es dem Arzt, in einem Notfall Angehörige und die Organisation anzufragen, ob eine Patientenverfügung besteht.

Österreich

In Österreich wurde im Mai 2006 ein Patientenverfügungsgesetz erlassen, das am 1. Juni 2006 in Kraft trat. Damit können Patienten bis zu fünf Jahre im Voraus bestimmen, welche Behandlungsmethoden sie ablehnen, sollten sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen. Unterschieden wird zwischen der "verbindlichen" und der "beachtlichen" Patientenverfügung. Für eine "verbindliche" ist volle Einsichts- und Urteilsfähigkeit nötig. Minderjährige oder Personen, die unter Sachwalterschaft stehen, sollen diese Erklärung nicht abgeben können. Die Patientenverfügung, die nach Beratung durch einen Arzt bei einem Notar, einem Rechtsanwalt oder der Patientenanwaltschaft unterzeichnet werden kann, soll fünf Jahre gültig sein. Wenn nicht alle Formvorschriften eingehalten werden, ist es eine "beachtliche" Verfügung, die den Ärzten als Orientierungshilfe dienen kann.

Das Patientenverfügungsgesetz ist im Dezember 2006 erweitert worden. Ab sofort können Ärzte in die Patientenverfügung Einsicht nehmen. Dies soll in Notfällen entscheidende Zeit sparen, wenn der Patient selbst nicht mehr einsichts-, äußerungs- oder urteilsfähig ist. Mit der Erweiterung sieht der behandelnde Arzt nicht nur, ob eine Patientenverfügung besteht, sondern kann auch den festgelegten Patientenwillen einsehen und dessen abgelehnte Behandlungsformen ausmachen.

Seit dem 1. Juli 2007 (Inkrafttreten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes) ist im österreichischen Recht auch die Vorsorgevollmacht als vorrangiges Rechtsinstitut gegenüber einer Sachwalterschaft gesetzlich normiert worden. Die Regelungen finden sich in den § 284f , § 284g und § 284h ABGB.


Aktuelles

Der 66. Deutsche Juristentag hat sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen. Das bedeutet, dass Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein sollen. Im Strafgesetzbuch soll ausdrücklich klar gestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Hierzu hat sich unverzüglich eine kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit ergeben.

  • Webseite des Deutschen Juristentags

Im Frühjahr 2007 wurden im Bundestag zwei fraktionsübergreifende Gruppenanträge eingereicht, die sich darin unterscheiden dass der Antrag von Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke et.al im Gegensatz zu dem andern Antrag keine Verbindlichkeit der Patientenverfügung für den Fall vorsieht, dass die Befolgung der Patientenverfügung zum Tod führen würde, obwohl die Erkrankung noch keinen unumkehrbaren tödlichen Verlauf genommen hat.


Gesetzesentwicklung

Der Bundestag hat sich am 29. März 2007 in Vorbereitung einer gesetzlichen Neuregelung mit der Patientenverfügung befasst. Hierzu werden mehrere Gesetzesentwürfe aus den Reihen des Bundestags vorgelegt, die eine unterschiedliche Reichweite beinhalten:

  • Gegenüberstellender Vergleich der Wortlaute der 3 vorliegenden Gesetzentwürfe (PDF)
  • Volltexte aller Gesetzentwürfe
  • Übersicht über die Gesetzentwürfe
  • Protokoll der Bundestagsdiskussion vom 29.3.2007 (PDF)
  • Mit Reichweitenbeschränkung würde der Mensch zur Sache
  • Die derzeitige Rechtslage im Vergleich zum Gruppenantrag Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke MdB et.al
  • Stellungnahme des Vormundschaftsgerichtstages e.V. (PDF)

Mögliche Nachteile

Eine Patientenverfügung kann die krankheitsbedingte Prognose eines Patienten verschlechtern. Patientenverfügungen könnten bei den behandelnden Ärzten zu einer „negativen therapeutischen Grundeinstellung" führen. Daraus könnte dann ein Selbstläufer werden, der die Prognose tatsächlich verschlechtert.[1] Dieser Effekt ist auch als "Futility" (Aussichtslosigkeitsannahme) bekannt. In zwei Studien [2][3]zeigte sich, dass bei Patienten mit einer schweren, intrazerebralen Blutung die Annahme einer schlechten Prognose ein unabhängiger Risikofaktor für die tatsächliche Sterblichkeit und das neurologische Ergebnis war.[4]

Siehe auch

Quellen

  1. Frank Erbguth, Und wenn es doch gut ausgeht? Wie Patientenverfügungen medizinische Verläufe beeinflussen, in „Dr. med. Mabuse" Nr. 165, Januar/Februar 2007, S. 38-40
  2. Becker KJ et al., Neurology. 2001; 56:766-772
  3. Zahuranec DB et al., Neurology. 2007; 68:1651-1657
  4. Zitiert nach "Patientenverfügungen verschlechtern die Prognose!", MMW-Fortschr. Med. Nr. 39 / 2007 (149. Jg.), S. 14

Literatur

  • Axel Bauer/ Thomas Klie: Patientenverfügungen/Vorsorgevollmachten - richtig beraten?, 2. Aufl, Heidelberg 2005, ISBN 3-8114-3064-5
  • Bundesärztekammer: Empfehlungen zur Patientenaufklärung, in Wiesing, Urban (Hrsg.): Ethik in der Medizin, Stuttgart 2000, S. 101 ff, ISBN 3-15-018069-4
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (Hrsg.): Patientenverfügungen - Fügen oder Verfügen? (Schriftenreihe der BAG Band III). Der Hospiz Verlag, Wuppertal 2002, ISBN 3-9808351-0-3
  • Rolf Coeppicus: Sterbehilfe, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Ein Ratgeber für Rechtssicherheit am Lebensende. Klartext Verlag, Essen 2006, ISBN 3-89861-578-2
  • Anne Röthel/Benjamin Heßeler: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung im englischen Erwachsenenschutzrecht: Mental Capacity Act 2005; FamRZ 2006, 529
  • Rudolf/Bittler: Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung; Bonn 2000, ISBN 3-8240-5016-1
  • Winkler, Matthias: Vorsorgeverfügungen - Patientenverfügung, Vorsorgeverfügung, Betreuungs- und Organverfügung, 2. Aufl., München 2005 (Beck´sche Musterverträge Band 44), ISBN 3-406-52680-2
  • Christian Zehenter: Patientenratgeber, 2. Aufl., München 2002, ISBN 3-423-05662-2

Infos zum Recht in Österreich

  • Text des österreichischen Patientenverfügungsgesetzes in PDF
  • Prof. Dr. Memmer, Wien, zum österreichischen Patientenverfügungsgesetz (PDF)
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