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Mikroalbuminurie



Mikroalbuminurie bezeichnet die Ausscheidung von geringen Mengen Albumin (30 - 300 mg pro Tag) mit dem Urin. Bei Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck wird eine Mikroalbuminurie in etwa 10 bis 40% der Betroffenen gefunden. In der Normalbevölkerung liegt die Häufigkeit der Mikroalbumiurie bei ca. 5 - 7%. Die Höhe der Albumin-Ausscheidung ist ein unabhängiger Risikofaktor für das spätere Auftreten einer Nierenerkrankung und von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen. Therapien, welche die Albumin-Ausscheidung senken, vermindern auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Individuelle Unterschiede in der Höhe der Albumin-Ausscheidung sind bereits kurz nach der Geburt nachweisbar und spiegeln wahrscheinlich individuelle Unterschiede in der Funktion der Endothelzellen, der innersten Zellschicht der Blutgefäße wieder[1][2].

Inhaltsverzeichnis

Definition

Im Normalfall scheiden die Nieren 20 mg Albumin innerhalb von 24 Stunden aus (Normalbuminurie). Die Ausscheidung von 30 - 300 mg Albumin pro Tag wird als Mikroalbuminurie bezeichnet, die Ausscheidung von über 300 mg Albumin pro Tag als Makroalbuminurie oder Proteinurie.

Nachweis

Eine Mikroalbuminurie ist mit herkömmlichen Urinteststreifen nicht nachweisbar. Konventionelle Urin-Schnelltests erfassen erst eine Ausscheidung von mehr als 300 bis 500 mg Albumin am Tag. Zum Nachweis einer Mikroalbuminurie stehen verschiedene Antikörper-basierte Nachweismethoden zur Verfügung: Radioimmunoassay, Nephelometrie, Immun-Turbidimetrie und ELISA. Mittels HPLC kann auch Albumin nachgewiesen werden, das nicht mit Antikörpern reagiert. Goldstandard ist die Bestimmung des Albumins in Urin, der über 24 Stunden gesammelt wurde. Durch gleichzeitige Bestimmung von Albumin und Kreatinin und Berechnung des Albumin-Kreatinin-Quotienten kann auf das Sammeln des Urins verzichtet werden: Mikroalbuminurie ist definiert durch einen Albumin/Kreatinin-Quotienten von 30-300 mg/g, Makroalbuminurie durch einen Albumin/Kreatinin-Quotienten > 300 mg/g. Zur Früherkennung werden spezielle Teststreifen auf Antikörper-Basis zum semiquantitativen Nachweis geringer Albuminkonzentrationen im Urin eingesetzt.

Pathophysiologie

Albumin ist ein relativ großes, negativ geladenes Protein (Molekülmasse 69 kDa, Größe 36 Å). Bevor Albumin in den Urin gelangt, muss es im Nierenkörperchen (Glomerulum) die Kapillarwand passieren. Die Endothelzellen des Nierenkörperchens besitzen auf der Zellmembran eine stark negativ geladene Glykokalix. Die Poren der glomerulären bilden eine Größen- und Ladungs-spezifische Filtrationsbarriere und hindern das negativ geladene Albumin am Durchtritt. 99% des Albumins, welches die Blut-Harn-Schranke dennoch passiert, wird durch die Zellen im vordersten Abschnitt der Nierenkanälchen (proximale Tubuluszellen) zurückgewonnen (rückresorbiert) und abgebaut. Bluthochdruck und Diabetes erhöhen den Druck im Glomerulum und steigern so die Menge des filtrierten Albumins. Zusätzlich kann ein zu hoher Blutzucker (Hyperglykämie) die negative Ladung der glomerulären Kapillarendothelzellen vermindern und so die Durchlässigkeit der Blut-Harn-Schranke für Albumin erhöhen. Überschreitet die filtrierte Menge an Albumin die Kapazität der Zellen des proximalen Tubulus zur Rückresorption, oder ist diese aufgrund einer Schädigung der Tubuluszellen vermindert, steigt die Albumin-Ausscheidung im Urin an, es kommt zunächst zur Mikroalbuminurie und mit weiter zunehmender Schädigung zur Makroalbuminurie oder Proteinurie[3].

Epidemiologie

Bei 20 - 40% der Diabetiker, bei denen keine Nierenerkrankung bekannt ist, lässt sich eine Mikroalbuminurie nachweisen (Prävalenz). Pro Jahr tritt bei 2 - 2,5% der Diabetiker mit normaler Albuminausscheidung erstmals eine Mikroalbuminurie auf (Inzidenz).

Bei Patienten mit Bluthochdruck ist eine Mikroalbuminurie bei ca. 8 - 23% der Betroffenen nachweisbar.

In der Normalbevölkerung findet sich eine Mikroalbuminurie bei 5 - 7% der untersuchten Personen[1][2].

Mikroalbuminurie als Risikofaktor

Bei Patienten mit Diabetes markiert das Auftreten einer Mikroalbuminurie den Übergang vom Frühstadium der Nierenbeteiligung mit erhöhter glomerulärer Filtrationsrate (Stadium der Hyperfiltration) in das Stadium des zunehmenden Nierenfunktionsverlustes. Bei Menschen, die nicht an Diabetes leiden, weist eine Mikroalbuminurie auf ein erhöhtes Risiko hin, in den nächsten Jahren an einer manifesten Nierenkrankheit zu erkranken.

Diabetiker mit Mikroalbuminurie haben im Vergleich zu Diabetikern mit normaler Albuminausscheidung ein etwa 2,4-fach erhöhtes Risiko, an Herz-Kreislauf-Komplikationen zu versterben. Auch bei Menschen mit Bluthochdruck (Hypertonikern) und in der Normalbevökerung ist das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Nachweis einer Mikroalbuminurie erhöht[1][2].

Screening

Die Untersuchung auf Mikroalbuminurie wird bei Diabetikern zur Früherkennung einer Nierenbeteiligung eingesetzt. Bei Patienten mit Bluthochdruck dient der Nachweis einer Mikroalbuminurie zur Identifizierung der Individuen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko, die von einer intensiveren Behandlung des Bluthochdrucks profitieren[4].

Therapie

ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten können bei Diabetikern das Neu-Auftreten einer Mikroalbuminurie verhindern und bei Diabetikern und Hypertonikern eine Mikroalbuminurie bessern. Eine Senkung der Albuminausscheidung führt zu einer Verminderung des Risikos, an Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken[1][2].

Leitlinien

Die Leitlinie der Nationalen Nierenstiftung der USA [5] empfiehlt, Patienten mit Diabetes jährlich auf das Vorhandensein einer diabetischen Nephropathie zu untersuchen, sofort nach Diagnose eines Typ 2 Diabetes und ab dem 5. Jahr nach Diagnose eines Typ 1 Diabetes. Wird in 2 von 3 Urinproben eine Mikro- oder Makroalbuminurie festgestellt, liegt eine chronische Nierenschädigung vor. Eine diabetische Nephropathie liegt mit großer Wahrscheinlichkeit vor bei Makroalbuminurie, bei Mikroalbuminurie nach mindestens 10-jähriger Dauer eines Typ 1 Diabetes oder bei Mikroalbuminurie und gleichzeitig bestehender diabetischer Netzhautschädigung (diabetische Retinopathie). Bei diabetischer Nephropathie sollte mit einem ACE-Hemmer oder einem AT1-Antagonisten behandelt werden. Der Blutdruck sollte auf Werte unter 130/80 mmHg eingestellt werden.

Die Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung der arteriellen Hypertonie der Deutschen Hochdruckliga[6] empfehlen die Bestimmung der Mikroalbuminurie bei allen Diabetikern, und, soweit möglich, auch bei nicht-diabetischen Patienten mit Hypertonie. Bei Nachweis einer Mikroalbuminurie wird eine aggressive Blutdrucksenkung sowie eine medikamentöse Blockade des Renin-Angiotensin-Systems empfohlen.

Quellen

  1. a b c d D. de Zeeuw et. al.: Microalbuminuria as an Early Marker for Cardiovascular Disease J Am Soc Nephrol 2006 17: 2100-2105
  2. a b c d M.R. Weir: Microalbuminuria and Cardiovascular Disease Clin J Am Soc Nephrol 2007 2: 581-590
  3. C.D.A. Stehouwer et. al.: Microalbuminuria and Risk for Cardiovascular Disease: Analysis of Potential Mechanisms J Am Soc Nephrol 2006 17: 2106-2111
  4. P.E. de Jong et al.: Screening, Monitoring, and Treatment of Albuminuria: Public Health Perspectives J Am Soc Nephrol 2006 17: 2120-2126
  5. KDOQI Clinical Practice Guidelines and Clinical Practice Recommendations for Diabetes and Chronic Kidney Disease - Diabetes und Chronische Nierenkrankheit. Leitlinie der Nationalen Nierenstiftung der USA; Februar 2007, engl. (180 Seiten, 5.7 MB, lange Ladezeit, ggf. rechte Maustaste und "Ziel speichern unter ..." wählen)
  6. Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung der arteriellen Hypertonie Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® - Deutsche Hypertonie Gesellschaft
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Mikroalbuminurie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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