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Internetabhängigkeit



  Mit Internetabhängigkeit (auch Internet- oder Onlinesucht) wird der zwanghafte Drang bezeichnet, sich regelmäßig und exzessiv mit dem Internet zu beschäftigen. Wissenschaftlich ist der Begriff bislang jedoch umstritten. Die Forschung (insbes. die Psychologie) beschäftigt sich mit diesem Phänomen unter dem Überbegriff „Mobile and Internet Dependency Syndrome“.

Inhaltsverzeichnis

Erscheinungsformen

Internetabhängige vernachlässigen meist ihre normalen Lebensgewohnheiten um die Zeit im Internet zu verlängern. Im Extremfall kann die virtuelle Welt zu einem Ersatz für die sonst üblichen realen sozialen Kontakte werden, so kann es sein, dass normale freundschaftliche Kontakte nicht mehr getätigt werden. Des Weiteren wird häufig die Befriedigung vitaler Bedürfnisse (wie Nahrungsaufnahme und Schlaf) vernachlässigt.

Oftmals ist auch eine Toleranzbildung zu beobachten, die dazu führt, dass der Abhängige immer mehr Zeit im Netz verbringen muss, um sein Wohlbefinden zu erreichen. Es kommt zu einem Kontrollverlust, der Nutzer kann die Zeit im Internet nicht mehr kontrollieren und beschränken. Dazu kommen noch die suchttypischen „Abwehrmechanismen“, welche man bei allen Süchten findet: Sie reichen von der Verleugnung über die Projektion (das eigene Problem wird anderen „übergestülpt“) bis hin zur Rationalisierung (Erstellen geflunkelter Rechtfertigungen für das eigene Tun). Hinterher haben viele Internetsüchtige oft Schuldgefühle, können sich von ihrer Sucht aber nicht befreien.

Nach außen verheimlichen Internetabhängige ihre Sucht oder wollen sie nicht wahrhaben, beispielsweise verharmlosen sie ihr Verhalten. Ist der PC einmal defekt, kommt es zu Entzugserscheinungen, schlechter Laune, Nervosität, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Schweißausbrüchen. In einigen Fällen schlägt sich das auch in Faulheit nieder und mit der „Erkenntnis“, dass das Leben ohne PC sinnlos ist.

Als besonders gefährdet gelten depressive und einzelgängerisch veranlagte Menschen. Besonders verbreitet soll die Internetsucht bei männlichen Surfern unter 18 Jahren sein, da bei ihnen der Druck des Alltags sehr groß sein kann, wobei dann die virtuelle Welt eine Fluchtmöglichkeit bildet. Schüler vernachlässigen ihre Hausaufgaben. Erwachsene ziehen sich immer mehr von der Außenwelt zurück. Viele Benutzer surfen nachts stundenlang herum und kommen übermüdet zur Arbeit bzw. zur Schule oder melden sich krank.

Als Triebfeder gelten die Verfolgung bestimmter Aufgaben, Realitätsflucht und Experimentieren mit der Identität, sowie die Kombination von Befriedigung des so genannten Spieltriebs und des Kommunikationsbedürfnisses. Die Simulation gesellschaftlichen Aufstieges spielt ebenso eine Rolle wie die (Schein-)Erfüllung moderner Gesellschaftszwänge wie Flexibilität, „ewiger“ Jugend, Omnipräsenz.

Depressive Menschen finden virtuelle Entlastung, narzisstische Persönlichkeiten befriedigen ihren Machtanspruch, Jugendliche haben eine neue Möglichkeit gefunden, ihre Grenzen auszuloten.

Bei Spielern von Mehrspieler Rollenspielen für eine große Anzahl von Teilnehmern (sog. "MMORPGs") kann es oft dazu kommen, dass sie ihre virtuellen Erfolge auch in die Realität mitnehmen, um sich gegen andere Spieler/Freunde zu behaupten. Oft sind diese Spielerfolge der Ersatz für Erfolge im echten Leben und werden wichtiger, als die eigene Realität zu meistern.

Epidemiologie

Seit dem Jahr 2000 hat sich nach den Untersuchungen des Berliner Psychiaters Werner Platz die Zahl der Internetsüchtigen in Deutschland vervierfacht. In Berlin gebe es ca. 10.000 Internetsüchtige, was aber nur die Spitze des Eisberges sei.

In den Vereinigten Staaten von Amerika wird die Zahl der an Internetsucht Erkrankten auf ca. 200.000 geschätzt. Diese Schätzung geht aus einer Studie der amerikanischen Psychologie-Professorin Kimberly S. Young hervor. Young schätzt die Internet-Sucht, die sie „pathological internet use“ (PIU) nennt, weltweit auf etwa sieben Prozent der Netznutzer. Eine österreichische Studie (Zimmerl und Panosch) ergab dass 12,7 Prozent der untersuchten Probanden ein suchtartiges Verhalten aufweisen, welches man als „Pathologischen Internet-Gebrauch (PIG)“ bezeichnen könnte.

Gemäß einer wissenschaftlichen Studie der Humboldt Universität Berlin, in der über 7.000 Netznutzer über ihre Gewohnheiten befragt wurden, verbringen Internetsüchtige (drei Prozent der Befragten) durchschnittlich 35, Gefährdete (sieben Prozent) 29 Stunden pro Woche im Netz. Der durchschnittliche Nutzer (90 Prozent) bringt es auf 17,5 Stunden. Jugendliche und junge Erwachsene sind besonders betroffen.

Symptomatik

Die Grenzen sind fließend und können nicht klar definiert werden. Mangelerscheinungen oder unkontrolliertes Surfen im Internet können ein Indikator sein.

  • Häufiges unüberwindliches Verlangen, sich ins Internet einzuloggen
  • Kontrollverluste (d.h. länger „online“ bleiben, als man sich vorgenommen hatte) verbunden mit diesbezüglichen Schuldgefühlen
  • sozial störende Auffälligkeit im engsten Kreis der Bezugspersonen (Freunde, Partner, Familie), häufige Rügen durch unmittelbare Bezugspersonen
  • nachlassende Arbeitsleistung
  • Verheimlichung/Verharmlosung der Netz-Aktivitäten vor der Umwelt
  • Psychische Irritabilität bei Verhinderung am Internet-Gebrauch (kann sich auswirken in Form von Nervosität, Reizbarkeit und Depression)
  • Mehrfach fehlgeschlagene Versuche der Einschränkung


Verwandte Krankheiten

Wenig bekannt ist aber, dass schon früher verbreitete Süchte wie Zeitungslesesucht, Kaffeehausaufsuch-Krankheit, Reisesucht, wie sie z.B. im Werk von Thomas Bernhard beschrieben wurden, gleichwertig strukturiert und bisher zu wenig erforscht sind. Auch hier Abhilfe durch besondere Therapieangebote, Selbsthilfegruppen u.ä. zu schaffen, ist populärwissenschaftlichen Autoren ein Anliegen.

Krankenkasse

Die deutschlandweit einzige stationäre Therapie-Einrichtung für medienabhängige Kinder, das Wichernhaus im mecklenburg-vorpommerschen Boltenhagen ist Anfang 2006 trotz positiver Resonanz und guter Ergebnisse geschlossen worden. Krankenkassen erkennen die Diagnose „Computersucht“ nicht an.

Studien

  • Studie „Stress und Sucht im Internet“, 1999 (PDF)
  • Studie „INTERNETSUCHT - Eine Neumodische Krankheit?“, 1998
  • Studienergebnisse zum Thema Internetsucht
  • Studie Wissenschaftliche Online-Umfrage zur Internet-Abhängigkeit 2000 (PDF) (FORTSCHRITTE DER MEDIZIN Originalien 118. Jg., Nr. III/2000, O. Seemann et al., Internet-Abhängigkeit)

Literatur

  • Kratzer, S.: Pathologische Internetnutzung – eine Pilotstudie zum Störungsbild (2006) ISBN 3-89967-317-4 [1]
  • Gabriele Farke: Onlinesucht - wenn Mailen und Chatten zum Zwang werden (2003 Kreuz Verlag GmbH&Co. Kg) ISBN 3-7831-2291-0
  • Oliver Seemann: Die Internet-Süchtigen (2001 Laufen, K M) ISBN 3-87468-181-5
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Internetabhängigkeit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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