Nano-Antikörper in lebende Zellen einschleusen

Forscher berichten über zellgängige Nanobodies

20.07.2017 - Deutschland

Wissenschaftlern von der Technischen Universität Darmstadt, der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) ist es erstmals gelungen, winzige Antikörper in lebende Zellen zu schleusen. Über die Synthese und den vielfältigen Einsatz dieser Nanobodies berichten die Forscher jetzt in Nature Chemistry.

Antikörper zählen zu den Hauptwaffen unseres Immunsystems. Sie docken an Viren, Bakterien und andere Eindringlinge an, die in unserem Blut kursieren, und machen sie so unschädlich. Auch in der Therapie und Diagnostik von Krankheiten sowie in der Forschung spielen Antikörper eine entscheidende Rolle. „Eine klare Limitierung ist, dass Antikörper wegen ihrer Größe und diverser anderer Faktoren nicht in lebende Zellen gelangen“, betont M. Cristina Cardoso, Professorin für Zellbiologie und Epigenetik am Fachbereich Biologie der TU Darmstadt.

In enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Christian P. R. Hackenberger am FMP Berlin, Professor für Chemische Biologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, ist es dem interdisziplinären Team jetzt erstmals gelungen, Nano-Antikörper – auch Nanobodies genannt – in lebende Zellen einzuschleusen und dort mikroskopisch zu beobachten. Die Medizin setzt große Hoffnungen in die kleinen Antikörper. Im Menschen kommen sie zwar nicht vor, in Kamelen und Knorpelfischen aber wurden sie schon entdeckt.

„Um den Nanobodies den Weg ins Zellinnere zu öffnen, haben wir sie chemisch mit zyklischen zellpenetrierenden Peptiden dekoriert, die quasi als Schlüssel für die direkte Aufnahme in Zellen dienen“, erklärt Christian Hackenberger. Wie die Forscher berichten, können die Schlüsselpeptide entweder stabil an die Nanobodies gekoppelt werden oder eher locker, sodass sich die Bindung im Zellinneren löst.

Erfolgreich in lebende Zellen eingeschleust

Die Wissenschaftler haben die Nano-Antikörper erfolgreich in lebende Zellen von Maus und Mensch eingeschleust und zudem ihren Nutzen untersucht. Für die Erkennung und Manipulation von Antigenen eignen sich die zellgängigen Nanobodies ebenso wie für die Analyse von Protein-Protein-Wechselwirkungen. So beobachteten die Forscher mit Hilfe der Nanobodies und speziellen Fluoreszenzmarkierungen die Interaktion zwischen dem Tumorhemmer p53 und seinem Gegenspieler, dem Protein HDM2. Diese Wechselwirkung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Krebs.

Medizinisch vielversprechend sind die Nanobodies auch, weil sie Proteine in lebende Zellen transportieren können. Die Symptome des Rett-Syndroms etwa, eine genetisch bedingte Erkrankung mit autistischen Zügen, ließen sich eventuell durch das Protein Mecp2 lindern. Die Forscher schleusten an Nanobodies gekoppeltes Mecp2 in Mauszellen ein und wiesen nach, dass das Protein sein Angriffsziel in der Zelle unbeschadet erreicht. Die zellgängigen Nano-Antikörper seien generelle Werkzeuge für die Lieferung von therapeutisch relevanten Proteinen in lebende Zellen, heißt es in Nature Chemistry. Damit öffnet sich eine Tür zu neuen Therapien von bislang unheilbaren Krankheiten.

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