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Harnwegsinfekt



Klassifikation nach ICD-10
N39 Harnwegsinfekt
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Unter einem Harnwegsinfekt versteht man eine durch Krankheitserreger verursachte Infektion der ableitenden Harnwege.

Inhaltsverzeichnis

Ätiologie

Bei einem Harnwegsinfekt handelt es sich um eine aufsteigende (aszendierende) Infektion. Die Erreger (in der Regel Bakterien) entstammen in den meisten Fällen der körpereigenen Darmflora, gelangen zur äußeren Harnröhrenöffnung und wandern die Harnröhre hinauf in die Harnblase, wo sie zu einer Blasenentzündung (Zystitis) führen. Bei weiterem Aufstieg kann es zu einer Nierenbeckenentzündung, einschließlich der Beteiligung des Nierengewebes selbst (Pyelonephritis), und schließlich zu einer Blutvergiftung (Urosepsis) kommen. Der mit Abstand häufigste Erreger (70 %) ist Escherichia coli. Allgemein kann man sagen, dass viele gramnegative Stäbchen, die fakultativ pathogen sind, Harnwegsinfekte auslösen können. Zu den fakultativ pathogenen gehören die nicht darmpathogenen E. coli, andere Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa.

Ein Infekt der Blase wird als untere Harnwegsinfektion bezeichnet, ein Infekt des Nierenbeckens als obere Harnwegsinfektion.

Man unterscheidet, auch wegen des unterschiedlichen Erregerspektrums, ambulante von im Krankenhaus erworbenen (nosokomialen) Harnwegsinfekten. Nosokomiale Infektionen werden häufig durch das Einlegen von (transurethralen) Blasendauerkathetern verursacht.

Weiter wird unterteilt in komplizierte und unkomplizierte Harnwegsinfekte:
- Beim unkomplizierten Harnwegsinfekt vermögen die bakteriellen Virulenzfaktoren den Wirt zu überwinden.
- Beim komplizierten Harnwegsinfekt begünstigen Wirtsfaktoren den Infekt.

Die Ansiedelung der Erreger kann besonders bei Frauen sowohl durch übermäßige als auch durch unzureichende Intimhygiene (insbesondere durch Verwenden von Desinfektionsmitteln oder Keimverschleppung vom Anus in die Vulva) und durch den Geschlechtsverkehr („Hinaufmassieren“ der Bakterien) erleichtert werden.

Epidemiologie

Wegen der kürzeren Harnröhre sind Blasenentzündungen bei Frauen weitaus häufiger als bei Männern. Unter den im Krankenhaus erworbenen (nosokomialen) Infektionen zählen Harnwegsinfekte zu den häufigsten.

Klinik

In den unterschiedlichen Lebensaltern sind die Symptome sehr unterschiedlich:

  • Beim Neugeborenen: Trinkschwäche, Gewichtsverlust, Ikterus, grau-blasse Hautfarbe, Berührungsempfindlichkeit. Fieber ist ungewöhnlich.
  • Beim Säugling: In der Regel ist hohes Fieber, das anders nicht erklärt werden kann, ein Leitsymptom. Bei hohem Fieber unklarer Ursache findet man in diesem Alter bei 4-7% eine Harnwegsinfektion (bzw. dann eine Nierenbeckenentzündung). Durchfälle und Erbrechen oder Meningismus können die Diagnostik fehlleiten.
  • Kleinkinder mit einer Blasenentzündung: Fallen oft durch erneutes Einnässen, kleine häufige Urinmengen und Schmerzen beim Wasserlassen auf. Bei einer Nierenbeckenentzündung fehlen diese Symptome häufig; die dann fiebernden Kinder geben häufig Bauchweh an.
  • Ab dem 4.-5. Lebensjahr können Kinder erst lokalisierte Flankenschmerzen angeben.
  • Typische Krankheitszeichen (Symptome) eines Harnwegsinfektes im Erwachsenenalter sind Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen (Algurie, Dysurie), häufiges Wasserlassen (Pollakisurie), Harndrang ohne Urinentleerung sowie bei der Nierenbeckenentzündung und Blutvergiftung zusätzlich Fieber und Klopfschmerzhaftigkeit der Nierenlager. Ein Harnwegsinfekt kann jedoch auch völlig unbemerkt (asymptomatisch) bleiben.

Diagnostik

Neben dem Erheben der Krankheitsgeschichte (Anamnese) und der körperlichen Untersuchung gehören dazu:

  • Die Urinuntersuchung mit Teststreifen, um Nitrit nachzuweisen, das ein Indiz für gramnegative Bakterien im Urin ist (bei Säuglingen nicht zielführend).
  • Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) ebenfalls mit Hilfe von Teststreifen oder auch mikroskopisch im Urinsediment nachzuweisen und zu zählen. Ein erhöhter Wert deutet auf eine Entzündung hin.
  • Das Anlegen einer Bakterienkultur auf einem speziellen Nährboden, um den Erreger zu bestimmen.
  • Labortests, auf welche Antibiotika der Erreger empfindlich reagiert.

Therapie

Die Behandlung von Harnwegsinfekten erfolgt in der Regel mit Antibiotika. Wirkstoffe der ersten Wahl sind: Fluorchinolone („Gyrasehemmer“), Cotrimoxazol (Trimethoprim-Sulfamethoxazol), Cephalosporine (nicht für Enterokokken), Aminopenicilline in Kombination mit Beta-Lactamase-Hemmstoffen (Clavulansäure) und Trimethoprim (klassisch nicht für Enterokokken und Pseudomonas). Nach Erhalt der Resistenzprüfung, die bei komplizierten oder wiederkehrenden Harnwegsinfektionen immer durchgeführt werden sollte, muss das Antibiotikum eventuell noch einmal gewechselt werden, falls sich das zuerst eingesetzte Mittel als unwirksam herausstellt. Für die weitere Behandlung ist abzuklären, ob es sich um einen komplizierten oder unkomplizierten Harnwegsinfekt handelt. Von einem komplizierten Harnwegsinfekt spricht man bei Vorliegen von komplizierenden Faktoren. Zu diesen gehören Veränderungen des Harntraktes, welche die Urodynamik wesentlich beeinflussen (z.B. Dauerkatheter oder Harnabflussstörung durch Prostatavergrößerung oder Ureterstenose), Nierenfunktionsstörungen oder Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder andere immunsuppressive Zustände. Zudem bezeichnet man jeden Harnwegsinfekt des Mannes, bei Kindern sowie während oder nach einem Krankenhausaufenthalt erworbenen Infekte als komplizierte Infektion. Bei Verdacht auf einen komplizierten Harnwegsinfekt sollten immer komplizierende Faktoren abgeklärt werden, um Langzeitschäden, z.B. der Niere durch einen chronischen Nierenbeckenstau, frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern. Bei oft wiederkehrenden Entzündungen besteht die Gefahr, dass der Erreger gegen bestimmte Antibiotika resistent wird, so dass die Auswahl der zur Verfügung stehenden Medikamente geringer ist.

Wichtigste Allgemeinmaßnahme zur Vorbeugung und Behandlung ist eine reichliche Flüssigkeitszufuhr, die zum „Spülen“ der ableitenden Harnwege führt.

Weitere vorbeugende Maßnahmen sind hygienisch korrektes Verhalten (insbesondere bei Frauen Abwischen von Harnröhrenausgang und After immer von vorne nach hinten) sowie nach dem Geschlechtsverkehr das Wasserlassen unmittelbar nach dem Koitus, damit eventuell hineingelangte Keime ausgespült werden. Eine übertriebene Genitalhygiene, z.B. durch Waschen mit Seifen oder Verwenden von Desinfektionsmitteln ist dabei zu unterlassen, da dies den natürlichen Säureschutzmantel der Haut zerstört. Hilfreich kann auch die Ansäuerung des Urins (beispielsweise mit Methionin oder Vitamin C), die Einnahme von Cranberry-Produkten oder das Trinken von Bärentraubenblättertee sein.

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Harnwegsinfekt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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