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Gicht




Die Gicht (Urikopathie) ist eine Purin-Stoffwechselerkrankung, die in Schüben verläuft und (bei unzureichender Behandlung) durch Ablagerungen von Harnsäurekristallen (Urat) in verschiedenen peripheren Gelenken und Geweben zu einer gelenknahen Knochenresorption und Knorpelveränderungen sowie durch langfristige Schädigung des Ausscheidungsorgans Niere letztlich zur Niereninsuffizienz führt.

Eine veraltete und heute oft nur noch scherzhaft gebräuchliche Bezeichnung für die Fußgicht ist das Zipperlein.  

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Akut

  Plötzliche starke Schmerzen in einem Gelenk, heftige Schmerzen bei Berührung. Das Gelenk ist gerötet, stark geschwollen und überwärmt - außerdem allgemeine Entzündungszeichen wie Fieber, vermehrte weiße Blutkörperchen und erhöhte Harnsäurewerte, selten auch Kopfschmerzen. Ein Gelenk wird ohne eine Verletzung oder eine andere nachvollziehbare Ursache hochschmerzhaft, geschwollen und heiß. Oft ist das Großzehengrundgelenk betroffen, man nennt das Podagra (wörtlich: „Steigbügel“, da ein Podagra-Betroffener nicht ohne Schmerzen in einen Steigbügel hineinkommt). Der Gichtanfall hält unbehandelt in der Regel drei Tage an, die Dauer der Anfälle kann im Krankheitsverlauf zunehmen.

Chronisch

Wenn mehrere Anfälle abgelaufen sind, entwickelt sich eine Arthritis urica. Das Gelenk wird zerstört, charakteristisch sind im Röntgenbild gelenknahe Stanzdefekte in der Spongiosa, der Gelenkkopf sieht aus, als sei er mit einem Bürolocher bearbeitet worden. Die Folgen sind häufigere Schmerzattacken, Harnsäurekristallablagerungen in Gelenken, Gelenkdeformation, Nierensteine, Nierenversagen.

Hyperurikämie

Man unterscheidet zwei Ursachen der Hyperurikämie: die primäre und die sekundäre Form:

  • Die primäre Form ist eine Störung des Purinstoffwechsels. Sie entsteht durch eine Ausscheidungsstörung der Niere. In sehr seltenen Fällen kann auch eine Überproduktion von Harnsäure die Ursache sein. Die primäre Form tritt häufiger auf als die sekundäre.
  • Bei der sekundären Form verursachen verschiedene Begleiterkrankungen den erhöhten Harnsäurespiegel.

Ursachen

In 95 Prozent aller Fälle liegt der Hyperurikämie eine Nierenfunktionsstörung zugrunde. Ursache hierfür kann ein Diabetes mellitus sein, da über längere Zeit ein zu hoher Blutzuckerspiegel die Blutgefäße schädigt, wodurch die Nierenfunktion beeinträchtigt wird. Außerdem schadet ein übermäßiger Alkoholkonsum, da Carbonsäuren mit der Harnsäure im Ausscheidungsmechanismus der Niere konkurrieren. Zudem liefert Bier durch die noch enthaltenen Hefereste zusätzlich harnsäurepflichtige Purine.

Weiter kann eine Störung des Purinstoffwechsels vorliegen. Meist liegt eine Störung des HGPRT (Enzym) in der Wiederverwertung der Purinbasen vor. Bei völligem Fehlen dieses Enzyms führt dies zum Lesch-Nyhan-Syndrom.

 

Diagnostik

Ein erhöhter Harnsäurespiegel lässt sich im Blut nachweisen. Dabei sollte man aber bedenken, dass der Blutspiegel, abhängig von dem, was gegessen oder getrunken wurde, recht schnell schwanken kann. Kommt es zu einem Gichtanfall, dann kann der Harnsäurespiegel im Blut schon lange wieder im Normbereich liegen, wenn der Arzt Blut abnimmt. Ein normaler Harnsäurespiegel in einem einzigen Laborbefund beweist nicht, dass keine Gicht vorliegt.

Labor:

  Bei einem Anstieg der Harnsäure auf > 8 mg/dl erleiden 25 % der Patienten, bei einem Anstieg auf > 9 mg/dl erleidet nahezu jeder Patient einen Gichtanfall.

Neuere Studien berichten, daß sich nur bei ca. fünf Prozent der Patienten mit hohen Harnsäurewerten tatsächlich eine Gicht entwickelt. Andererseits gibt es Gicht auch bei völlig normalen Werten.

Außerdem lassen sich bei chronischem Verlauf der Erkrankung typische Veränderungen der Knochen im Röntgenbild nachweisen (z. B. Gelenkzerstörung und gelenknahe Usuren). In der Urografie dient die indirekte Darstellung einzelner Uratsteine der Diagnosestellung (sind im Röntgenbild nicht darstellbar). Schließlich kann bei Unklarheit auch eine direkte Gelenkpunktion bei Vorliegen von Uratkristallen in der Synovialanalyse die Diagnose sichern.

Therapiemöglichkeiten

Akuter Gichtanfall

NSAR
Hemmt die Teile der Synthese von Prostaglandinen durch Hemmung eines Enzyms des Entzündungsstoffwechsels (Cyclooxygenase), was eine Schmerzsenkung und Entzündungshemmung zur Folge hat. Am besten dokumentiert ist Indometacin, z.B. 150mg /Tag, das jedoch häufig Nebenwirkungen verursacht.
Colchicin
Hindert Leukozyten (besonders Makrophagen) daran, Harnsäurekristalle (Urat) aufzunehmen, und mindert so die von diesen Zellen und ihren abgegebenen Cytokinen unterhaltene Entzündungsreaktion. Die Anwendung des Giftes der Herbstzeitlosen ist so alt wie die Medizin, aufgrund der hohen Toxizität kommt Colchicin heute jedoch nur noch selten zur Anwendung. Nachdem Colchicin lange Zeit in hoher Dosierung verabreicht worden war (Standard war eine Startdosis von 1mg, gefolgt von 0.5 mg alle 2-3 Stunden, bis zur Schmerzfreiheit oder zum Auftreten von unerwünschten Wirkungen bzw. bis zu einer Gesamtdosis von 6 mg pro Anfall), wird heute - rein empirisch - eine niedrige Dosierung von 0.5 mg alle 8 Stunden während maximal 4 Tagen empfohlen. Niereninsuffizienz ist eine Kontraindikation.
Cortison
Körpereigenes Hormon, das stark entzündungshemmende Wirkungen hat. Kortikosteroide, intraartikulär und/oder systemisch verabreicht, haben in den letzten Jahren einen größeren Stellenwert in der Gichttherapie erhalten, ohne dass ihre Wirkung in aussagekräftigen Studien untersucht worden wäre. Steroide sind bei Niereninsuffizienz nicht kontraindiziert. Übliche Dosierung peroral , Startdosis 30-60 mg Prednison/Tag während 2-3 Tagen, dann Ausschleichen über 10-14 Tage.

All diese Medikamente bekämpfen nur die Symptome.

Chronische Gicht

Ernährungsumstellung
Aufnahme von purinreicher Nahrung vermeiden. Regelmäßige Kontrollen des Harnsäurespiegels.
Urikosurika
Hemmen Rückresorption der Harnsäure in die Nieren und fördern damit deren Ausscheidung.
Das sind im Einzelnen:
Urikostatika
Derzeit nur Allopurinol im Handel. Dies konkurriert mit Zwischenprodukten des Purinstoffwechsels um das Enzym Xanthinoxidase (siehe Abbildung weiter oben) und bindet nach erfolgter Reaktion fest daran. Dadurch blockiert es das Enzym und wirkt so als Inhibitor.

Harnsäurebildung durch Lebensmittel (Auswahl)

  • keine/wenig Harnsäure (0–50 mg/100 g): Milch, Joghurt, Ei, Kürbis, Paprika, Kartoffel, Apfel, Vollkornbrot, Weißbrot, Emmentaler Käse, Tabelle der Lebensmittel mit sehr geringem Harnsäuregehalt des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
  • mittlere Harnsäuremenge (80–150 mg/100 g): Schollenfilet, Bierschinken, Muskelfleisch (Rind, Schwein, Huhn, Wild), Hülsenfrüchte, Erdnüsse, Tabelle der Lebensmittel mit mittlerem Harnsäuregehalt des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
  • hohe Harnsäurekonzentration (über 200 mg/100 g): Forelle, Hering, Sprotten, Grillhähnchen, Leber, Niere, Kalbsbries, Kernfleisch, Fleischbrühe, Suppenwürfel, Bäckerhefe, Tabelle der Lebensmittel mit hohem Harnsäuregehalt des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
  • Bei Getränken sind vorrangig Bier (10-23 mg pro 100g) und Cola (10 mg pro 100g) Purinquellen (aus: Nepomuk Zöllner, Diät bei Gicht und Harnsäuresteinen, Falken Verlag)

Die in Kaffee, schwarzem Tee und Kakao enthaltenen Purine werden nicht zu Harnsäure abgebaut, können also weiterhin konsumiert werden.

Literatur

  • Müller, C.: Gichterkrankung - Purinarme Kost gegen Schmerzen. aus: UGB-Forum 2/00, S. 68-71, UGB-Verband, 2000
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Gicht aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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