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Trepanation



  Trepanation (v. französ.: trepan Bohrer) ist ein Begriff aus der Medizin und beschreibt operative Verfahren, bei denen meist knöchern oder auf eine andere Weise fest umschlossene Räume mechanisch eröffnet werden.

In der Neurochirurgie bezeichnet man mit Trepanation die Kraniotomie, also die operative Öffnung des Schädels, entweder zur Vornahme operativer Eingriffe im Schädelinnern oder auch zur Senkung des Schädelinnendrucks, des Hirndrucks. Man spricht in diesem Fall auch von Entlastungstrepanation. Die Öffnung des Schädels, teilweise einschließlich der Hirnhäute kann entweder in Form einer Bohrung oder auch eines ausgesägten Stück Knochens geschehen. Bis zum Wiedereinsetzen des Knochenstückes wird dieses oft im Bauchraum zwischengelagert. Somit wächst es schneller wieder an. Bei der Trepanation des Schädels kommen zwei verschiedene Operationsverfahren zur Anwendung: Bei der osteoplastischen Trepanation wird das aus dem Schädel entnommene Knochenstück wieder zum Verschluss der Operationswunde verwendet. Bei der osteoklastischen Trepanation wird der entstandene Defekt auf andere Weise geschlossen, z.B. durch Implantate aus Metall oder Kunststoff.

In der Technik bezeichnet Trepanation ein spezielles Verfahren, kleine und kleinste Bohrungen, z. B. mit einem Laser, herzustellen.

Die Elliot-Trepanation in der Augenheilkunde ist ein Verfahren zur Therapie des Glaukoms, bei dem der Augapfel operativ eröffnet und ein künstlicher Abfluss für das Kammerwasser unter die Bindehaut geschaffen wird.

In der Zahnheilkunde bezeichnet man die Eröffnung der Zahnhöhle als Trepanation. Diese wird z.B. im Falle einer Wurzelbehandlung nötig. Der Wundverschluss erfolgt in diesem Falle mit Kunststoff (Guttapercha).

Inhaltsverzeichnis

Anthropologie

Geschichte

Europa

  Trepanationen (Schädelöffnungen) können bereits seit dem Natufien und später sogar weltweit nachgewiesen werden. Der französische Arzt Prunières entdeckte 1873 im Tal der Lozère mehrere durchlochte steinzeitliche Schädel. Damals nahm man an, dass die Knochenstücke nach dem Tod ausgeschnitten wurden, um sie als Schmuck bzw. Amulett um den Hals zu tragen. Der französische Anthropologe Paul Broca (1824-1880) entdeckte an einigen der 1873 gefundenen Schädeln Anzeichen von Heilungsprozessen an den Knochenrändern, womit bewiesen war, dass in der Frühzeit erfolgreiche Schädelöffnungen an lebenden Menschen durchgeführt wurden. In Europa konnten mehr als 450 Trepanationen aus dem Neolithikum nachgewiesen werden. Der umfangreichste Befund liegt aus Frankreich vor; mit mehr als 100 neolithischen Trepanationen. Die meisten dieser Schädel stammem aus dem Départment Lozere und aus der Region der Seine-Oise-Marne (SOM-Kultur). In Mitteleuropa lassen sich die Anfänge der Trepanation bis ins frühe Neolithikum (etwa ab 4500 v. Chr.) belegen. Als eine der ältesten nachgewiesenen Trepanationen in Mitteleuropa gilt der Eingriff am Schädel eines Bauern der bandkeramischen ggf. auch der La-Hoguette-Kultur (etwa 5500 bis 4900 v. Chr.) von einem Gräberfeld von Hönheim-Suffelsweyersheim im Elsass (Frankreich).

Trepanationen sind aus der Trichterbecherkultur (TBK), der Walternienburg-Bernburger Kultur und der Schnurkeramischen Kultur bekannt. Die von Trägern der Walternienburg-Bernburger Kultur vorgenommenen Trepanationen sind - aufgrund der verheilten Wundränder - in den meisten Fällen überlebt worden. Allerdings ist die Datenbasis zu klein um daraus etwas zu schließen.

Ob vorzeitliche Trepanationen aus medizinischen oder religiösen Gründen vorgenommen wurden, ist umstritten. Eine religiöse Erklärung ist die, dass eingedrungene Dämonen durch die geschaffene Öffnung entweichen würden oder aber es wurde einem positiven Geistwesen die Möglichkeit eröffnet von dem betroffenen Besitz zu ergreifen. Auf Vorstellungen dieser Art geht z. B. noch die Tonsur zurück. Beleg für letzteres ist u. a., dass die Wunde nicht etwa verschlossen wurde, sondern das entnommene Knochenstück durchbohrt und als Amulett o. ä. getragen wurde. Trepanierte Personen endeten nicht in den normalen Erdgräbern sondern in der TBK in den herausgehobenen Kultbauten, den Megalithanlagen. Nach Untersuchungen zur Trepanationshäufigkeit und –technik in der Jungsteinzeit von J. Piek, G. Lidke, T. Terberger, U. von Smekal und M. R. Gaab ergibt sich folgendes Bild: Von den 113 gefundenen bzw. untersuchten Schädeln und 8 Fragmenten wiesen nur 6 Trepanationsspuren (5 vollendet) auf. 4 der Schädel waren männliche.

Weltweit

Die erste Schädeltrepanation wurde vermutlich um 10.000 v. Chr. durchgeführt. Aus alten Papyrusschriften ist auch bekannt, dass spätestens im 3. Jahrtausend v. Chr. im alten Ägypten Schädel aufgeschnitten wurden. Einige Schädelfunde bestätigen dies. In Südamerika wurden mehrere Gräber (etwa 2000 Jahre alt) mit trepanierten Schädeln und chirurgischen Werkzeugen gefunden. Die meisten Schädel wiesen Heilungsprozesse auf.

von ...
untersuchten
Schädeln
wiesen ...
Heilungsprozesse
auf
%
Europa 334 244 73%
Ägypten 14* 10 70%
Altes Peru 400 250 63%

Moderne Medizin

  Der griechische Arzt Hippokrates (450-370 v. Chr.) benutzte für Schädelöffnungen Perforativ- und Kronentrepan. Das Christentum verbot im frühen Mittelalter Trepanationen an lebenden Menschen, so gab es nur sehr wenige geheime Kopfoperationen. Erst im 13. Jahrhundert wurde wieder öfters trepaniert. Eine Vielzahl von Trepanationen gab es im 16. Jahrhundert. Damals setzte man, neben den typischen Werkzeugen wie Hammer, Meißel oder Messer, auch Schraubapparate oder primitive Bohrgeräte ein. Neben den echten Ärzten gab es auch Scharlatane und Betrüger, die den Patienten gegen Geld angeblich Steine, Metall oder gar Tiere aus dem Kopf schnitten. Eine Kopfoperation wird in dem Gemälde "Die Narrenheilung" (Die Steinoperation) von Hieronymus Bosch dargestellt. Den Höhepunkt gab es im 18. und 19. Jahrhundert. Damals stieg die Sterblichkeit auch rapide an. Mit der Einführung von Betäubungsmitteln und der Antiseptik begann die moderne Gehirnchirugie. In der modernen Neurochirurgie stellt die Trepanation ein Standardeingriff mit relativ kurzer OP-Dauer (oft weniger als 1 Stunde) dar. Über das Schädelloch können Katheter und Drainagen eingelegt werden, z.B. zur Entlastung eines raumfordernden Hämatoms oder als Liquordrainage zum Abfluss des Hirnwassers (Liquor) bei erhöhtem Hirndruck.

Trepanationen bei den Kisii (Ostafrika)

Die ersten schriftlichen Überlieferungen über die ostafrikanischen Trepanationen stammen von britischen und deutschen Beamten und Ärzten Ende des 19. Jahrhunderts. In Europa wurden diese Trepanationen erst um 1957 bekannt, als britische Ärzte erfolgreiche Schädeltrepanationen fotografierten und veröffentlichten. Sie konnten zwischen 20 und 35 Medizinmänner ausfindig machen, die noch Schädelöffnungen vornahmen. 1958] wurde die erste Trepanation von dem Österreicher Max Lersch gefilmt, womit auch bestätigt wurde, dass keine Betäubungsmittel eingesetzt wurden. 1979 zählte der deutsche Arzt Rolf Meschig nur noch 6 Schädelöffner. Heute sind in Kenia Schädeltrepanationen ohne fachärztliche Aufsicht offiziell verboten.

Literatur

  • Ernst Probst: Deutschland in der Steinzeit. Bertelsmann München 1991. ISBN 3-570-02669-8
  • Walkowitz J.E.: Das Megalithsyndrom. In: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 36 2003. ISBN 3-930036-70-3
 
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