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Stoffwindel



Unter Stoffwindeln versteht man Windeln, die nach Gebrauch nicht wie die Einwegwindeln weggeworfen, sondern gewaschen und wieder verwendet werden. Das Waschen kann durch einen Windeldienst erledigt oder aber auch selbst gemacht werden.  

Inhaltsverzeichnis

Historisches

Die ältesten Windeln dürften wohl die Stoffwindeln sein, die aus einem zumeist quadratischem Baumwolltuch bestanden.

Bis etwa 1980 spielten die Stoffwindeln sowohl in der Säuglingspflege als auch in der Kranken- und Altenpflege bei Inkontinenz eine wichtige Rolle. Danach wurden sie immer stärker von den modernen, einfach zu verwendenden Höschenwindeln verdrängt und werden in der Kranken- und Altenpflege bei Inkontinenz praktisch überhaupt nicht mehr verwendet. Nur in der Säuglingspflege finden die Stoffwindeln heute noch Verwendung, da wieder häufiger Eltern diese „alte“ Wickelmethode für ihre Sprösslinge entdeckt haben. Auch werden die Stoffwindeln gerne als Unterlage für das Baby, als Spucktuch, als Schmusetuch, zum beim Tragen und Wiegen, sowie als Lätzchen genutzt.

Aufbau, Bestandteile

  In der einfachsten Ausführung bestehen Stoffwindeln aus einem Mull-(Gewebe), ein dünner, leichter u. weicher Stoff aus Baumwolle. Die einfach gewebten dünnen Mullwindeln können nicht sehr viel Flüssigkeit aufsaugen, so dass die häufig verwendeten Mullwindeln doppelt in einer Karoform gewebt werden. Die Mullwindel für die Säuglingspflege besitzen eine Größe von 80 x 80 cm, seltener auch 70 x 70 cm, die Soffwindeln für Erwachsene 160 x 160 cm. Die Mullwindel wird je nach Wickeltechnik in unterschiedlicher Weise gefaltet. Zur Steigerung der Saugkraft wurden 2 Mullwindeln oder eine Mullwindel und eine Moltoneinlage verwendet. Besonders gut eignen sich auch Flanellwindeln, die durch ihren Aufbau eine große Oberfläche besitzen und dadurch mehr Flüssigkeit aufsaugen können. Um die Windel an ihrem Platz zu halten, Urin und Stuhl von Kleidung und Bett fern zu halten wird über den Stoffwindeln eine Windelhose meist in Form eines Plastikhöschens oder einer nicht entfetteten Schafwollhose gezogen.

Aufwendigere „Wickel-Systeme“ bestehen aus einer Windel aus einem Baumwoll-Flanellstoff, die in Form und Schnitt einer modernen Höschenwindel nachempfunden sind. Anstatt des Superabsorbers sorgen eingenähte, mehrlagige Kreppeinlagen und Krepplaschen für die notwendige Saugkraft. Dieser Krepp ist, vergleichbar mit Haushaltspapier, speziell gewoben, um die Oberfläche und damit die Saugkraft zu erhöhen. Als Reservetank bieten gewisse „Wickel-Systeme“ die Möglichkeit, Moltoneinlagen in vorgearbeitete „Taschen“ zu schieben, wodurch das Saugvermögen um bis zu 35 % erhöht werden kann, insbesondere für die lange Tragedauer in der Nacht. Die meisten dieser Windel-Systeme werden mittels Klettverschluss geschlossen. Über diese Windel wird ein Nässeschutz in Form eines Höschens, vorzugsweise aus reiner Wolle, getragen. Bei manchen Wickelsystemen ist ein speziell an die Windel angepasstes Windelhöschen bereits dabei. Mittlerweile werden aus komfortgründen auch Systeme angeboten, bei denen Windel und Windelhose fest verbunden sind wie bei der Höschenwindel und die vergleichbar einfach zu handhaben sind. Sie werden mit Klettverschlüssen oder Druckknöpfen verschlossen und besitzen eine wasserdichte Schicht zur Außenseite hin. Meist besteht diese Schicht aus Nylon-Gewebe oder beschichteter Polyuretanfolie. Im Inneren dieser Höschenwindeln befindet sich ein Saugkörper aus hochsaugfähen Kunstfsasern, welche die Flüssigkeit gut speichern können.

Vor- und Nachteile

Umweltbelastung

Während des Wickelalters (36-42 Monate) „verbraucht“ ein Baby zwischen 6.000 - 8.000 Windeln, welches einem Abfallberg von rund 1.400 kg entspricht. Bei 743.000 Geburten in Deutschland (2004) wurden über 5.000.000.000 (5 Milliarden) Windeln verbraucht, mussten über 1 Million Tonnen an Einwegwindeln in Deponien entsorgt werden (Europaweit immerhin 4.5 Millionen Tonnen). Die Entsorgung von menschlichen Fäkalien in Deponien verstößt gegen die WHO-Richtlinien und ist somit ungesetzlich. Daher wird von den Herstellern von Wegwerfwindeln auch darauf verwiesen, den Stuhl über das Abwasser zu entsorgen. Einen Tag lang jeweils den Stuhl das WC hinunter spülen entspricht dem Wasserverbrauch einer Maschinen-Wäsche (40-60 Liter). In Deutschland ist dies allerdings kein relevantes Problem mehr, da auf Deponien seit Anfang 2005 nur noch vorbehandelte, d.h. in Müllverbrennungsanlagen oder mechanisch-biologischen Anlagen weitgehend mineralisierte Abfälle abgelagert werden dürfen. Darüber hinaus wird auch beim Waschen von Stoffwindel in bedeutendem Maße Wasser verbraucht und das Waschwasser durch die Fäkalien und die Waschmittel stark verunreinigt.

Verbrauch natürlicher Ressourcen

Für die Herstellung des benötigten Zellstoffkerns müssen pro Baby rund 4-5 Bäume gefällt werden. Für den Bedarf alleine in Deutschland sind das rund 950 km² Waldfläche, ungefähr die Fläche der Insel Rügen, welche bewirtschaftet werden müssen. Im weiteren werden für die Herstellung der wasserdichten Folie außen und des Vließ innen, sowie der Verpackung der Windeln 2'800 Kubikmeter des nicht erneuerbaren Erdöl benötigt.

Kosten

Hinsichtlich der Kosten sind Stoffwindeln über die gesamte Wickelzeit gerechnet die preiswertere Lösung, auch dann wenn man in den Vergleich die Kosten für Wasser, Strom und Waschmittel bei Stoffwindeln einerseits und die höheren Müllgebühren bei Einwegwindeln andererseit mit einrechnet. Abschreckend für viele Eltern sind aber die zunächst hohen einmaligen Anschaffungskosten für Stoffwindeln plus Windelhosen in Form vom Gummihosen, Schafwollhosen o.ä., und insbesondere für integrierte Systeme, die ähnlich wie Höschenwindeln zu handhaben sind. Vergleicht man die reinen Anschaffungskosten über die gesamte Wickelzeit liegen die Einsparungen bei Stoffwindeln i. d. R. zwischen 30% und 50%.

Eine Alternative zur Kostensenkung können sogenannte Windeldienste sein, welche die benutzten Windeln zum Waschen abholen und im Tausch frische Windeln aus Baumwolle liefern. Durch die industrielle Reinigung der gebrauchten Windeln sinken die Reinigungskosten pro Stück etwas ab. Viele Windeldienste bieten diese Windelsysteme auch auf Mietbasis an, was für die Eltern eine finanzielle Entlastung im Vergleich zum Selbstkauf der Windelsysteme darstellt.

Bei den Mehrwegsystemen für Erwachsene sind Einwegprodukte deutlich günstiger. Die Gründe sind auch hier erstens die teilweise hohen Anschaffungskosten und zweitens auch wieder die gestiegenen Energiekosten, die sich beim Waschen bemerkbar machen. Außerdem ist der Kostenunterschied zwischen Einweg und Mehrwegprodukten bei den Erwachsenengrößen deutlich größer. So kann es bis zu zwei Jahren dauern, ehe die Anschaffungs- und Energiekostenkosten die Kosten der Einwegprodukte einholen. Hier ist häufig auch schon die Lebenserwartung des Mehrwegsystems erreicht, in der eine wirtschaftliche Nutzung sinnvoll ist, da die Saugkapazität dann abnimmt und das Hilfsmittel häufiger gewechselt und damit auch gewaschen werden muss. So gesehen rechnen sich Mehrwegsysteme nur in größeren Institutionen wie etwa Alten- und Pflegeheimen, die eine wirtschaftlichere Reinigung der Hilfsmittel bewerkstelligen können.

Hautfreundlichkeit

Stoffwindeln werden u. a. aus ungebleichter Baumwolle und oft aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA) hergestellt. Bekanntermaßen gibt es keine Baumwoll-Allergie. Allerdings gibt es einige Studien, die ein höheres Auftreten von Windeldermatitis behaupten. Stoffwindeln saugen den Urin weniger gut auf als die heutigen Wegwerfwindeln mit ihrem Superabsorber enthaltenden Saugkern, wodurch die Haut den Ausscheidungen stärker ausgesetzt wird. Zusammen mit Stuhl bildet Urin ein aggressives Gemisch, das, verstärkt durch das feucht-warme Klima in der Windel, hautreizende Stoffe freisetzt. Durch die Verwendung einer luftdurchlässigen Schafwollhose als Windelhose anstelle einer Plastik- oder Gummihose kann das Problem etwas reduziert werden. Eine weitere Ursache für Hautreizungen könnten auch die verwendeten Waschmittel sein, mit denen die Stoffwindeln gereinigt werden. In solchen Fällen genügt es häufig schon, ein anderes Waschmittel zu verwenden.

Zeitpunkt des Trockenwerdens

Festzustellen ist, dass der Zeitpunkt des Sauber- bzw. Trockenwerdens bei Kindern in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen ist. Ein Zusammenhang durch die zunehmende Verbreitung der Höschenwindeln, bei denen die Kinder wegen der höheren Saugfähigkeit und geringeren Rücknässung das unangenehme Gefühl der Nässe nicht spüren, wenn sie in die Windel gemacht haben, konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Die bisherigen Untersuchungen ergaben, dass die Kinder, die mit Einwegwindeln gewickelt werden, im Vergleich zu denen mit Stoffwindeln gewickelten Kinder in etwa genauso lange brauchen bis sie trocken sind.

Dass die Kinder heute in Durchschnitt später Sauber- und Trocken werden, hat wohl mehr mit veränderten Lebensumständen (z.B. weniger Zeit für Toilettentraining durch Berufstätigkeit beider Elternteile) sowie anderen Ansichten bzgl. der Sauberkeitserziehung zu tun, gehen die Wissenschaftler heute davon aus.

Arbeitsaufwand, Bequemlichkeit

Höherer Arbeitsaufwand und erhöhter Energie- und Wasserverbrauch durch das Waschen der Windeln dürfte wohl der Hauptgrund dafür sein, dass die Höschenwindeln wie etwa Pampers® heute in den Industrienationen eine soweite Verbreitung gefunden haben. Auf der anderen Seite ist aber ein leichter Trend zurück zu waschbaren Windelsystemen zu beobachten. Ein weiterer Grund, der sich immer mehr zu gunsten von Einwegwindeln bemerkbar macht, sind die stetig steigenden Energiekosten im privaten Haushalt, während die Kosten für die Einwegwindeln deutlich geringer anstiegen. Anders sieht es aus, wenn mehrere Wickelkinder im Haushalt leben, dann haben nach wievor die Mehrwegsysteme die Nase vorne. Ein erhöhter Arbeitsaufwand ist wohl einer der häufigsten Gründe, sich gegen waschbare Windelsysteme zu entscheiden.

Warum Mehrwegsysteme von Erwachsenen heute kaum verwendet werden, das liegt hier nicht nur an der Bequemlichkeit des Anwenders. Die Tatsache bei der Entsorgung/Reinigung der gebrauchten Mehrwegsysteme stellt für mobile und berufstätige Anwender teilweise ein erhebliches Problem dar. So müssen die gebrauchten Mehrwegsysteme zum waschen mit nachhause genommen werden, während die Einwegprodukte leicht unterwegs entsorgt werden können. Besonders stuhlinkontinente Personen haben hier ein Problem, da die verschmutzten Mehrwegsysteme zu Geruchsbelästigungen führen können. Dagegen können Mehrwegsysteme zur Nachtversorgung oder im Pflegebereich durchaus eine wirtschaftliche Alternative zu den Einwegprodukten darstellen. Im Vergleich zu den Mehrwegsystemen für Säuglinge und Kleinkinder werden die Mehrwegsysteme für Erwachsene eher selten verwendet.

Wickeltechniken

Die Wickeltechnik ist Abhängig von der verwendeten Bauform der Stoffwindel. Bei quadratischen oder rechteckigen Stoffwindeln kommen verschiedene Falttechniken zum Einsatz, während anatomisch geformte Stoffwindeln fast wie Höschenwindeln verwendet werden. In beiden Fällen werden noch Gummihosen, also wasserundurchlässige Überhosen über der Stoffwindel getragen, um die übrige Wäsche vor Nässe zu schützen. Die modernste Variante der Stoffwindeln sind praktisch wie Höschenwindeln aufgebaut, nur dass sie ohne Superabsorber auskommen müssen.

Faltwindeln

Die Faltwindeln sind quadratische oder rechteckige Stoffwindeln und werden durch verschiedene Falttechniken zusammen mit wasserdichten Überhosen (Gummihosen) verwendet.Es gibt diverse Arten Windeln zu falten. Die bekanntesten sind die Dreiecks, die Drachen, die Dreifach, sowie die Parallelfaltung.

Dreiecksfaltung: Die quadratische Windel wird einmal in der diagonalen zu einem Dreieck gefaltet. Darauf kommen noch eine oder mehrere rechteckig gefaltete Mullwindel sowie eine Windeleinlage aus Vlies.

Drachenfaltung:Die quadratische Windel wird mit einer Ecke nach unten auf den Wickeltisch gelegt und die seitlichen Ecken werden zur mitte eingeschlagen. Die obere Ecke wird herunter die unter nach oben gefaltet so, dass ein Trapez entsteht.Darauf kommen noch eine oder mehrere rechteckig gefaltete Mullwindel sowie eine Windeleinlage aus Vlies.

All-in-One Windelhöschen

Die All-in-One Windeln sind praktisch direkt mit den modernen Höschenwindeln vergleichbar, da ihre Handhabung sich praktisch nicht von den Einweg-Höschenwindeln unterscheidet.

Pocketwindeln

Pocketwindeln gewinnen aufgrund ihrer Praktikabilität immer mehr an Beliebtheit. Pocketwindeln („Taschenwindeln“) bestehen aus einer weichen, wasserundurchlässigen, atmungsaktiven Außenschicht aus PUL (beschichtetem Polyester), Polyester o.ä. sowie einem Innenfutter aus Fleece. Die Tasche (Pocket) zwischen den zwei Schichten wird mit einer oder mehreren Saugeinlagen ausgestopft, je nach Nässeverhalten des einzelnen Kindes. Bündchen an Bein und Taille schützen gegen Auslaufen. Eine Überhose ist nicht notwendig, da bereits integriert. Das Fleece-Innenfutter zieht die Nässe von der Haut des Kindes weg in die Saugeinlage. Die Pocketwindeln werden mittels Druckknöpfen oder Klettverschlüssen zugemacht, ähnlich einer Wegwerfwindel. Pocketwindeln trocknen deutlich schneller als andere Stoffwindeln und lassen sich mit wenig Waschmittel waschen. Die verwendeten Saugeinlagen sind aus Mikrofaser, Hanf, Baumwolle o.ä. Pocketwindeln gibt es entweder in mehreren Größen, passend zum Alter des Kindes, oder in einer Größe (One-Size), die sich mittels Druckknöpfen an die Größe des Kindes anpassen lässt.

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Stoffwindel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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