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Sprachzentrum



Mit Sprachzentrum (eigentlich: Sprachzentren, u. a.: Broca-Areal, Wernicke-Zentrum) werden die Areale im Gehirn bezeichnet, denen eine besondere Funktion bei der Sprachverarbeitung und -produktion zukommt.

Inhaltsverzeichnis

Gegenwärtiger Forschungsstand

Mit der Entwicklung funktioneller Bildgebungsverfahren wie PET und fMRT hat die vormals quasi ausschließlich auf der Korrelation von kortikalen Läsionen und den daraus resultierenden Störungsbildern aufbauende Erforschung der neuronalen Korrelate von Sprachverarbeitung eine radikale Wende erfahren. Mittlerweile ist die Involvierung einer ganzen Reihe relativ breit verteilter Areale in die entsprechenden Prozesse nachgewiesen worden, wobei gerade in neueren und neuesten Forschungsarbeiten auch subkortikalen (Putamen, Nucleus caudatus) und prämotorischen (BA 6) Regionen zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ganz allgemein wird gegenwärtig davon ausgegangen, dass neben den primären und sekundären auditorischen Verarbeitungsarealen die folgenden kortikalen Strukturen eine wesentliche Rolle bei der Sprachverarbeitung spielen:

  • Gyrus temporalis superior (STG) : Morphosyntaktische Verarbeitung (anteriorer Anteil), Integration syntaktischer und semantischer Information (posteriorer Anteil)
  • Gyrus frontalis inferior (IFG, Brodmann-Areal (BA) 45/47): Satzsemantische Verarbeitung, Arbeitsgedächtnis
  • Gyrus frontalis inferior (IFG, BA 44): Syntaktische Verarbeitung, Arbeitsgedächtnis
  • Gyrus temporalis medius (MTG) : Wortsemantische Verarbeitung

Dabei sind bei Rechtshändern hauptsächlich die Areale der linken Hirnhemisphäre involviert, wobei bilaterale Aktivierungen gerade im Bereich syntaktischer Verarbeitung nicht selten sind. Es wird gegenwärtig angenommen, dass die rechte Hemisphäre eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von suprasegmentalen akustischen Merkmalen wie Prosodie spielt.

Die meisten Sprachverarbeitungsareale bilden sich im zweiten Lebensjahr in der dominanten Hirnhälfte (Hemisphäre) aus, die sich der Händigkeit nicht notwendigerweise entgegengesetzt befindet (bei 98 Prozent der Rechtshänder ist die linke Hemisphäre dominant, bei der Mehrzahl der Linkshänder auch).

Ältere Modelle

  Die vor dem Aufkommen funktioneller Bildgebungsverfahren lange Zeit angenommene Differenzierung in nur zwei großflächige Sprachverarbeitungsareale (Broca- bzw. Wernicke-Areal) wird in manchen Einführungsseminaren zwar noch gelehrt, gilt aber mittlerweile als überholt. Der Vollständigkeit halber seien sie hier erwähnt: Dem Broca-Areal wurde erstmals 1861 von dem französischen Neurologen und Anthroplogen Paul Broca eine Rolle bei sprachlichen Funktionen zugeschrieben. Grundlage dieser Entdeckung war die Erforschung von Sprachproblemen nach Schädigungen in dieser Hirnregion, die in der unteren Stirnhirnwindung angesiedelt ist. Läsionen des Broca-Areals resultieren vor allem in Störungen der Sprachproduktion. Schädigungen des Wernicke-Areals, das sich im oberen Anteil des Schläfenlappens befindet, führen dagegen hauptsächlich zu Störungen der Sprachrezeption. Namensgeber ist der deutsche Arzt Carl Wernicke, der es 1874 bei der Erforschung von Aphasien entdeckte.

Siehe auch

Literatur

  • Donald Loritz: How the Brain evolved Language, Oxford University Press 1999, ISBN 0-19-511874-X (hardcover), ISBN 0-19-515124-0 (paperback)
  • Friederici, A.D. : Towards a neural basis of auditory sentence processing. Trends in Cognitive Sciences, 6:78, 2002.
  • Kaan, E. and Swaab, T.Y. : The brain circuitry of syntactic comprehension. Trends in Cognitive Sciences, 6:350, 2002.
  • Dronkers, N.F., Pinker, S. & Damasio, A.: Language and the Aphasias. In: Kandel, E.R., Schwartz, J.H. & Jessel, T.M. (eds.) Principles of Neuroscience, Fourth Edition, New York: McGraw-Hill, 2000, 1169-1187
 
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