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Biodynamik



Die Biodynamik ist eine körperpsychotherapeutische Methode (Körperorientierte Psychotherapie), die ihre Wurzeln in der Vegetotherapie Wilhelm Reichs, der Physiotherapie, der Humanistischen Psychologie sowie Ansätzen Carl Gustav Jungs hat. Begründet wurde die Biodynamik von Gerda Boyesen. Eine Weiterentwicklung erfolgte unter anderem durch Ebba und Mona Lisa Boyesen, die Töchter von Gerda Boyesen, die auch Therapeuten ausbilden. Die von Gerda Boyesen in ihrer letzten Lebensdekade praktizierte Version Biodynamischer Körperpsychotherapie besteht aus einer Kombination von haltungsverändernder Massage (Deepdraining) und Vegetotherapie.

Die Körperpsychotherapie verfügt über jahrzehntelange klinische Erfahrungen mit der Regulation von Affekten, dem Freisetzen und Auflockern emotionaler Blockaden und der Harmonisierung überflutender Gefühle, die sich somatisch ausdrücken. Ihre Kompetenz, den Patienten mit verdrängten und vermiedenen Gefühlen in Kontakt zu bringen, findet wachsende Anerkennung.

In einer Multizenterstudie konnte 2006 der Nachweis erbracht werden, dass Körperpsychotherapien, unter anderen die Biodynamik, bei bestimmten Störungen wie Angst, Depression, interpersonellen Problemen und psychisch bedingten körperlichen Beschwerden zu einer Verbesserung der Symptomatik führt.[1] [2]

Inhaltsverzeichnis

Biodynamische Therapie

Für die Biodynamik sind die annehmende Haltung des Therapeuten gegenüber dem Klienten sowie die Grundhaltung, dass nichts in der Therapie schmerzen muss, zentrale Elemente. Dabei wird darauf vertraut, die Selbstheilungskräfte im Klienten zu wecken. Wobei hier unter annehmender Haltung verstanden wird, dass der Klient "immer richtig ist" in seinem Fühlen (womit nicht gemeint ist, dass er immer Recht habe in seinem Denken und Bewerten).

Die in der psychotherapeutischen und psychiatrischen Sicht meist vertretene These einer Trennung von Körper und Psyche wird in der Biodynamik nicht vertreten. Statt dessen wird über die Ansätze der Psychosomatik hinaus die Annahme vertreten, dass Gefühle verkörpert werden, d.h. eine vom Körper und von körperlichen Empfindungen losgelöste Psyche nicht existiert. Mit therapeutischen Interventionen in Form von Berührung, Arbeit mit Bildmaterial und Gespräch wird versucht, die aus alten Erfahrungen heraus blockierte Lebensenergie wieder ins Fließen zu bringen. Nach Meinung der Biodynamik werden in muskulären Verspannungen, im Bindegewebe oder auf der Knochenhautebene Gefühle gehalten, die nicht zum Ausdruck kommen durften. Sie sollen behutsam unter Respektierung des Widerstands gelöst und entweder „ausgedrückt“ oder „verdaut“ werden.

Zum therapeutischen Prozess des „Ausdrückens“

Das Ausdrücken kann durch Regressionsprozesse hindurch gehen, in denen die meist frühkindlichen Erlebnisse erneut durchlebt und bislang unausgedrücktes endlich heraus gelassen wird. Wobei sich die Beschreibung von dem Nicht-zum-Ausdruck-kommen-gedurften nicht auf objektiv messbare Kriterien bezieht, sondern auf die vom Klienten erlebte Situation. Da es sich um Therapie handelt, sind dies in der Regel Situationen in der Kindheit, in denen sich der Klient gegenüber seinen Eltern machtlos fühlte und aus Angst vor Strafe oder aus dem Wunsch nach Anerkennung heraus seine Impulse unterdrückte. Der Begriff Lebensenergie bezieht sich auf die Kraft, die aus dem Es zum Ausdruck dieser Gefühle und Handlungsimpulse drängt.

Zum therapeutischen Prozess des „Verdauens“

Der in der Biodynamik begangene Weg, statt durch Ausagieren die gehaltenen Gefühle zu "verdauen", wird von Biodynamik-Therapeuten als „Psychoperistaltik“ bezeichnet. In diesem Prozess soll emotionaler Stress, wie z. B. unausgedrückte Gefühle, durch das Verdauungssystem verarbeitet werden. So wie Stress einem sprichwörtlich auf den Magen (genauer Darm) schlagen kann, so soll auch der Abbau des selben mittels des Darms vollzogen werden. Das heißt, in der Behandlung kommt es bei Abbau von Stress auch zu Verdauungsgeräuschen, die jedoch nichts mit der Verdauung von Nahrung zu tun haben. In der Arbeit am Klienten kann der Zusammenhang zwischen den Massagebewegungen des Therapeuten und der „Antwort“ des Darms des Klienten über die Psychoperistaltik mit einem Stethoskop mitverfolgt werden. Dieser Ansatz Gerda Boyesens soll in der Psychotherapie neue Behandlungsmethoden eröffnen wie die verschiedenen Formen der biodynamischen Massagen bis hin zum Deepdraining, das auf eine Veränderung der Haltemuskulatur hin arbeitet und so nicht nur die Körperhaltung sondern auch die damit einhergehende Veränderung der psychischen Haltung bewirken soll.

Da diese Arbeit am Körper auch ohne Sprache erfolgen kann, soll sie geeignet sein, Frühstörungen zu bearbeiten, die vor einem sprachlichen Bewusstsein aufgetreten sind. D.h. Konflikte, die im ersten Lebensjahr entstanden sind, in dem der Klient seine Welt noch nicht in Worten verstanden und erfasst hatte. Ein Bewusstsein über z. B. fehlenden Körperkontakt oder Sicherheit in dieser Phase ist nach Auffassung der Biodynamik als Gefühl vorhanden und kann vielfach vom Klienten nicht als Bedürfnis verbal ausgedrückt werden. In der Arbeit am Körper sollen über das so genannte Re-Parenting bzw. Nachnähren solche Störungen bearbeitet werden.

Zielsetzung

Ziel der Biodynamik ist es, den Menschen durch Abbau neurotischer Muster zu intensiverem Erleben zu verhelfen. Statt durch Angst entstandene Haltemuster soll sein Leben, Handeln und Fühlen vom Fluss der Libido bestimmt werden, die Ausdruck des Lebendigen in jedem von uns ist. Dabei ist die therapeutische Haltung die, dass der Klient Selbstheilungskräfte besitzt, die durch die Interventionen angestoßen und im Verlauf des Prozesses unterstützt werden. Für den Therapeuten ist es daher bei dieser Methode wichtiger, selbst durch diese Veränderungen gegangen zu sein, um begleiten zu können, als ein ausgeprägtes Methodenwissen zu besitzen.

Ausbildung

In Deutschland bilden folgende Institute in Biodynamik aus:

  • Europäische Schule für Biodynamische Psychologie und Erogentik (ESBPE e.V.)
  • Gerda Boyesen Institut für Biodynamik, Leitung: Siegfried Bach

In Deutschland sind biodynamische Körperpsychotherapeuten in der Gesellschaft für Biodynamischen Psychologie/Körperpsychotherapie e.V. organisiert, auf deren Homepage auch ein Therapeutenverzeichnis zu finden ist.

In der Schweiz wurden die Ausbildungen früher an den beiden Instituten für Biodynamische Psychologie in Zürich und in Basel durchgeführt. Seit 2002 werden die dreijährige Diplom-Grundausbildung in Biodynamischer Massage, Biorelease und Körpertherapie sowie die zweijährige Diplomfortbildung in Biodynamischer Körperpsychotherapie nun zentral vom Schweizerischen Institut für Biodynamik (SIB) angeboten.

Literatur

  • Boyesen, Gerda: Über den Körper die Seele heilen: Biodynamische Psychologie und Psychotherapie, München, Kösel Verlag 1994 (7.Aufl.) ISBN 3-466-34167-1
  • Boyesen, Gerda/ Bergholz, Peter: Dein Bauch ist klüger als du, Hamburg, Miko-Edition 2003 ISBN 3-935436-13-0
  • Boyesen, Gerda/Boyesen, Mona Lisa: Biodynamik des Lebens: Die Gerda-Boyesen-Methode - Grundlage der biodynamischen Psychologie, Essen, Verlag Synthesis, 1987
  • Boyesen, Gerda u.a.: Von der Lust am Heilen, München, Kösel Verlag 1995
  • Bach, Siegfried: Narzißmus im Licht der Biodynamik, in: M. Thielen (Hg): Narzissmus, Körperpsychotherapie zwischen Energie und Beziehung, Berlin, Verlag Ulrich Leutner, 1997, S. 169-200 ISBN 3-934391-13-3
  • Eberwein, Werner: Impulse von Innen: Biodynamik, Körperpsychotherapie zur Heilung und Selbstfindung, Transform Verlag, Oldenburg 1990
  • Maul, Bernhard: Körperpsychotherapie oder die Kunst der Begegnung, Eigenverlag, Berlin 1992

Einzelnachweise

  1. Print-Version online
  2. Margit Koemeda-Lutz et al: Evaluation der Wirksamkeit von ambulanten Körperpsychotherapien- EWAK. Psychother Psych Med 56 (2006): S. 1-8 (pdf)
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Biodynamik aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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