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Somnambulismus



Der Somnambulismus (von lateinisch somnus – der Schlaf und ambulare – wandern) oder auch die Somnambulie, auch als die Mondsucht (Lunatismus), das Schlafwandeln oder Nachtwandeln bezeichnet, ist ein Phänomen, bei dem der Schlafende ohne aufzuwachen das Bett verlässt, umhergeht und teilweise auch Tätigkeiten verrichtet. Somnambulismus ist eine Schlafstörung und gehört zu der Untergruppe der Parasomnien. Der aktuelle Forschungsstand, der Untersuchungen in Schlaflabors berücksichtigt, geht davon aus, dass es sich beim Schlafwandeln um eine Störung des Aufwachmechanismus handelt, der abweichend vom Verhalten der meisten Schläfer zu nicht bewussten psychomotorischen Aktivitäten und zum Aufstehen führt. Bei anderen Menschen führt kurzes Aufwachen während des Schlafens nur dazu, dass der Betreffende sich im Bett umdreht oder bewegt und einfach weiterschläft. Somnambulismus tritt nur in Tiefschlaf-Phasen auf, nicht in den Traumphasen (REM-Schlaf). Der jeweilige Vorfall dauert meist nur einige Minuten. Die Diagnose, ob jemand ein Schlafwandler ist, kann in einem Schlaflabor mit Hilfes eines so genannten Schlafentzugs-EEGs gestellt werden.

Über die Häufigkeit des Phänomens liegen nur Schätzungen vor. Bei Erwachsenen gehen sie von ein bis zwei Prozent chronischen Schlafwandlern aus, bei Kindern sind dagegen zwischen zehn und 30 Prozent betroffen. Das kindliche Schlafwandeln verliert sich in den meisten Fällen in der Pubertät. Auch bei Erwachsenen handelt es sich nicht immer um eine andauernde Erscheinung, mitunter tritt sie nur einmalig oder wenige Male auf, zum Beispiel im Zusammenhang mit Stress.

Inhaltsverzeichnis

Häufigkeit und Ursachen

In den meisten Fällen, ist der Somnambulismus temporär, das heißt dass etwa 10 bis 30 Prozent aller Kinder (etwa 15 Prozent der 5- bis 12 Jährigen) mindestens einmalig von einer Schlafwandel-Episode betroffen sind. In etwa 70 bis 80 Prozent verschwindet die Neigung der Fälle bis zur Pubertät. Im Erwachsenenalter tritt die Störung selten auf (zwischen ein und sieben Prozent).

In früheren Zeiten nahm man an, dass der Vollmond oder eine andere Lichtquelle Schlafwandeln auslöst, weshalb das Phänomen auch Mondsucht (Lunatismus) genannt wurde. Dies wurde wissenschaftlich widerlegt. Körperliche Reize wie eine gefüllte Blase oder äußere Reize wie laute Geräusche können das Phänomen begünstigen. Vor allem bei Kindern kann Fieber ein Auslöser sein. Da kindliches Schlafwandeln in der Regel mit der Pubertät verschwindet, gilt als wesentliche Ursache ein noch nicht voll ausgereiftes zentrales Nervensystem. Beim Erwachsenen spielen psychosoziale Belastungen, der Konsum von Alkohol, Drogen und bestimmte Medikamente eine zusätzliche Rolle. Häufiger betroffen sind aggressionsgehemmte und introvertierte Menschen.

Als erwiesen gilt eine genetische Disposition für Somnambulie, denn das Phänomen tritt in bestimmten Familien gehäuft auf. Sind beide Eltern Schlafwandler, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder ebenfalls betroffen sind, statistisch bei 60 Prozent. Bei 80 Prozent der befragten Schlafwandler sind nahe Angehörige ebenfalls somnambul.

Klassifikation (nach Jovanovic)

  • Sogenannte subklinische Manifestationsformen mit lediglich entsprechenden Hinweisen im Elektroenzephalogramm (EEG), Elektrookulogramm (EOG), Elektrokardiogramm (EKG) oder Elektromyogramm (EMG).
  • Die abortive (unvollkommene) Verlaufsform des Schlafwandelns beschränkt sich auf das Bett. Meist setzen sich die Betreffenden auf, schauen sich um und sprechen meist unverständlich.
  • Die klinisch voll ausgeprägte, aber nicht folgenschwere Form des Schlafwandelns zeigt das übliche Beschwerdebild, einschließlich möglicher Verletzungsfolgen für den Betroffenen selber.
  • Die seltene aggressive Verlaufsform des Schlafwandelns hingegen kann unvorhersehbare Ausmaße annehmen. Schlafwandler können gegenüber Personen, die ihnen helfen wollen oder auch nur ahnungslos im Wege stehen, gewalttätig werden.

Symptomatik

Nach dem ICD 10 (Schlafwandeln (F51.3)) liegen folgende Symptome vor:

  • aus dem Tiefschlaf heraus auftretendes Umhergehen während des Schlafs
  • meist starre Mimik, wenig Reagibilität auf Außenreize, erschwerte Erweckbarkeit
  • bei Verlassen des Schlafraumes (oder des Hauses) beträchtliches Verletzungsrisiko
  • extrem selten auch fremdaggressive Handlungen
  • Triggerung durch z.B. fiebrige Erkrankungen, psychischen Stress, Alkohol, Lärm
  • wenige Minuten nach Erwachen von der Episode keine psychische Beeinträchtigung mehr nach gelegentlicher kurzfristiger Desorientierheit
  • Amnesie nach dem Aufwachen (direkt nach der Episode oder am Morgen)
  • Auftreten meist im ersten Drittel des Nachtschlafs

Bei einer schlafwandlerischen Episode richtet sich der Betroffene zunächst im Bett auf und führt wiederholt motorische Bewegungen aus, zum Beispiel Nesteln an der Bettdecke. In manchen Fällen ist die Episode danach bereits beendet, ohne dass derjenige aufsteht. In anderen Fällen verlassen die Schlafwandler das Bett, gehen umher, öffnen Schränke oder Türen, verlassen das Zimmer und mitunter auch das Haus; es können sogar komplexe Tätigkeiten wie Autofahren verrichtet werden. Manche Schlafwandler essen während einer Episode. Beim Schlafwandeln sind die Augen grundsätzlich starr geöffnet, das Gesicht ist ausdruckslos, die Koordination der Bewegungen mangelhaft, die Orientierung ist eingeschränkt. Hindernisse werden oft nicht wahrgenommen, es kann zu Treppenstürzen kommen, aber auch zum Sturz vom Balkon oder aus dem Fenster. Daher sind Schlafwandler prinzipiell unfallgefährdet. Sie sind ansprechbar und beantworten auch Fragen, jedoch mit undeutlicher Artikulation.

Die Theorie, dass Menschen während einer somnambulen Phase gewalttätig werden bis hin zu Tötungen, ist umstritten. Solche Verhaltensweisen sind bei der REM-Schlaf-Verhaltensstörung möglich und werden oft mit dem Schlafwandeln verwechselt.

Die meisten Schlafwandler kehren selbstständig wieder in ihr Bett zurück und schlafen weiter. Nach dem Aufwachen können sie sich in den meisten Fällen an nichts mehr erinnern, teilweise entspricht die Erinnerung der an Fragmente eines Traums. Mediziner sprechen von Amnesie.

Behandlung

Bei einer akuten Episode von Somnambulie sollten die Betroffenen nicht geweckt werden, da das zu irrationalen Reaktionen führen kann und derjenige in diesem Zustand völlig desorientiert ist. Kehrt er nicht allein ins Bett zurück, sollte er mit sanftem Nachdruck dorthin gebracht werden. Eine spezielle Therapie mit Heilungsaussichten gibt es nicht. Kommt Stress als Auslöser in Frage, können Entspannungsmethoden oder eine psychologische Behandlung erfolgreich sein. Mitunter wird auch der Einsatz von Psychopharmaka empfohlen.

Siehe auch

Somnolenz, Poriomanie, Sexsomnia

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Somnambulismus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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