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Gasbrand



  Beim Gasbrand (Syn.: Gasgangrän, Gasödem, Gasphlegmone, Clostridium-Myositis und -zellulitis, clostridiale Myonekrose) handelt es sich um ein schnell entstehendes, infektiös-toxisches Krankheitsbild (Infektionskrankheit) von extremer Gefährlichkeit. Ursächlich ist eine lokale Weichteilinfektion mit gasbildenden Clostridien. Abzugrenzen sind putride Mischinfektionen, die ebenfalls mitunter Gas bilden können (beispielsweise nekrotisierende Fasziitis, non clostridial crepitant cellulitis), aber primär und hauptsächlich nicht die Muskulatur zersetzen, eine andere Symptomatik aufweisen und auch eine bessere Prognose haben. Bei diesen spielen die folgend genannten Erreger auch keine dominante Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Erreger

Die hier bedeutsamen Clostridien-Arten (Clostridium perfringens (90 % der Fälle), Clostridium septicum, Cl. histolyticum, Cl. novii, Cl. fallax, Cl. bifermentans) kommen in der Natur überall (ubiquitär) vor. Sie sind obligat anaerobe Sporenbildner, die auch im menschlichen Darm zu finden sind, wo sie aber unter normalen Bedingungen nicht pathogen (krankheitserregend) sind.

Die Pathogenität ergibt sich erst mit dem Wechsel der Umweltbedingungen auf ein anaerobes Milieu (Sauerstoffmangel), wie es in zerstörtem Weichteilgewebe mit erniedrigtem Sauerstoffpartialdruck existiert.

Pathogenese

Meistens sind verletzungsbedingte stark verschmutzte, zerstörte und zerklüftete Gewebebereiche der Ort, an dem die Clostridien ihre Pathogenität erlangen, wo sich also aus Sporen Bakterien entwickeln und sich dann vermehren.

Grundlegend ist der Sauerstoffmangel (Clostridien sind anaerobe Erreger). Begünstigend sind die Minderdurchblutung durch Weichteilquetschung, Gewebeuntergang (Nekrosen), Schock, Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus und bösartige Tumore. Zusätzlich bringt die Verschmutzung der Wunde eine Infektion mit aeroben (sauerstoffverbrauchenden) Erregern mit sich, was den Sauerstoffmangel im infizierten Gewebe fördert und somit die Lebensbedingungen für die Clostridien verbessert.

Clostridien bilden außer CO2 verschiedene Exotoxine, die im umgebenden Gewebe eine Zellmembranzerstörung und Ödembildung bewirken und somit im Sinne eines Teufelskreises (circulus vitiosus) weiteren Nährboden für den Erreger zur Verfügung stellen. Zusätzlich wirken Exotoxine von Clostridien auf weiße Blutkörperchen (Leukozyten) funktionshemmend bis abtötend. Sie fördern zudem den Verschluss kleiner Blutgefäße durch Thrombosen, was den Sauerstoffmangel im betroffenen Gewebe durch eine Durchblutungsstörung weiter verstärkt und das für die Clostridien optimale Wachstumsmilieu fördert.

Symptome

Nach einer Inkubationszeit von drei bis fünf Tagen fällt nach Operationen oder Weichteilverletzungen eine sich rasch ausbreitende Wundinfektion auf (Rötung, Hitze im Wundbereich), die extrem schmerzhaft ist.

In den meisten Fällen ist beim Betasten (Palpieren) der Wundumgebung ein auffälliges Knistern zu hören und zu fühlen: ein Hautemphysem durch CO2-Bildung (Hautkrepitation).

Aus Drainagen entleert sich oft ein blutig-schwärzliches, schaumiges, süßlich-faulig riechendes Sekret. Die befallene Muskulatur ist von grauroter Farbe und wird vom Aussehen her mit gekochtem Rindfleisch verglichen.

Der Allgemeinzustand des Patienten ist durch ein rasch fortschreitendes septisches Krankheitsbild gekennzeichnet mit Tachykardie, Verbrauchskoagulopathie (Blut-Gerinnungsstörung), Kreislaufstörung, Atemstörungen und hämolytischer Anämie durch die Zersetzung roter Blutkörperchen mittels Toxinen der Clostridien. Hinzu kommen im Sinne des Multiorganversagen, akutes Nierenversagen und Leberfunktionsstörungen.

Diagnose

Aufgrund des schnellen und tödlichen Verlaufs der unbehandelten Krankheit und der Notwendigkeit einer sofortigen, aber zugleich eingreifenden Therapie bis zur Amputation von Extremitäten, muss die Diagnose unverzüglich und sicher gestellt werden.

Die Diagnose wird anhand möglichst vieler Einzelbefunde des klinischen Bildes und durch Röntgenaufnahme (Zeichen: „gefiederte“ Muskulatur) gestellt und durch den mikroskopischen Erregernachweis aus einem Muskelquetschpräparat gesichert. Hilfsweise werden Erregernachweis aus Kultur, Histologie und weitere radiologische Methoden eingesetzt, kommen methodisch bedingt aber in der Regel zu spät.

Therapie

Die Therapie steht auf vier Säulen:

Die Therapie muss bereits bei Verdacht beginnen.

Chirurgische Intervention

Das Ziel des chirurgischen Eingriffes ist

  1. die Verringerung der Toxinlast durch Beseitigung von allem infizierten Gewebe. In Abwägung, Leben zu retten oder den Körper möglichst unversehrt zu lassen, muss auch eine Gliedmaßenamputation ernsthaft in Erwägung gezogen werden.
  2. die Beseitigung des Sauerstoffmangels im infizierten Gewebe, um durch Änderung des Wundmilieus den Erregern die Lebensgrundlage zu entziehen. Besonders am Körperstamm, wo eine Amputation technisch unmöglich ist, aber auch an den Extremitäten, die man nicht opfern will, werden Debridement und Gewebespaltungen durchgeführt, die zu einer Druckentlastung mit verbesserter Durchblutung führen.

Aufgrund der Dramatik und Gefährlichkeit des Krankheitsverlaufes wird der Lebenserhaltung oft der Vorrang vor dem kosmetischen und sogar dem funktionellen Ergebnis gewährt.

Antibiotika-Therapie

Die antibiotische Therapie muss eingeleitet werden, bevor das Ergebnis eines Antibiogramms bekannt ist. Aufgrund der zumeist vorliegenden Mischinfektion werden Kombinationen von hochdosierten Breitbandantibiotika und Antibiotika mit Wirksamkeit gegen Anaerobier eingesetzt. Eine Beispielkombination nach dieser Grundlage ist Penicillin G und Metronidazol.

Hyperbare Oxygenierung

Der Gasbrand ist eine Standardindikation für den Einsatz von Sauerstoff-Überdruckkammern.

Diese Therapie zielt darauf ab, mittels extrem hoher Sauerstoffpartialdrücke in der umgebenden Atmosphäre mittels Diffusion unter Vernachlässigung der Durchblutung den O2-Partialdruck im infizierten Gewebe zu erhöhen. Damit entzieht man dem obligat anaeroben Keim die Lebensgrundlage. So erhofft man sich mit dieser eleganten, aber logistisch anspruchsvollen Behandlung eine Rettung des Lebens und die Erhaltung von Extremitäten.

Ein Problem ist der Zeitfaktor: Schwer Erkrankte sind kaum transportfähig und Überdruckkammern sind selbst unter Einschluss kooperierender militärischer Einrichtungen rar. So bleibt initial häufig nur eine aggressive chirurgische Maßnahme.

Intensivmedizin

Bedingt durch Wirkungen der Exotoxine des Erregers kommt es zum Multiorganversagen. Zur stabilisierenden Behandlung der Patienten werden häufig Beatmung, Therapie mit Katecholaminen und weitere intensivmedizinische Therapie- und Überwachungsmethoden nötig.

Siehe auch

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Gasbrand aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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