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Fenetyllin



Steckbrief
Name (INN) Fenetyllin
Wirkungsgruppe

Sympathomimetikum

Handelsnamen

Captagon®

Klassifikation
ATC-Code N06BA10
CAS-Nummer 3736-08-1
Verschreibungspflichtig: Betäubungsmittel BtMG Anl. III, kein zugelassenes Präparat im Handel

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Fachinformation (Fenetyllin)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: 1,3-Dimethyl-7-[2-(1-phenylpropan- 2-ylamino)ethyl]purin-2,6-dion
Summenformel C18H23N502
Molare Masse 341,408 g/mol

Fenetyllin ist Amphetamin-Derivat und ein Arzneistoff (Sympathomimetikum), der als Stimulans genutzt wird. Es war unter dem Handelsnamen Captagon® im Verkehr.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Verwendung

Fenetyllin wurde 1963 entwickelt und 25 Jahre lang als Alternative zu Amphetamin benutzt. Unter anderem wurde es zur medikamentösen Behandlung von ADHS eingesetzt, weniger gebräuchlich für Narkolepsie oder als Antidepressivum, wobei sich die Indikation für Amphetamine in der Vergangenheit häufig änderte. So waren in den 1950er-Jahren Müdigkeit oder Asthma noch ein Anwendungsgebiet dieser Wirkstoffe.

Seit Fenetyllin 1986 von UNODC in die Liste der gefährlichen Drogen aufgenommen wurde, ist es in vielen Ländern als illegales Suchtgift eingestuft. Fenetyllin steht auf der Verbotsliste der Welt-Antidoping-Agentur und in deren Laboren wurde zwischen 2003 bis 2005 sechsmal positiv auf Fenetyllin getestet.

In Deutschland war bis 30. Juni 2003 das Arzneimittel Captagon® im Handel, das Fenetyllin enthielt. Weil die VIATRIS GmbH & Co. KG keine Nachzulassung für Captagon® beantragt hatte, gibt es seitdem kein fenetyllin-haltiges Medikament auf dem deutschen Markt.

Fenetyllin ist gemäß BtMG Anlage III ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, das jedoch mangels eines zugelassenen Fertigpräparats praktisch nicht verfügbar ist. In rechtlicher Hinsicht steht es damit dem Amphetamin gleich.

Einordnung

Es gehört zur Wirkstoffklasse der Amphetamine/Weckamine[1] und hat mit den Wirkstoffen Amphetamin und Methamphetamin den Phenylethylaminkern sowie die prinzipielle Pharmakodynamik gemein. Deutliche Unterschiede bestehen jedoch in der Pharmakokinetik.

Wirkung

Wie Amphetamin durchbricht Fenetyllin die Blut-Hirn-Schranke und löst dadurch eine Kaskade katecholaminerger Wirkungen im zentralen Nervensystem (ZNS) aus. Hinzu treten sympathomimetische Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System.

Zu den Wirkungen auf das ZNS gehören, ähnlich wie bei dem wirkungsverwandten Wirkstoff Methylphenidat (Ritalin®), eine Veränderung des dopaminergen und noradrenergen Gehirnstoffwechsels. So wird laut aktueller Forschung davon ausgegangen, dass durch die Verminderung der Dopamintransporterdichte (DAT) am Corpus striatum eine höhere Dopamin-Konzentration am synaptischen Spalt erfolgt, kurz die Dopaminkonzentration in Teilbereichen des Gehirns erhöht wird.[2] Insbesondere erfolgt dies im präfrontalen Cortex (Frontallappen). Dies führt zu den typischen Amphetaminwirkungen wie erhöhte Aufmerksamkeit, Leistungsbereitschaft und anderes (siehe Methylphenidat/Amphetamin).

Hohe Dosen

Bei einer Überdosierung von Fenetyllin werden große Mengen der Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin aus den Speichervesikeln im zentralen Nervensystem freigesetzt. Dies kann zu Krämpfen, Herz-Kreislauf-Zusammenbruch und psychiatrischen Notfallzuständen führen. In der Regel erfolgt die Applikation oral. Wie bei anderen Wirkstoffen dieser Art werden auch weitere Applikationsformen angewandt, die teilweise extreme Risiken bergen, wie im Folgenden beschrieben.

Die dauerhafte, hoch dosierte, nicht bestimmungsgemäße Einnahme von Fenetyllin führt zu einem ähnlichen Bild wie die hoch dosierte, dauerhafte, nicht bestimmungsgemäße Einnahme von Methamphetamin (in verunreinigter Form als Straßendroge „Crystal (-Speed)“ bekannt) bei nasaler oder rektaler bzw. intravenöser Applikation.

Insbesondere sind dies der Angriff (autonomer) Reserven des Körpers, die Verzehrung der Energiereserven (Fett, Muskelgewebe), allmählicher Zerfall der Persönlichkeit/des Bewusstseins. Bedingt ist dies hauptsächlich durch ein Ausbleiben des Schlafs (über mehrere Wochen), dem deutlich erhöhten Energiebedarf, der jedoch durch die sehr starke Appetithemmung und die mangelnde Nahrungsaufnahme nicht gedeckt wird und der enorm rasch einhergehenden Verzehrung von Vitalstoffen wie Vitaminen. Ein solch extremer Missbrauch amphetaminartiger Wirkstoffe kann daher binnen weniger Wochen zum Tod führen.

Eine akute Überdosierung kann bei vorbestehenden Herzkrankheiten zum plötzlichen Herztod führen, insbesondere, wenn die Überdosierung mit hoher körperlicher Beanspruchung zusammentrifft.

In weiteren Fällen kann infolge Flüssigkeitsmangels der Tod nach Herz-Kreislauf-Versagen eintreten, wenn extreme körperliche Beanspruchung über mehrere Stunden und eine hohe oder oft wiederholte Einnahme des Wirkstoffs zusammentreffen (bspw. Discothek).

Kombination mit anderen Wirkstoffen

Eine Kombination von Fenetyllin mit anderen Wirkstoffen aus der Klasse der Amphetamine, mit Kokain oder mit Opioiden beziehungsweise Heroin, führt zu nicht vorhersehbaren Risiken beziehungsweise Schäden an körperlicher und geistiger Gesundheit.

Quellen

  1. Mutschler u.a., Arzneimittelwirkungen, 2001
  2. Krause/Krause, München, 2001

Literatur

  • Kristen G, Schaefer A, von Schlichtegroll A.: Fenetylline: therapeutic use, misuse and/or abuse. Drug and Alcohol Dependence. 1986 Jun; 17(2-3): 259-71.
  • Ellison T, Levy L, Bolger JW, Okun R.: The metabolic fate of 3H-fenethylline in man, European Journal of Pharmacology 13: 123, 1970.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Fenetyllin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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