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Erwin Ringel



Erwin Ringel (* 27. April 1921 in Temesvár, Rumänien; † 28. Juli 1994 in Bad Kleinkirchheim, Kärnten) war ein österreichischer Arzt und Vertreter der Individualpsychologie.

Ringel war Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und eine Autorität in der Selbstmordforschung (heute würde man neutraler von Selbsttötungs- oder Suizidforschung sprechen). Erwin Ringel baute 1948 das weltweit erste Selbstmordverhütungszentrum in Wien auf. 1954 wurde er Leiter der frauenpsychiatrischen Station in Wien und gründete hier die erste psychosomatische Station in Österreich.

Erwin Ringel veröffentlichte etwa 600 Arbeiten, darunter 20 Bücher. Seine wichtigsten Themen waren: Selbstmordverhütung, Psychosomatik, Neurosenlehre, Sozialpsychologie, tiefenpsychologische Aspekte von Kunst, Religion und Gesellschaftspolitik.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jugend und Ausbildung

Am 27. April 1921 wurde Erwin Ringel im ehemaligen Kronland Siebenbürgen in Temesvar geboren. Die Eltern lebten zwar in Hollabrunn, doch den damaligen Gepflogenheiten entsprechend fuhr seine Mutter in ihr Elternhaus nach Temesvar zur Entbindung. Die ersten Lebensjahre verbrachte er in Hollabrunn.

„Eine lange bedeutsame Periode meines Lebens war, dass ich unter sehr glücklichen Bedingungen aufgewachsen bin, dass meine Eltern eine wunderbare Ehe geführt haben, und was besonders ins Gewicht fällt, mir sehr viel von ihren Werten vermittelt haben.“

1926 übersiedelte die Familie nach Wien, in die Annagasse. Der Vater war als Mittelschullehrer in der Lehrerbildungsanstalt Hegelgasse tätig. Die Nähe zur Oper und zu den großen Theatern, erleichterte es dem Kind und Jugendlichen, sich Kenntnisse der Opern - und Theaterliteratur anzueignen. Eines seiner Lieblingsspiele bestand darin, Klassiker zu zitieren.

1931-1939 besuchte er das Akademische Gymnasium.

1939 wurde er für einige Wochen von der Gestapo in Haft genommen, weil er am 8. Oktober 1938 bei der antinationalsozialistischen Großkundgebung am Stephansplatz als Pfarrjugendhelfer mitgearbeitet hatte.

1939 begann er sein Medizinstudium, wurde aber wiederholt von der Deutschen Wehrmacht einberufen. In den letzten zwei Kriegsjahren war er im Reservelazarett 11 A (Rudolfspital) als Arzt tätig.

Akademische Ausbildung und Beginn der Selbstmordforschung

1946 Promotion, anschließend Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien.

1948 Aufbau des ersten Selbstmordverhütungszentrum Europas im Rahmen der Wiener Caritas. Aus dieser „Lebensmüdenfürsorge“ wurde 1975 das von der Kirche unabhängige „Kriseninterventionszentrum“, das heute noch in Wien existiert.

1953 beschrieb Erwin Ringel „Das Präsuizidale Syndrom“, nachdem er 745 gerettete Selbstmörder untersucht hatte - ein Meilenstein in der Selbstmordforschung.

1953-64 betraute ihn sein Chef Hans Hoff mit der Leitung der Frauenabteilung an der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien.

1954 baute Erwin Ringel die erste psychosomatische Station in Österreich auf. Als Vorkämpfer für die psychosomatische Medizin musste er gegen viel Widerstand kämpfen. Durch zahlreiche Vorträge hat er in der Bevölkerung wichtige Aufklärungsarbeit geleistet, und auch in der Ärzteschaft erhielt er allmählich für die Psychosomatik Akzeptanz. Seit 1987 können Ärzte durch eine spezielle Ausbildung in Psychosomatik das „Diplom für psychosomatische Medizin“ erhalten.

1960 gründet er die „Internationale Vereinigung für Selbstmordverhütung“ (IASP). Er wurde deren erster Präsident bis 1969 und später Ehrenpräsident. Heute gehören der IASP mehr als 50 Länder an. In der USA nannte man Erwin Ringel liebevoll „Mr. Suizid“.

Ab 1960 Wiederaufbau des „Österreichischen Vereins für Individualpsychologie“ 1960 – 88 war er Präsident dieses Vereins. Gemeinsam mit Walter Spiel und Kurt Baumgärtl baute er diesen Verein, der infolge des Verbots der Individualpsychologie im Dritten Reich auf wenige Mitglieder zusammengeschrumpft war, wieder neu auf. Auf Veranlassung seines Schülers und Mitarbeiters Gernot Sonneck begann Ringel, sich systematisch um die Ausbildung junger Individualpsychologen zu kümmern. Heute ist der "Österreichische Verein für Individualpsychologie" eine bedeutende tiefenpsychologische Schule. Eine seiner wichtigen Aufgaben sah Erwin Ringel auch darin die „Freudianer“ mit den „Adlerianern“ zu versöhnen.

1961 Habilitation. Im selben Jahr Verleihung des Karl–Renner–Preises der Stadt Wien für seine Verdienste in der Selbstmordverhütung.

1968 Ernennung zum Außerordentlichen Professor an der Universität Wien.

1971 Gründungsmitglied des Internationalen Kollegiums für Psychosomatik.

1978 Gründung der Österreichischen Gesellschaft für klinische psychosomatische Medizin und Wahl zu deren Präsidenten.

1981 wurde Erwin Ringel zum Ordentlichen Professor für Medizinische Psychologie berufen. Er baute als Sechzigjähriger noch einmal etwas Neues auf. Denn das Fach „Medizinische Psychologie“ wurde erst 1981 in das medizinische Curriculum aufgenommen. Er war ein enthusiastischer Lehrer, der auch so manche Studenten begeistern konnte. Er hatte endlich die Möglichkeit, zu allen Medizinstudenten über Wichtigkeit der seelischen Befindlichkeit der kranken Menschen und über die Bedeutung der Arzt-Patienten-Beziehung zu sprechen. Er war Institutsvorstand bis zu seiner Emeritierung 1991.

1984 - 94 Obmann des Vereins für Bewährungshilfe und Sozialarbeit.

1984 brachte sein Buch „Die Österreichische Seele“ einen großen medialen Erfolg aber auch zahlreiche Anfeindungen. In diesem Zusammenhang erhielt er viele Beinamen: Von „Seelendoktor der Nation“ bis hin zum „Nestbeschmutzer“.

1986 erhielt Erwin Ringel das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse sowie das Goldene Ehrenzeichen für die Verdienste um das Land Wien und wurde zum „Bürger von Wien“ ernannt.

Im Jahre 1987 publizierte er sein Buch „Die ersten Jahre entscheiden“, in dem er auf die Wichtigkeit einer liebevollen und guten Erziehung hinweist.

Am 28. Juli 1994 starb Erwin Ringel in Bad Kleinkirchheim an Herzversagen. Er ist in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.

Auszeichnungen

  • 1961 Karl-Renner-Preis der Stadt Wien für Verdienste um die Selbstmordverhütung
  • 1985 Ehrenpräsident der Internationalen Vereinigung zur Selbstmordverhütung
  • 2004 wurde er in die Liste der 50 wichtigsten Österreicher bei einer Leserumfrage der Tageszeitung Kurier gewählt

Werke

Über 250 Veröffentlichungen, Bücher und Vorträge zu den Themen Selbstmordverhütung, Psychosomatik, Neurosenlehre, Sozialpsychologie, Kunst, Politik und Religion:

  • 1953: Der Selbstmord. Abschluß einer krankhaften Entwicklung.
  • 1961: Untersuchungen zum Selbstmordproblem.
  • 1969: Selbstmordverhütung.
  • 1973: Selbstschädigung durch Neurose.
  • 1978: Das Leben wegwerfen? Reflexionen über den Selbstmord.
  • 1984: Die österreichische Seele.
  • 1985: Religionsverlust durch religiöse Erziehung. (gemeinsam mit Alfred Kirchmayr)
  • 1986: Zur Gesundung der österreichischen Seele.
  • 1987: Die ersten Jahre entscheiden.


 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Erwin_Ringel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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