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Clobutinol



Steckbrief
Name (INN) Clobutinol
Wirkungsgruppe

Antitussivum

Handelsnamen

Silomat®

Klassifikation
ATC-Code R05DB03
CAS-Nummer 14860-49-2
Verschreibungspflichtig: Nein

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Fachinformation (Clobutinol)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: (+/-)-1-(4-Chlorphenyl)-4- dimethylamino-2,3- dimethylbutan-2-ol
Summenformel C14H22ClNO
Molare Masse 255,78 g·mol−1

Clobutinol ist ein Antitussivum welches in verschiedenen Hustenmitteln, u.a. von Ratiopharm und Boehringer Ingelheim eingesetzt wurde. Es hemmt das Hustenzentrum des Gehirns und soll starken Reizhusten lindern.

Geschichte

Clobutinol wurde unter dem Handelsnamen Silomat am 1. Mai 1961 erstzugelassen. Boehringer Ingelheim erzielte mit dem Hustenmittel Jahresumsätze in zweistelliger Millionenhöhe. Nach dem Auslaufen des Patentschutzes kamen alleine in Deutschland zusätzlich zwei Dutzend Generika auf den Markt. Der Wirkstoff war in 58 Ländern auf dem Markt, rund 200 Millionen hustende Patienten haben ihn in vierzig Jahren eingenommen. Selbst kritische Arzneimittelexperten sahen das Hustenmittel bis zuletzt als vollkommen sicher an. Die Stiftung Warentest, die in ihrem „Handbuch Selbstmedikation“ nur 40 Prozent der Medikamente als „geeignet“ einstufte, preiste Clobutinol als „billigsten und besten“ aller Hustenstiller. Clobutinolhaltige Arzneimittel gab es fast überall auf der Welt ohne Rezept, das deutsche BfArM ließ es sogar für die Behandlung von Säuglingen zu.

Im Jahr 1999 sah ein ganz gewöhnlicher Arzt in der französischen Hafenstadt Nantes bei einem scheinbar gewöhnlichen Fall etwas genauer hin, als dies seine Kollegen für gewöhnlich tun. Ein elfjähriger Junge kam in die Klinik, weil er plötzlich bewusstlos geworden war. Der Junge hatte Husten und wurde mit Clobutinol behandelt. Obwohl der Hustensaft auch in Frankreich als unverdächtig galt, ging der Arzt der Sache nach. Wie sich herausstellte, hatte der Junge eine seltene, angeborene Herzkrankheit, ein sogenanntes Long-QT-Syndrom (LQTS). Bei Patienten mit LQTS bleiben die Hauptkammern des Herzens nach jedem Schlag länger als gewöhnlich elektrisch erregt. Im EKG verlängert sich dadurch der Abstand zwischen den Zacken „Q“ und „T“, deshalb der Name „Long-QT-Syndrom“. Durch die verlängerte Erregungsphase ist das Herz anfällig für Rhythmusstörungen, bei denen sich die Herzströme unkontrolliert im Kreis drehen: LQTS-Patienten haben Anfälle von plötzlichem Herzrasen, das manchmal in ein tödliches Kammerflimmern übergehen kann. Nach fünf Jahren Forschung war der Zusammenhang zwischen der Ohnmacht des Jungen aus Nantes und dem deutschen Hustensaft aufgeklärt: Die im Juli 2004 veröffentlichte Studie zeigte, dass Clobutinol bei dem LQTS-Patienten schwere Herzrhythmusstörungen ausgelöst hatte, die zur Bewusstlosigkeit führten. Das BfArM verlangte daraufhin zu untersuchen, ob Clobutinol auch bei Gesunden eine Verlängerung der Erregungsphase des Herzens, also eine Verlängerung der QT-Zeit im EKG verursacht.

Am 30. August 2007 legte Boehringer Ingelheim die verlangte Untersuchung vor. Das Ergebnis war eindeutig: Clobutinol verlängert die QT-Zeit erheblich und kann dadurch zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen. Am 31.August 2007 ordnete das BfArM das Ruhen der Zulassung für alle clobutinolhaltigen Arzneimittel an. [1]

Es ist statistisch gesehen wahrscheinlich, dass Patienten auf Grund einer Clobutinol-Einnahme gestorben sind – nur wurde der harmlose Hustensaft nie verdächtigt. Als Clobutinol 1961 eingeführt wurde, war die Gefährlichkeit von QT-Verlängerungen noch nicht bekannt. In den 80er Jahren beobachteten Kardiologen diese Nebenwirkung zunächst bei Herzmitteln, von denen viele später vom Markt gezogen werden mussten. Dass auch andere Medikamente gefährliche QT-Verlängerungen auslösen, wurde noch später deutlich – im Jahre 2000 wurde deshalb das Prokinetikum Cisaprid (Propulsin) , nach mindestens 125 Todesfällen verboten. Es gibt keine Arznei ohne Risiko.


Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung BfArM 20/07


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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Clobutinol aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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