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Cardiophobie




Unter Cardiophobie (syn. Herzangst, Herzphobie, Herzneurose) versteht man die (meist) ständige Angst, an einer bedrohlichen Herzerkrankung zu leiden oder in den nächsten Minuten einen Herzinfarkt zu bekommen. Herzphobiker haben oft eine wahre Ärzteodyssee mit allen Arten von Untersuchungen (Ruhe-EKG, Belastungs-EKG, Herzkatheter, etc.) hinter sich, bei der aber stets keine organische Ursachen für eine Herzerkrankung gefunden werden. Meist werden nur ein geringfügig erhöhter Blutdruck und/oder ein schneller Puls diagnostiziert, was aber in der Regel nur aus der Angst vor der Untersuchung resultiert und sich nach der Diagnose "kein Befund" sehr schnell wieder normalisiert. Selbst bei körperlichem Wohlbefinden kreisen die Gedanken ständig unterschwellig um die eigene Herztätigkeit. Schon ein Herzinfarkt in der Verwandtschaft oder bei Bekannten, ja selbst ein Bericht im Fernsehen kann Auslöser für einen eigenen "Herzanfall" eines Herzphobikers sein. Der Herzphobiker ist davon überzeugt, dass mit seinem Herz etwas nicht in Ordnung ist - selbst ärztliche Untersuchungen beruhigen nur kurzfristig, weil nach Auffassung des Betroffenen der Arzt garantiert etwas übersehen hat oder sich die Herzerkrankung erst nach dem Arztbesuch verschlimmert hat.

Herzphobiker richten ihre ständige Aufmerksamkeit nur auf das eigene Herz. Jeder kleine Herzstich, jedes "Herzstolpern", jeder Schmerz in der Brust wird sofort als Vorbote einer bedrohlichen Herzerkrankung gesehen und mündet nicht selten in katastrophale Gedanken wie "gleich werde ich einen Infarkt bekommen!". Herzphobiker geraten sehr schnell in den verheerenden Kreislauf "Angst vor der Angst" und zeigen dann typische Symptome.

Inhaltsverzeichnis

Ängstliches und hilfesuchendes Verhalten

Ständig wird der Puls kontrolliert oder sogar ein Blutdruckmessgerät gekauft, um andauernd den Blutdruck zu messen. Körperliche Anstrengung wird vermieden, um das Herz zu schonen. Der eigene körperliche Zustand wird ständig hinterfragt (Geht es mir momentan gut? Schlägt mein Herz regelmäßig? Was war dieses kurze Ziehen in der Brust?). Aktivitäten jedweder Art werden erst daraufhin überprüft, ob sie für das Herz ungefährlich oder gefährlich sein könnten. Fahrtstrecken mit dem Auto werden so gewählt, dass sie nicht durch einsame Gegenden führen und - soweit möglich - an vielen Krankenhäusern oder Arztpraxen vorbeiführen, damit im Notfall eine schnelle Hilfe gewährleistet ist. Nächtliches Fahren auf einer Autobahn wird als Horror empfunden, ebenso Ferienziele mit geringer oder nicht vorhandener ärztlicher Präsenz.

Herzphobiker haben oft eine lange Telefonliste mit Notrufnummern und Telefonnummern der wichtigsten Ärze und/oder Krankenhäuser. Im häuslichen Umfeld ist nicht selten eine "Krankenhausatmosphäre" zu beobachten, weil die Familienmitglieder in die vermeintlich schwere Erkrankung des Phobikers einbezogen werden. Ein Verlassen des Hauses ohne Handy ist nicht möglich, damit notfalls Hilfe herbeigerufen werden kann. Fernsehsendungen oder Berichte über Themen, die im entferntesten mit Herzerkrankungen zu tun haben, werden konsequent gemieden und ignoriert - oder alternativ regelrecht "verschlungen", um die eigene Phobie als Tatsache erscheinen zu lassen.

Herzphobiker sind oft Dauergast beim Arzt oder in medizinischen Einrichtungen. Immer wieder werden Internisten, Kardiologen, Neurologen, etc. aufgesucht, wobei die Diagnose "ohne Befund" die Regel ist. Am Wochenende wird der ärztliche Notdienst oder der Hausarzt nach Hause gerufen oder im schlimmsten Fall ein Krankenwagen oder sogar Notarztwagen angefordert. Schon ein paar Herzstiche reichen aus, um den Herzphobiker direkt zum Telefon greifen zu lassen, um Hilfe anzufordern. In Gegenwart eines Arztes geht es den Betroffenen in den meisten Fällen sofort wieder besser.

Vermeidungsverhalten

Hat ein Herzphobiker z.B. bei einem Kinobesuch einen vermeintlichen "Herzanfall" oder "Infarkt" erlitten (vielleicht sogar mit anschließender Notaufnahme im Krankenhaus), so wird er künftig jedes Kino meiden. Alleine der Gedanke an ein Kino kann körperliche Symptome auslösen, die wieder einer Herzerkrankung gleichen. Es werden konsequent alle Orte gemieden, die Schauplatz körperlicher Beschwerden waren und somit "angstbelegt" sind. Angstbelegt sind auch Örtlichkeiten, die nur theoretisch eine schnelle Hilfe im Notfall umöglich machen und daher ebenfalls gemieden werden (z.B. eine nächtliche Party an einem einsamen Baggerloch). Die Folge ist oft eine soziale Abkapselung, wenn der Herzphobiker nicht mehr in der Lage ist, die einfachsten täglichen Aufgaben zu verrichten.

Mehrere "Herzanfälle" z.B. in einem Supermarkt können dazu führen, dass der Phobiker schon beim Betreten eines Supermarktes einem Herzinfarkt ähnliche Symptome verspürt und den Einkauf nicht fortsetzen kann. Das Heben schwerer Lasten und körperliche Anstrengung werden vermieden, wenn es in der Vergangenheit z.B. beim schnellen Laufen zu Herzstichen gekommen ist.

Die Angst vor der Angst

Herzphobiker geraten sehr schnell in den Kreislauf der Angst vor der Angst. Durch die dauernde Selbstbeobachtung, die ständige Sorge um das Herz und die andauernde Befürchtung, an einer Herzerkrankung zu leiden, ist der Körper in einem permanenten "Alarmzustand", auch wenn es dem Phobiker nicht bewusst ist. Schon lapidare Umstände (ein lauter Knall, eine Erkältung, nervliche Anspannung, etc.) reichen aus, um den Kreislauf der Angst in Gang zu setzen. Es treten körperliche Symptome auf, die als bedrohlich empfunden werden und Angst oder Panik auslösen. Angst und Panik führen dazu, dass die Symptome sich verstärken, was der Herzphobiker als Indiz wertet, dass tatsächlich etwas bedrohliches passiert. Folgerichtig verstärken sich die Symptome, was die Angst weiter schürt - der Kreislauf der Angst vor der Angst schaukelt sich auf.

Durch eine Herzangst können Panikattacken ausgelöst werden - Panikattacken dagegen können sich auch in einer Herzphobie manifestieren.

Symptome

  • starkes Schwitzen, oft am ganzen Körper
  • Herzrasen, Herzstiche, Herzrhythmusstörungen ("Herzstolpern" und "Aussetzer")
  • Angst vor katastrophalen Konsequenzen (Notarztwagen, Tod)
  • Kurzfristig erhöhter Blutdruck, stark erhöhter Puls, Zittern der Hände
  • Übelkeit, Schwindel, "weiche" Beine, Atemnot, Hyperventilation
  • Schmerzen in der Herzgegend und in der Brust, die oft auch in den linken Arm ausstrahlen
  • Druck- und/oder Engegefühl in der Brust, das Gefühl, eine stählerne Klammer hat sich um den gesamten Brustkorb gelegt, auch in den Hals, Unterkiefer und in den Magen ausstrahlend

Herzneurotiker haben im Gegensatz zu anderen Phobikern das Problem, ihrer Angst nicht ausweichen zu können, da der Gegenstand ihrer Angst das eigene Herz betrifft und nicht nur an ein spezielles Ereignis oder einen speziellen Ort gebunden ist (wie z.B. Angst vor Menschenmassen oder Angst vor der Höhe). Im Gegenteil: Der Herzphobiker schafft sich durch seine katastrophalen Gedanken immer neue Horrorszenarien, die seine Aktivitäten immer weiter einschränken und seine Lebensfreude entscheidend mindern.

Selbstverständlich soll auch ein Herzphobiker unbedingt die Ursachen der Beschwerden medizinisch abklären lassen und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen durchführen. Wenn aber Dutzende von Ruhe- und Belastungs-EKGs und/oder sogar mehrere Katheteruntersuchungen (womöglich sogar während eines vermeintlichen akuten "Herzanfalles") keinerlei Befund ergeben, ist es meist gesichert, dass es sich um eine Herzneurose handelt, die eine andere Behandlung erfordert.

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

Vergleiche

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Cardiophobie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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