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Retortenbaby



  Retortenbaby ist die umgangssprachliche (und oft abwertende) Bezeichnung für ein Kind, das durch die so genannte künstliche Befruchtung gezeugt wurde.

Verfahren

Bei dem Verfahren werden dem Eierstock der Frau (meist nach vorheriger Stimulation, um eine größere Anzahl zu erhalten) Eizellen entnommen und entweder im Reagenzglas mit Sperma des Mannes zusammengeführt (IVF = InVitro Fertilization) oder künstlich befruchtet, indem mittels einer hauchdünnen Nadel das Spermium in die Eizelle eingeführt wird (ICSI = Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion). Eine oder mehrere dieser befruchteten Eizellen (Zygoten) werden, nachdem sie einige Teilungsstadien hinter sich haben, in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Dort wächst der Embryo auf natürliche Weise zum Baby heran.

Die künstliche Befruchtung wird zur Sicherheit meist an mehreren Eizellen durchgeführt. Die so entstandenen Eizellen werden jedoch nicht alle in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Für den Fall, dass beim ersten Versuch keine Schwangerschaft eintritt, können Eizellen eingefroren und für einen weiteren Versuch wieder aufgetaut werden. In Deutschland ist das Einsetzen und Einfrieren nur bis zu einem bestimmten Stadium der Teilung erlaubt. Wie mit „überschüssigen“ Embryonen umgegangen wird bzw. werden soll, ist ein ethisches Problem, das in vielen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Zum großen Teil werden diese Embryonen „vernichtet“, also abgetötet, zum kleinen Teil im Rahmen der umstritten Embryonenforschung verwendet, was in Deutschland jedoch nicht erlaubt ist.

Geschichte

Das erste Retortenbaby, Louise Joy Brown, kam am 25. Juli 1978 im englischen Oldham (bei Manchester) zur Welt. Auch das zweite Retortenbaby, Alastair MacDonald, kam in Großbritannien (am 14. Januar 1979) zur Welt. Das dritte Retortenbaby, Candice Reed, kam am 23. Juni 1980 in Australien zur Welt. Erst am 28. Dezember 1981 wurde das erste Retortenbaby der USA, Elizabeth Carr, in Norfolk, Virginia geboren.

Das erste deutsche Retortenbaby Oliver W. kam am 16. April 1982 in der Uniklinik Erlangen zur Welt. Der verantwortliche Mediziner Dr. Siegfried Trotnow († April 2004) hatte sich im Auftrag seines Klinikchefs Dr. Karl Günter Ober mit seinem Team drei Jahre darauf vorbereitet, die engl. Sensation zu imitieren. In einem Interview erzählte er, dass er wenig Informationen aus England bekam, also die ganze Vorgehensweise neu entwickeln musste. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützte die Ärzte in Erlangen nicht. Nach dem Erfolg meldeten sich der Klinik zufolge in der Bundesrepublik 560 Frauen, die ebenfalls ein Retortenbaby bekommen wollten. Das Klinikum konnte nach eigenen Angaben aber nur 60 Frauen behandeln.

Im Jahr 1985 wurden das erste Mal in Deutschland in der Frauenklinik der Universität München in der Maistraße Retortendrillinge geboren.

Seit 1982 gibt es in Deutschland rund 100.000 nach In-vitro-Fertilisation (IVF) geborene Kinder (Stand April 2002).

Inzwischen (2007) wird die Zahl der Geburten, die durch künstliche Befruchtung zustande kamen, auf über 3 Millionen geschätzt. Somit wurde vielen Paaren, die zum Beispiel aufgrund biologischer Gegebenheiten keine Kinder bekommen konnten, durch diese Methode ihr Kinderwunsch erfüllt. Dennoch stellt das Verfahren keine „sichere“ Methode zum Erreichen einer Schwangerschaft dar: Viele unfruchtbare Paare versuchen jahrelang ohne Erfolg, auf diese Weise ein Kind zu bekommen. Da die verschiedenen Methoden der künstlichen Befruchtung sehr kostspielig sind, spielt neben der seelischen oft auch die finanzielle Belastung der kinderlosen Paare eine Rolle. Bis 2005 übernahmen die Krankenkassen bei Paaren unter 40 Jahren die Behandlungskosten voll, danach nur noch zur Hälfte. Paare über 40 bekommen von der Krankenkasse in aller Regel keine Zuzahlung zur künstlichen Befruchtung. Dies hat zu einem starken Rückgang der künstlichen Befruchtung in Deutschland seit 2006 geführt.

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Retortenbaby aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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