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Palmwedel



Ein Palmwedel ist das Blatt der Palmengewächse. Auch das ähnlich aussehende Blatt des Palmfarns wird zuweilen unzutreffend als Palmwedel bezeichnet.

Die Bezeichnungen Palmblatt, Palmwedel und Palmzweig werden synonym verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Botanik

Die sehr großen Blätter der Palmengewächse können z.B. bei der Schattenpalme 4 m Durchmesser und bei Rapharia-Arten bis zu 20 m Länge erreichen. Die Blattflächen sind hand- oder fächerförmig (Fächerpalmen) oder fiederförmig (Fiederpalmen) geteilt. Es kommen aber auch ungeteilte, nur an der Spitze zweispaltige Blätter vor. [1]

Nutzung

Palmenkohl

Aus den jungen, unentwickelten Palmblättern, besonders von Arenga saccharifera, Cocos nucifera, Euterpe oleracea und Maximiliana regia, wird in den Tropen ein als Palmenkohl bezeichnetes Gemüse zubereitet. [2]

Baustoff

Palmwedel dienen im Verbreitungsgebiet der Palmengewächse (Tropen und Subtropen) als Baustoff, wegen ihrer wasserabweisenden Oberfläche vornehmlich zur Bedachung von Häusern und Hütten; siehe Artikel Palmengewächse, Gliederungspunkt Baumaterial.

Palmenpapier

Palmblätter gehören im indischen Kulturraum seit jeher zu den bedeutendsten Beschreibstoffen (vgl. auch Palmblattbibliothek). Als Manuskriptblätter wurden sie als schmale Streifen von etwa 30 bis 40 cm oder sogar bis 70 cm Länge und etwa 6 bis 7 cm Höhe zurechtgeschnitten, mittig mit einem oder mehreren Löchern versehen und lose auf eine Schnur gereiht, mit der der so entstandene Block dann kunstvoll umwickelt und verschnürt wurde. Diese Manuskripte werden als Palmblattmanuskripte, der Beschreibstoff als Palmenpapier bezeichnet. [3]

Viehfutter

Es besteht die möglichkeit Palmenblätter als Viehfutter zu verwenden. Erste Erfahrungen hierzu wurden mit Ölpalmenwedeln in Veruschseinrichtungen in Malaysia erprobt. Die Palmblätter, die normalerweise als Gründünger auf den Plantagen verbeiben, werden gesammelt und in einer Fabrik gehäckselt, zerfasert, gepresst, getrocknet und pelletiert. Die gewonnenen Pellets eignen sich für den Einsatz in der Ernährung von Ruminanten (Rind, Schaf, Ziege) (www.opffeeds.com).

Biobrennstoff

Zerkleinerte Palmwedel, wie auch die genau wie unter der Rubrik "Viehfutter" beschriebenen daraus hergestellten Pellets, eignen sich für die Verwendung als biogener Brennstoff. Erste Bioenergieprojekte in Malaysia und Indonesien, die u.a. Ölpalmenwedel als Rohstoff nutzen, befinden sich gerade in der Anlaufphase.

Weitere Nutzung

Aus Palmblättern wurden und werden außerdem Fächer, Hüte und Matten hergestellt, aus den Rippen der Palmblätter auch Möbel. [4]

Religiöses Brauchtum

 

Judentum

Aus den Palmwedeln der Dattelpalme, die auf dem Sinai sehr verbreitet ist, errichteten die Israelis während ihres Wüstenzuges aus Ägypten provisorische Hütten, sog. Sukkot (Lev 23,43 EU). Im Gedenken daran wird das sieben- bzw. achttägige Laubhüttenfest oder Sukkot mit Zitrusfrüchten (Etrog), Palmblättern (Lulaw), Zweigen der Myrthe (Hadas) und der Bachweide (Arawa) gefeiert. [5]

 

Christentum

Als Jesus auf einem Esel in Jerusalem einzog, wurde er mit Palmwedeln begrüßt (Mt 21,8 EU). In Erinnerung daran werden im Katholizismus in der kirchlichen Prozession am Palmsonntag nachgestaltete Palmwedel (Palmstöcke, Palmbuschen, Palmbesen, Palmstangen usw.) gesegnet und verwendet (siehe dazu Artikel Palmsonntag).

Die bei der klassischen Krönungszeremonie der Päpste (zuletzt bei der Einführung von Papst Paul VI. am 30. Juni 1963) verwendeten Wedel, mit denen Mitglieder der Schweizer Garde den Papst eskortierten, sind aber Fächer aus Straußenfedern und keine Palmwedel. [6]

 

Symbolische Bedeutung

Der Palmwedel gilt als Symbol

  • der Unabhängigkeit Israels (seit der Zurückeroberung des jüdischen Tempels durch Judas Makkabäus im Makkabäerkrieg; 2 Makk 10,7 EU) [7]
  • des Sieges (schon im Altertum, so bei den Olympischen Spielen), des Triumphes, der Freude und des Friedens [8]
  • des ewigen Lebens und der Auferstehung; daher findet er sich häufig - einzeln oder aber zweifach gekreuzt - auf Todesanzeigen, Trauerschleifen und Grabsteinen [9]

Darstellungen

Attribut mythologischer Figuren

  • Die ägyptische Göttin Renpet (Renpet = Jahr), die Göttin der Ewigkeit und der Jugend, wird als Frau mit einem Palmzweig über dem Kopf dargestellt. [10]
  • Die griechische Siegesgöttin Nike und die ihr entsprechende römische Siegesgöttin Victoria finden sich - meist geflügelt - als jugendliche Frau mit den Attributen Siegeskranz und Palmzweig, manchmal auch mit Trophäen. (Auch die Darstellung als schwebende Figur über Zwei- oder Vierspännern - Biga oder Quadriga - war üblich.) Die Darstellung mit Kranz und Zweig ist auch für den von diesen Gottheiten abgeleiteten Friedensengel auf Siegessäulen üblich. [11]

 

Attribut der Heiligen

Der Palmwedel oder Palmzweig - anstelle der Märtyrerpalme - ist ein Attribut mehrerer Heiliger, z.B.

  • Cordula von Köln [12]
  • Cyriak (von Rom) [13]
  • Georg [14]
  • Laurentius von Rom [15]
  • Pankratius (von Rom) [16]
  • Quintinus von Vermand [17]
  • Regiswindis [18]
  • Vinzenz von Valencia (Vincenz von Zaragoza) [19]

Heraldik

In der Heraldik ist der Palmwedel eine gemeine Figur. Darstellungen finden sich z.B. bei folgenden Wappen:

Staatswappen

  • als Helmzier des Wappens der Bahamas, zusammen mit einer Muschel [20]
  • unterhalb des Wappenschildes der Kapverden als Siegeszeichen [21]
  • im Wappen (Siegel) von Paraguay, wo es mit einem Ölzweig für Frieden und Ehre steht [22]
  • unterhalb des Wappenschildes von Somalia [23]

Ortswappen

  • im Wappen der österreichischen Gemeinde Fügenberg (Tirol) als Attribut des St. Pankraz [24]
  • im Wappen der Gemeinde Karbach (Hunsrück) als Attribut des Ortsschutzpatrons St. Quintin mit Bratspieß und Palmwedel [25]
  • in der Umrahmung des Wappens der Stadt Miesbach (Oberbayern), zusammen mit einem Lorbeerzweig [26]
  • im Wappen des Wormser Stadtteils Neuhausen als Attribut des Orts- und Kirchenpatrons St. Cyriakus [27]
  • im Wappen der österreichischen Gemeinde Pfarrwerfen im Salzburger Land als Attribut des Kirchenpatrons St. Cyriak, gekreuzt mit einem roten Schwert [28]
  • im Wappen der italienischen Gemeinde St. Lorenzen (Südtirol) als Attribut des Namens- und Pfarrpatrons St. Laurentius mit Rost und Palmwedel [29]
  • im Wappen der Ortsgemeinde Strotzbüsch (Landkreis Vulkaneifel) als Attribut des Ortsheiligen St. Vincentius [30]
  • im Wappen des Ortsteils Vilchband in der Gemeinde Wittighausen (Main-Tauber-Kreis) als Attribut der Kirchenpatronin St. Regiswindis [31]

Wappen des Kantons Zürich

  • im Vollwappen des Kantons Zürich mit den beiden Zürileuen (Löwen) als Schildhalter, die ein Schwert als Symbol des Krieges und der Staatsgewalt und einen Palmwedel als Symbol des Friedens tragen (nicht so beim Stadtwappen); [32] siehe Artikel Wappen des Kantons und der Stadt Zürich

Ornament

Kunstgeschichtliche Bedeutung erlangte der Palmwedel besonders als palmenblattförmiges Ornament Palmette (Palmbaum) in der bildenden Kunst, vor allem in der griechischen Kunst, die dieses und andere vegetabile Muster wohl im 7. Jahrhundert v.Chr. aus dem Orient übernommen hat (siehe Artikel Palmette) [33]

Außerdem sind Palmwedel in der Architektur auf einigen ägyptischen Kapitellen dargestellt, z.B. bei der Palmsäule, einer äyptischen Pflanzensäule mit einem Kapitell aus zusammengebundenen, steil hochragenden und sich oben leicht nach außen neigenden Palmwedeln. [34]

Weitere Darstellungen

Darüber hinaus findet sich der Palmwedel

  • als eine Spielkartenfarbe des vom Künstler Christian Mischke (* 1944) gestalteten Kartenspiels Blatt um Blatt, das nicht die deutschen (Eichel, Herz, Blatt, Schelle) oder die französischen Farben (Herz, Pik, Karo, Kreuz), sondern eine eigene Variation (Linden-, Gingko-, Ahornblatt und Palmwedel) verwendet. [35]

Benennungen

Palmwedel bezeichnet wegen der Form auch:

  • eine fächerförmig gefaltete Serviette [36]
  • eine fächerförmige Basaltformation am 890 m hohen Berg Hirtstein im Erzgebirge [37]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 9, Leipzig 1928, Sp. 286 f. (Palmen)
  2. Vgl. Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 9, Leipzig 1928, Sp. 288 (Palmenkohl)
  3. Vgl. Lexikon der Kunst, Bd. 5, München 1996, S. 395 f. (Palmblattmanuskripte); Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 9, Leipzig 1928, Sp. 286 f. (Palmenpapier)
  4. Vgl. Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 9, Leipzig 1928, Sp. 288 (Palmen); Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 4, Leipzig 1928, Sp. 397 (Fächer)
  5. [1] [2] [3]
  6. [4]
  7. [5]
  8. Zur Siegesfreude vgl. Meyers Lexikon, 7. Aufl., Bd. 9, Leipzig 1928, Sp. 287 (Palme)
  9. [6] [7]
  10. [8], [9]
  11. [10], [11]
  12. Vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 7, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 339 f. (Kordula von Köln)
  13. [12], [13]; vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 6, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 16-18 (Cyriakus vom Rom), dort aber die Palme als Attribut erwähnt
  14. Vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 6, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 365-390 (Georg), hier Sp. 376
  15. [14]; vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 7, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 374 f. (Laurentius von Rom)
  16. [15]; vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 110 f. (Pankratius von Rom)
  17. [16]; vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 239 f. (Quintinus von Vermand), Palmwedel dort aber nicht als Attribut erwähnt
  18. vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 258 (Reginswind von Lauffen am Neckar), dort ohne Nennung von Attributen
  19. Vgl. Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Freiburg i.Br. 1974, Sp. 568-572 (Vinzenz von Zaragoza)
  20. [17]
  21. [18]
  22. [19]
  23. [20]
  24. [21]
  25. [22]
  26. [23]
  27. [24]
  28. [25]
  29. [26]
  30. [27]
  31. [28]
  32. [29]
  33. Vgl. Lexikon der Kunst, Bd. 5, München 1996, S. 304 (Orientalisierende Epoche), S. 396 f. (Palmette)
  34. Vgl. Lexikon der Kunst, Bd. 5, München 1996, S. 397 (Palmsäule)
  35. [30]
  36. [31] [32]
  37. [33]

Literatur

  • Lexikon der Kunst, Bd. 5, München 1996, ISBN 3-423-05906-0
  • Lexikon der christlichen Ikonographie. Begr. von Engelbert Kirschbaum. Hrsg. von Wolfgang Braunfels. 8 Bde., Herder Verlag, Freiburg im Breisgau u.a. 1968-1976, ISBN 3-451-22568-9
 
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