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Zellulosenitrat



Strukturformel
Allgemeines
Name Zellusenitrat
Andere Namen

Nitrozellulose, Schießbaumwolle, Blitzwatte

Summenformel C6H7O2 (ONO2)3 (Trinitrat)
CAS-Nummer 9004-70-0
Kurzbeschreibung weisse faserige Masse
Eigenschaften
Molare Masse 252,14 bis 297,14 g·mol−1 pro Monomereinheit (abhängig vom Nitrierungsgrad)
Aggregatzustand fest
Dichte ca. 1,67 g·cm−3
Schmelzpunkt ca. 185 °C
Siedepunkt (Verpuffung)
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
Leichtentzündlich
F
Leichtent-
zündlich
R- und S-Sätze R: 1-3
S: (2-)16-33-37-39
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Zellulosenitrat ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmackslose Masse. Sie wird umgangssprachlich auch als Nitrozellulose bezeichnet. Diese Bezeichnung ist jedoch falsch, denn sie enthält keine RC-NO2-Bindungen, sondern ist ein Ester der Zellulose mit der Nitrat-Gruppierung RCO-NO2.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die „Schießbaumwolle“ wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein und unabhängig davon im gleichen Jahr auch von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger (1806–1881) entdeckt. Von beiden wiederum unabhängig stellte der Braunschweiger Professor F. J. Otto im gleichen Jahr ebenfalls Schießbaumwolle her und veröffentlichte das Verfahren zum Verdruss von Schönbein und Böttger als erster. (Quelle: Itzehoer Wochenblatt v. 29.10.1846, Spalte 1626 f.)

Gewinnung und Darstellung

Zellulosenitrat wird in der chemischen Industrie durch Umsetzung von Zellulose mit Nitriersäure hergestellt. Formal gesehen handelt es sich um die Reaktion eines Alkohols mit einer Säure zu einem Ester. Der Stickstoffgehalt der herzustellenden Nitrozellulose wird durch Zusammensetzung der Nitriersäure und die Reaktionsdauer geregelt. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75 % handelt es sich dann überwiegend um Zellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75 % um Zellulosedinitrat (Kollodiumwolle).

Nach der Reaktion wird die restliche Nitriersäure mit Wasser ausgewaschen, bis die Nitrozellulose den pH-Wert 7 annimmt, da sonst Spuren von restlicher Salpetersäure eine Selbstentzündung bewirken können. In früherer Zeit ist es in den Fabriken häufig zu Explosionen gekommen, da Verunreinigungen in den Fasern wie die als Nebenprodukt gebildeten Schwefelsäureester Spontanzersetzungen der Nitrozellulose bewirkten. Erst 1864 entdeckte der Engländer Frederick Augustus Abel, dass sie durch eine feuchte Zerkleinerung im Papierholländer völlig stabilisiert werden kann.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

  • Explosionstemperatur: ca. 3100 °C
  • Bleiblockausbauchung: 370 cm³ (nach "Explosivstoffe" 9.Auflage)
  • Schlagempfindlichkeit: 3 Nm
  • Stickstoffgehalt: 14,14 % max. (theoretisch), praktisch 13,5% max
  • Detonationsgeschwindigkeit: 6300 m/s
  • Explosionsstärke: 147 % von TNT
  • Sauerstoffbilanz: -29,8 % (13,5 % Stickstoffgehalt)

Chemische Eigenschaften

Zellulosenitrat verbrennt nach Entzündung augenblicklich – auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff – mit gelblicher Flamme zu CO2, CO, H2O, N2 und H2. Bei der Verbrennung entsteht im Gegensatz zu Schwarzpulver keinerlei für das menschliche Auge sichtbarer Rauch, darum wird Nitrozellulose auch als rauchloses Pulver bezeichnet.


Verwendung

  • Aus Nitrozellulose wurde früher eine Kunstseide, die sogenannte Chardonnet-Seide hergestellt. Aufgrund der bestehenden Feuergefährlichkeit wurde dies jedoch schnell wieder eingestellt.
  • Durch Hinzufügen von Kampfer als Weichmacher entsteht aus Zellulosedinitrat Zelluloid (Kurzzeichen CN). Dieses Material war der erste thermoplastische Kunststoff und wurde trotz seiner großen Feuergefährlichkeit lange Zeit als Träger für fotografische Filme verwendet. Später wurde es durch Zelluloseacetat ersetzt. Diese, bis etwa 1960 währende Verwendung ist heute noch ein großes Problem: Filmarchive aus dieser Zeit sind durch die Neigung des Materials zur Selbstentzündung und Explosion extrem gefährdet und müssen entsprechend gesichert werden. Noch heute werden aber Tischtennisbälle aus Zelluloid hergestellt
  • In Aceton, Essigsäureethylester und anderen Lösungsmitteln gelöst kommt Zellulosedinitrat als das namensgebende Bindemittel in Nitrolack zum Einsatz. Da für die vielfältigen Anwendungsgebiete (z.  B. Flexo- oder Tiefdruckverfahren, Leder- oder Holzlack) unterschiedliche Viskositäten der Nitrolacke erforderlich sind, wird bei Zellulosedinitrat durch Überdruckkochung in Autoklaven die Viskosität abgebaut.
  • In der Pyrotechnik wird Zellulosetrinitrat wegen seiner Raucharmut für Feuerwerkseffekte in geschlossenen Räumen eingesetzt. Es wird in vielen Formen in den Handel gebracht, wie zum Beispiel als Pyrowatte, -papier, -schnur, -flocken oder -chips, die sich durch das Abbrennverhalten voneinander unterscheiden. Auf diesem Gebiet findet sie außerdem als Hauptanteil von rauchschwachen Treibladungspulvern, als Komponente in Raketentreibstoffen, Bergbausprengstoffen, Klebstoffen und Kitten Anwendung.
  • In der Molekularbiologie und Biochemie werden Membranen aus Nitrocellulose bei verschiedenen Blotverfahren verwendet. Siehe: Southern-Blot, Northern-Blot, Western-Blot.

Sicherheitshinweise

Zellulosenitrat unterliegt dem deutschen Sprengstoffgesetz. Hochnitrierte Schießbaumwolle kann bei Schlag, statischer Entladung und schnellem Erhitzen detonieren.

Bei der Einstufung zur Gefahrstoffkennzeichnung gemäß RL 67/548/EWG, wird in Anhang 1 unterschieden zwischen den beiden Nitrierungsstufen „enthält bis 12,6 % Stickstoff“ (leichtentzündlich) und „enthält mehr als 12,6 % Stickstoff“ (explosionsgefährlich); Details zu den jeweils zugehörigen R-/S-Sätzen siehe Tabelle.

Trivia

  • Im Science-Fiction-Roman Von der Erde zum Mond von Jules Verne wird die Mondrakete durch 400.000 Pfund Schießbaumwolle beschleunigt.

Literatur

  • Richard Escales: Die Schiessbaumwolle (Nitrocellulosen). BoD GmbH Norderstedt 2003, ISBN 3-831149542
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Zellulosenitrat aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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