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Milieutherapie



Inhaltsverzeichnis

Milieutherapie in der Psychotherapie und Psychiatrie

Hauptartikel: Therapeutische Gemeinschaft

Milieutherapie ist ein Begriff aus der Psychiatrie und Sozialpsychologie, geht auf den Psychiater und Psychoanalytiker Wilfred Bion zurück und meint: gemeinsamer therapeutischer Prozess im Rahmen einer temporären Lebensgemeinschaft.

Milieutherapie

"Milieutherapie" gestaltet die Institution als eine sogenannt künstliche Familie und nutzt diese auch therapeutisch. Je nach Patient wird das Milieu eher strukturierend, ausgleichend, animierend, reflektierend oder betreuend gestaltet. Eine typische Organisationsform in einer Suchtklinik ist: ein Sozialarbeiter als Leiter des Teams, zwei weitere Sozialarbeiter, ein Psychologe, ein Arzt, ein Lehrer, ein Koch und ein für das Haus Verantwortlicher. Gemeinsam mit den Bewohnern bilden sie einen Rahmen mit schützenden Grenzen: Hausregeln der Gruppen, ein strukturierter Tages- und Wochenablauf, die Teilnahme an bestimmten Gruppenaktivitäten und die Übernahme von häuslichen Diensten. Betreuer und Bewohner sind gleichermaßen eingebunden.

Therapeutisches Milieu

Das "therapeutische Milieu" wurde von Fritz Redl im klinisch-psychiatrischen Bereich entwickelt und 1953 in der Kinderstation in einem großen psychiatrischen Krankenhaus in Bethesda umgesetzt. Grundlage war Redels "pädagogisch-therapeutisches Konzept", das er 1946 im "Pioneer House", einem kleinen Erziehungsheim in einem Elendsviertel von Detroit, einführte.

Redl beschrieb 7 Merkmale für "Therapeutisch" und 12 Merkmale für "Milieu":

Therapeutisch Milieu
  1. Vermeidung schädlicher Einflüsse
  2. Befriedigung von Grundbedürfnissen
  3. Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen
    und subkulturellen, sozioökonomischen ethnischen Perspektive
  4. klinische Elastizität
  5. Ganzheitlichkeit im Zugang auf Heranwachsende
  6. Bereitstellung eines angstfreien Lebensraumes
  7. Verbindung zum Alltag
  1. Schaffung von zuverlässigen, durchschaubaren, vertrauensvollen sozialen Strukturen
  2. Übereinstimmung der vermittelten und gelebten Wertsysteme
  3. Verläßliche Gewohnheiten, Rituale, Verhaltensregeln
  4. Auswirkung des Gruppenprozesses erkennen und beachten
  5. Beachtung der „Verträglichkeit zwischen den Gruppenmitgliedern“
  6. Beachtung der gelebten Einstellungen und Gefühle des Personals
  7. Berücksichtigung des Verhaltens der "anderen"
  8. Auswahl von Tätigkeit im Gesamtkontext der Kinder
  9. Koordination von Raum, Zeit, Ausrüstung mit der jeweiligen Situation
  10. Berücksichtigung der „Außenwelt“
  11. Erwachsene als Mittler zwischen den Heranwachsenden
  12. Therapeutische Elastizität

Therapeutische Gemeinschaft

Die Therapeutische Gemeinschaft, beschrieben von Sigmund Foulkes, ist einerseits ein therapeutisches Feld: die Gesamtheit aller in einem Krankenhaus wirkenden therapeutischen Kräfte. Gleichzeitig ist sie die Gemeinschaft aller Patienten, die sich gegenseitig bei ihrem Therapieprozess unterstützen. Eine Therapeutische Gemeinschaft ist eine Lebensgemeinschaft auf Zeit. Menschen mit vergleichbaren Problemen, entschliessen sich, die Kraft der Gemeinschaft zu nutzen, um sich unter Anleitung von Fachleuten gegenseitig zu "therapieren".

Literatur

  • August Aichhorn: "Verwahrloste Jugend, 1951
  • Bernd Otto: Bruno Bettelheims Milieutherapie, 1993, ISBN 3892713871
  • Fritz Redl: Erziehung schwieriger Kinder, 1987, ISBN 3492106641
  • Donald W. Winnicott: Reifungsprozesse und fördernde Umwelt, 1974, ISBN 3463006022

Milieutherapie in der Geriatrie

Die Milieutherapie meint in der Geriatrie die Anpassung der materiellen und sozialen Umwelt an die veränderte Wahrnehmung, Empfindung und Kompetenzen von dementen Patienten.

Theorie

In der Milieutherapie wird davon ausgegangen, dass im Alter generell und besonders bei dementen Menschen die Umweltkompetenz laufend abnimmt. Die Umweltkompetenz benötigt ein Mensch, um sich in seiner Umwelt zu Recht zu finden. Auf der anderen Seite stehen die Umweltanforderungen, die es dem dementen Patienten zunehmend schwer machen, sich in seiner Umwelt zu Recht zu finden. Im Normalfall stehen Umweltkompetenz und Umweltanforderungen in einem Gleichgewicht, welches dem Menschen ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Lebenszufriedenheit beschert. Gerät nun dieses Gleichgewicht durch Demenz oder durch hohes Alter aus der Waage, so kann dies durch Förderung von Ressourcen oder durch die Anpassung der Umwelt an die Umweltkompetenz des Menschen wieder behoben werden. Bei dementen Menschen ist das Fördern von Ressourcen leider nur bedingt möglich, also werden die Umweltanforderungen den Umweltkompetenzen angepasst. Diese Anpassung geschieht über den Abbau von Überforderungsquellen und der Ausstrahlung von Geborgenheit und Sicherheit.

Die Milieutherapie besteht aus drei Kernelementen:

Soziale Umgebung

Der Pflegende sollte mit dem Patienten eine persönliche Beziehung aufbauen, um für den dementen Menschen als Bezugsperson zur Verfügung zu stehen. Hierzu sollte der Pflegende dem dementen Menschen wie jedem anderen Menschen mit Respekt, Akzeptanz, Bestätigung und Partnerschaftlichkeit gegenüber treten. Die Kommunikation gegenüber dem dementen Menschen sollte angepasst sein, um ihn nicht zu überfordern. Hier gilt, über deutliche und kurze Sätze aber auch über Berührung und Blickkontakt den Patienten anzusprechen. Das frühere soziale Umfeld sollte ebenfalls mit in den Umgang mit einbezogen werden, um keinen Bruch zum früheren Leben hervor zu rufen. Um dem Pflegenden diese Anforderungen zu erleichtern, bezieht das Konzept auch das Arbeitsklima mit ein. Hier gilt: Arbeitszufriedenheit erhöhen, um dem Pflegenden das Pflegen zu erleichtern.

Tagesstrukturierung

Aufgrund gestörter zeitlicher und örtlicher Orientierung sollte bei dementen Menschen ein fest strukturierter Tagesablauf eingeführt werden. Jeder Tag sollte hier gleich strukturiert sein, um ein Gefühl der Sicherheit zu geben. In dem Tagesablauf sollten sich Phasen der Aktivität und der Ruhe abwechseln. In den Aktivitätsphasen sollte den Patienten eine Aufgabe gestellt werden die ihn weder Überfordern noch unterfordern. Die Aktivitäten sollten möglichst in einer Gruppe absolviert werden, um dem Gefühl sozialer Isolation vorzubeugen.

Architektonische Umgebung

Primär sollte die räumliche Umgebung die Funktion Schutz und Aktivierung erfüllen. Dies geschieht über offene und überschaubare Räumlichkeiten die den zwischenmenschlichen Kontakt fördern. Weiterhin sollen die offenen Räume dem Bewegungsdrang von dementen Patienten keine Grenzen aufweisen. So sind Rundgänge oder Endlosflure für den Bewegungsdrang ideal. Die Einrichtung sollte möglichst aus der vorherigen Wohnung des Patienten stammen, um ihm so über vertrauten Möbel oder Bilder ein Gefühl des Daheim seins zu geben. Um die zeitliche Orientierung zu erleichtern, sollte eine helle Umgebung am Tage gewährleistet sein. Weiterhin sollte die Umgebung geräuscharm sein, um den Patienten nicht einem zu hohen Maß an Reizen auszusetzen. Die Aktivität der Bewohner wird durch das zur Verfügung stellen von Beschäftigungsmöglichkeiten gefördert. Dies geschieht etwa über offene und frei zugängliche Regale oder Schränke, an denen sich der Bewohner selbst bedienen kann.

Literatur

  • Edgar Heim: Praxis der Milieutherapie, 1985
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Milieutherapie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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