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Medizintheorie



Die Medizintheorie, oder Theorie der Medizin, ist im engeren Sinne die Wissenschafts- und Praxistheorie der Medizin. Sie beschäftigt sich mit den begrifflich-sprachlichen, logischen, methodologischen, erkenntnistheoretischen und handlungstheoretischen Problemen, Grundfragen und Grundlagen der Medizin als Forschung und Praxis. Somit stellt sie eine Metatheorie und Methodologie der Medizin dar. Ihr Gegenstandsbereich sei an einigen Beispielen skizziert:

  • Wie, d.h. durch welche Argumentationsmethoden, gelangt der Arzt von den Beschwerden des Patienten zu einer Diagnose über ihn?
  • Was ist überhaupt eine Diagnose? Welche Syntax und Semantik hat sie, was sind ihre pragmatischen Entstehungsbedingungen und Folgen?
  • Warum sind so viele ärztliche Diagnosen (20-40%) falsch? Wie lässt sich eine Methodologie der Diagnostik entwickeln und lehren, um die Fehldiagnosen zu reduzieren?
  • Was heißt "krank"? Was heißt "gesund"?
  • Warum hat die Medizin weder einen allgemein anerkannten und verbindlichen Krankheitsbegriff noch einen allgemein anerkannten und verbindlichen Gesundheitsbegriff? Wie lassen sich solche begriffe entwickeln und lehren?
  • Ist ein ärztliches Urteil, dass jemand "krank" oder "gesund" sei, ein Werturteil oder ein Tatsachenurteil?
  • Was ist eine medizinische Erkenntnis und eine medizinische Theorie? Wie lassen sich medizinische Erkenntnisse und Theorien empirisch stützen, entkräften, widerlegen?
  • Welche Rolle spielt die unvermeidliche Vagheit der medizinischen Sprache bei der Unzuverlässigkeit medizinischer Diagnosen, Prognosen, Therapien, Erkenntnisse?
  • Was sind, wissenschafts- und erkenntnistheoretisch gesehen, die Gründe für die Differenzen und Streitigkeiten zwischen der evidenzbasierten Medizin und den "alternativmedizinischen" Heilkunden wie Homöopathie, anthroposophischer Medizin, chinesischer Medizin u.a.?
  • Welcher Heilkunde können und dürfen wir als Patienten vertrauen? Was sind die Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit einer Heilkunde? Die Größe ihrer Gefolgschaft, ihre Ausdehnung, ihre Machtposition in der Gesellschaft und im Staat? Ihre Erfolgsquoten? Erfolg in welchem Sinne und wie beurteilt und gemessen?

In einem weiteren Sinne des Wortes bezieht die Medizintheorie auch zwei zusätzliche Bereiche ein: Erstens die Rolle des ärztlichen Bewertens in der Forschung und Praxis, also die medizinische Werttheorie, die üblicherweise als medizinische Ethik und Metaethik bezeichnet wird; und zweitens die empirische Erforschung der Entstehung des medizinischen Wissens und der Genese des diagnostisch-therapeutischen Verhaltens des Arztes (der Ärzte), was man als die Wissenschaftswissenschaft der Medizin bezeichnen könnte. Zählt man zusätzlich noch und sinnvollerweise die Medizingeschichtsforschung als eine Retrospektive der Medizin zu der Wissenschaftswissenschaft der Medizin, erhalten wir dann schließlich einen Begriff der Medizintheorie im weiteren Sinne, der insgesamt Folgendes umfasst: Wissenschaftstheorie der Medizin, Praxistheorie der Medizin, Medizinische Ethik und Metaethik, Wissenschaftswissenschaft der Medizin, die Medizingeschichtsforschung einschließend.

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Medizintheorie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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