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Lothar Stengel-von Rutkowski



Lothar Stengel-von Rutkowski (* 3. September 1908 in Hofzumberge, heute Tērvete, Lettland, † 1991 in Korbach, Deutschland) war Arzt, nationalsozialistischer Rassentheoretiker und Dichter.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Lothar von Rutkowski entstammte einer hoch angesehenen Familie in Lettland, aus der zahlreiche Wissenschaftler und Pfarrer hervorgingen. Sein Vater war der evangelische Pfarrer Arnold von Rutkowski, seine Mutter Elisabeth von Bahder. Im Alter von 8 Jahren musste er die Ermordung seiner Eltern durch die Bolschewiki erleben. Sein späterer Einsatz für die Nationalsozialisten wird teilweise auf diese traumatische Erfahrung zurückgeführt. Zusammen mit seinem Bruder übersiedelte er nach Deutschland, wo er in Marburg an der Lahn vom Historiker Edmund E. Stengel adoptiert wurde. Er studierte Medizin in Wien, Marburg und Jena und wurde mit seiner Arbeit „Die Fortpflanzung der thüringischen Bauern“ graduiert. Mit der „Rassenfrage“ begann er sich nach 1927 zu beschäftigen und studierte die Werke von Fritz Lenz und Hermann Muckermann[1].

Von 1930 bis 1934 war Stengel-von Rutkowski Leiter der Rassenhygienischen Abteilung des Rasse- und Siedlungshauptamtes in München. Bei der Gründung des Rassenamtes war er im Referat für Gesundheitszeugnisse zuständig. 1933 wurde er Abteilungsleiter im Thüringischen Landesamt für Rassewesen. 1934 erfolgte der Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 223102). Am 24. März 1934 folgte die Ernennung zu SS-Untersturmführer (SS-Nummer 3683) und am 12. September 1937 seine Ernennung zum SS-Hauptsturmführer.

1934 heiratete er Monika Hoppe. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor.

An der Universität Jena war er enger Mitarbeiter von Karl Astel und unter diesem als Medizinalrat und Abteilungsleiter beim Thüringischen Landesamt für Rassenwesen tätig. Mit dem Rassentheoretiker Hans F. K. Günther war Rutkowski eng befreundet. Unter Astel avancierte Stengel-von Rutkowski zu den charismatischsten Hauptprotagonisten einer „Deutschen Biologie“ und „Deutschen Philosophie“. Mit seinen radikalen „pseudo-biophilosophischen“ und rassentheoretischen Aussagen in seinen Publikationen beeinflußte er große Teile der Bevölkerung. [2] 1936 wurde er als Richter an das Jenaer Erbgesundheitsgericht berufen.[3]

1940 war er Dozent für Rassenhygiene, Kulturbiologie und rassenhygienische Philosophie an der Medizinischen Fakultät. Im gleichen Jahr wurde er stellvertretender Gaudozentenführer.[4] Mit seiner Arbeit „Was ist ein Volk?“ wurde er 1941 habilitiert. Eine der Aufgaben Stengel-von Rutkowskis war es, für die SS in Jena „eine große Sammelstätte aller für die Geschichte der Rassenidee bedeutungsvollen Dokumente“ einzurichten. In diesem Zusammenhang sammelte er Dokumente von Wilhelm Schallmayer, Alfred Ploetz und Ernst Rüdin.[5]. Neben der Verbreitung rassenhygienischen und kulturbiologischen Gedankengutes setzte sich Stengel-von Rutkowski auch für die Ideen Ernst Haeckels ein. [6]

Stengel-von Rutkowski war Mitherausgeber von Jakob Wilhelm Hauers Zeitschrift "Deutscher Glaube. Monatsschrift für arteigene Lebensgestaltung, Weltschau und Frömmigkeit", die zwischen April 1934 und Februar 1944 erschien.

Mit Beginn des II. Weltkrieges wirkte er als SS-Militärarzt in Serbien und später freiwillig in Leningrad. Er geriet für 2 Jahre in russische Kriegsgefangenschaft, wurde jedoch nicht als SS-Angehöriger identifiziert und nach Deutschland entlassen.

Wieder zurück in Deutschland, war seine Ehe zerrüttet. Die Scheidung erfolgte 1950. Beruflich war er nach 1945 als Medizinalrat am Gesundheitsamt in Korbach sowie als praktischer Arzt tätig.

Zusammen mit Jakob Wilhelm Hauer gründete Stengel-von Rutkowski am 4. April 1956 die „Freie Akademie“ (Eintragung in das Vereinsregister am 6. Januar 1957 in Nürnberg) und war deren „wissenschaftlicher Sekretär“. Nach Hauers Tod 1962 wurde er Vorsitzender der Akademie.[1].

Eine Schwiegertochter Lothar Stengel-von Rutkowskis ist die Humangenetikerin Sabine Stengel-Rutkowski, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Mitglied der Bioethik-Kommission Bayern.

Veröffentlichungen

  • Grundzüge der Erbkunde und Rassenpflege - Langewort Verlag, Berlin Lichterfelde 1934
  • Hans F. K. Günther, der Vorkämpfer für den nordischen Gedanken – Eher Verlag, München 1936
  • Das Reich dieser Welt. Lieder und Verse eines Heiden – Wölund Verlag, Erfurt 1937 (Gedichte)
  • Deutsch auch im Glauben – Verlag Sigrune, Erfurt 1939
  • Die unterschiedliche Fortpflanzung der 20000 thüringischen Bauern – Lehmann Verlag, München 1939
  • Der Gang durch das Jahr. Lyrische Aquarelle – Verlag Sigrune, Erfurt 1939 (Gedichte)
  • Was ist ein Volk? Der biologische Volksbegriff. Eine kulturbiologische Untersuchung seiner Definition und seiner Bedeutung für Wissenschaft, Weltanschauung und Politik., Kurt Stenger Verlag, Erfurt 1940 (Habil-Schr.)
  • Wissenschaft und Wert - Fischer Verlag, Jena 1941.
  • Von Allmacht und Ordnung des Lebens - Nordland Verlag, Berlin 1942
  • Das naturgesetzliche Weltbild der Gegenwart – Nordland Verlag, Berlin 1943
  • Spur durch die Dünen der Zeit – Verlag Marburger Spiegel, Marburg 1958 (Gedichte)
  • Die Gesichte des Einhorns - Hohenstaufen Verlag, Bodman 1968 (Gedichte)
  • Auf der Suche nach neuen weltanschaulichen Behausungen – Wirklichkeit und Wahrheit, Heft 3/74
  • Lebensreligion und Wertidealismus – Tübingen, Studien zur Arbeit der Freien Akademie 24, 1977
  • Die Arbeit der freien Akademie 1956 - 1976, in: "Wirklichkeit und Wahrheit2, 1977, Heft 2
  • Vogelflug und Seinsminute - Hohenstaufen Verlag, Bodman 1978 (Gedichte)
  • Im Spiegel des Seins – Hohenstaufen Verlag, Bodman 1983 (Gedichte)
  • Der Wanderer. Bilder zwischen Tag und Traum.Gedichte - Edition L, Lossburg 1988 (Gedichte)
  • Zaubereien in Bild und Wort – Verlag Hagel, Korbach 1990

Literatur

  • Der Brief als wissenschaftshistorische Quelle, Erika Krauße (Hg.). - Berlin: VWB - Verl. für Wissenschaft u. Bildung, 2005. - X, 206 S. : Ill. - (Ernst-Haeckel-Haus-Studien ; Band 8) und hier insbesondere der Aufsatz von Uwe Hoßfeld: Nationalsozialistische Wissenschaftsinstrumentalisierung: Die Rolle von Karl Astel und Lothar Stengel von Rutkowski bei der Genese des Buches von (Heinz Brücher) Ernst Haeckels Bluts- und Geisteserbe (1936). ISBN 3-86135-488-8
  • Wolfgang Ritter, Der Lyriker Lothar Stengel-Von Rutkowski: Ein Wanderer Zwischen Natur Und Geist, Verlag Loßburg, Januar 1992, ISBN 3-927932-61-2
  • Gerd Simon: "Art, Auslese, Ausmerze..." etc. Ein bisher unbekanntes Wörterbuch-Unternehmen aus dem SS-Hauptamt im Kontext der Weltanschauungslexika des 3. Reichs, Gesellschaft für interdisziplinäre Forschung, Tübingen 2000, Online-Version
  • Literatur von und über Lothar Stengel-von Rutkowski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Fußnoten

  1. a b Schaul Baumann: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 2005, ISBN 3-927165-91-3, S. 173
  2. Uwe Hoßfeld, Rassenkunde und Rassenhygiene an der Universität Jena im Dritten Reich In: Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit, Karen Bayer, Frank Sparing und Wolfgang Woelk (Hrsg), Steiner Verlag 2004, S.212
  3. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt a.M., 2003 (2. überb. Aufl.), S.601f., ISBN 3-10-039309-0
  4. Klee, aaO, S.602
  5. Paul Weindling: Health, Race and German Politics between National Unification and Nazism, 1870-1945. New York: Cambridge University Press, 1993 ISBN 052142397X, S. 498
  6. Uwe Hoßfeld, Rassenkunde und Rassenhygiene an der Universität Jena im Dritten Reich In: Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit, Karen Bayer, Frank Sparing und Wolfgang Woelk (Hrsg), Steiner Verlag 2004, S.213


 
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