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Hans-Gerhard Creutzfeldt



Hans-Gerhard Creutzfeldt-Dobis (* 2. Juni 1885 in Harburg, heute zu Hamburg; † 30. Dezember 1964 in München) war ein deutscher Neurologe. Hans-Gerhard Creutzfeldt beschrieb 1920 die auch nach ihm benannte Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

Leben

Creutzfeldts Vater war Arzt. Creutzfeldt studierte Medizin an der Universitäten von Jena, Rostock und Kiel, wo er 1909 promovierte. Als ausgebildeter Schiffsarzt unternahm Creutzfeldt große Fernreisen. 1912 entschied sich Creutzfeldt, Hirnforscher zu werden. Er arbeitete im St. Georg Krankenhaus in Hamburg, im Neurologischen Institut von Frankfurt am Main, an den psychiatrisch-neurologischen Kliniken von Breslau, Kiel und Berlin und an der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München. Im Ersten Weltkrieg war Creutzfeldt als Marinesanitätsoffizier eingesetzt.

An der Universitäts-Nervenklinik in Breslau erforschte Creutzfeldt 1913 die Symptome einer bis dahin unbekannten Krankheit und die von ihr ausgelösten pathologischen Veränderungen im Gehirn. 1920 veröffentlichte Creutzfeldt erstmals zu dieser Krankheit, kurz vor dem Hamburger Neurologen Alfons Maria Jakob. 1922 wurde die Bezeichnung Creutzfeldt-Jakob-Krankheit eingeführt.

Creutzfeldt habilitierte sich 1920 in Kiel und arbeitete als erster Assistenzarzt an der dortigen Psychiatrischen und Nervenklinik unter Ernst Siemerling. In Kiel wandte sich Creutzfeldt der Neuropathologie zu, er konnte zwei entzündliche Erkrankungen des Gehirns erstmals beschreiben. 1924 wechselte er als erster Oberassistenzarzt an die Berliner Charité unter Karl Bonhoeffer und leitete das dortige hirn-anatomische Laboratorium. 1925 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. 1938 wurde Creutzfeldt auf den Kieler Lehrstuhl für Neurologie und Psychiatrie berufen und übernahm gleichzeitig die Leitung der dortigen Nervenklinik.

Creutzfeldt war verheiratet, aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor: Otto (1927–1992) war ein Neurologe, Werner (1924–2006) war Ordinarius für Innere Medizin in Göttingen, wo er sich vor allem der Erforschung gastrointestinaler Hormone widmete.

In der Zeit des Nationalsozialismus trat Creutzfeld der NSDAP nicht bei. Seine politische Haltung wird als „reserviert, aber nicht unterschiedslos ablehnend“[1] beschrieben, er galt als „deutsch-national“.[2] Er war Anwärter des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes und förderndes Mitglied der SS. Als ärztlicher Beisitzer am Erbgesundheitsobergericht Berlin war er an Entscheidungen über Zwangssterilisierungen beteiligt. Während der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programme Aktion T4 und Aktion Brandt wurden 605 Patienten der Kieler Klinik in Landeskrankenhäuser verlegt. 135 dieser Patienten wurden in Tötungsanstalten deportiert, von diesen wurden mindestens 65, wahrscheinlich jedoch über 100 ermordet.[3] Sich selbst sah Creutzfeld als einen entschiedenen „Gegner der Irrenmorde“.[4] Creutzfeldt erstattete zudem Gutachten in Militärgerichtsverfahren. Durch seine Gutachten sollen Menschen vor der Hinrichtung bewahrt worden sein. Andererseits soll es auch mindestens einen Fall geben, in dem sein Gegengutachten zur Hinrichtung eines Marinesoldaten führte.

Nach Kriegsende war Creutzfeldt für sechs Monate Rektor der Universität. Seine Bemühungen, die Universität wieder aufzubauen, verursachen einige Konflikte mit der britischen Besatzungsmacht, die ihm vorwarf, zu viele tatsächlich oder potentiell als Kriegsverbrecher belastete Dozenten eingestellt zu haben. Er wurde von der britischen Militärregierung einiger Ämter enthoben, als er sich einer Anordnung zur Begrenzung bei den Neu-Immatrikulationen von ehemaligen Wehrmachtsoffizieren widersetzte.

1953 ging Creutzfeldt nach seiner Emeritierung nach München und arbeitet dort an einem Forschungsauftrag der Max-Planck-Gesellschaft. Im Dezember 1954 machte er den Präsidenten des Landessozialgerichts in Schleswig schriftlich darauf aufmerksam, dass es sich bei dem am Gericht als Gutachter beschäftigten Arzt Fritz Sawade tatsächlich um Werner Heyde handele.[5] Heyde war von 1939 bis 1941 medizinischer Leiter der Aktion T4 und wurde wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von Behinderten und psychisch Kranken polizeilich gesucht. Der Gerichtspräsident reichte Creutzfeldt das Schreiben zurück, ohne gegen Heyde vorzugehen. Auch Creutzfeldt unterließ es, seine Kenntnisse den Fahndungsbehörden mitzuteilen. Heyde konnte noch bis November 1959 als Gutachter praktizieren.

Creutzfeldt verstarb im Dezember 1964 in München.

Einzelnachweise

  1. Jörn Henning Wolf: Creutzfeldt
  2. Michael Legband: Gefangen im System
  3. Zahlenangaben bei Jörn Henning Wolf: Creutzfeldt
  4. Creutzfeld in einem Schreiben an die Kieler Kriminalpolizei vom 30. Oktober 1945, zitiert bei Michael Legband: Gefangen im System
  5. Klaus-Detlef Godau-Schüttke: Die Heyde/Sawade-Affäre. Wie Juristen und Mediziner den NS-Euthanasieprofessor Heyde nach 1945 deckten und straflos blieben. 2. Auflage. Nomos, Baden-Baden, 2001. ISBN 3-7890-7269-9. Seite 132-149
 
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