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Evolutionäre Spieltheorie



Eine neuere Entwicklung im Bereich der Spieltheorie stellen die evolutionären Spiele dar. Der Ursprung dieser Art von Spieltheorie stammt von Biologen. Seit der Pionierarbeit von John Maynard Smith und George R. Price, sowie Robert Axelrod, steht dort eine Erklärung von Verhaltensmustern in Tierpopulationen durch natürliche Selektion im Vordergrund. Die Grundidee ist, dass erfolgreiche Verhaltensmuster sich ausdehnen und weniger erfolgreiche ausdünnen. Dies schließt jedoch interessanter Weise auch eine Koexistenz von Verhaltensmustern nicht aus.

Motiviert wurde dieser Ansatz u. a. durch die in vielen Tierpopulationen gemachte Beobachtung, dass selbst schwer bewaffnete Tiere in Revier- und Paarungskämpfen ihre Waffen nur in den seltensten Fällen einsetzen, um einen Rivalen tödlich zu verletzen. In der älteren biologischen Forschung (z.B. Thomas Henry Huxley, Konrad Lorenz) wurden diese Phänomene noch durch das Prinzip der Erhaltung der eigenen Art erklärt, das friedliches Verhalten gegenüber Rivalen der eigenen Art postulierte. Von dieser eher metaphysisch anmutenden Erklärung, die einer biologischen Spezies eine das Individuum transzendierende Rationalität zumaß, ist man in den letzten Jahren abgerückt.

Es wurde in mehreren Arbeiten gezeigt, dass spieltheoretische Überlegungen helfen können, die oben angesprochenen Phänomene zu erklären. Dabei ist die Übertragung spieltheoretischer Konzepte auf die Erklärung biologischer Phänomene nicht unumstritten, da spieltheoretische Konzepte zunächst für die Interaktion von bewusst handelnden Akteuren entwickelt wurden. Aus diesem Grunde verweisen manche Spieltheoretiker die Theorie der evolutionären Spiele aus dem Bereich der Spieltheorie im engeren Sinne.

Inhaltsverzeichnis

Untersuchungsfelder der evolutionären Spieltheorie

Die Modelle der evolutionären Spieltheorie

Die evolutionären Theoriemodelle weichen von der 'normalen' Spieltheorie zunächst recht deutlich ab. Der grundsätzliche Ansatz unterstellt nämlich quasi das Gegenteil des rationalen Handelns mit der steten Suche nach optimierenden Lösungen.

Hier suchen die Spieler keine Lösung. Diejenigen, die eine weniger erfolgreiche Strategie haben, scheiden ganz einfach aus der Population im Laufe der Zeit aus. Dies bedeutet, dass diese Theorie mit einem extrem beschränkt rationalen Entscheidungsverhalten startet. Es bleibt jedoch insofern rational, als der Anteil von Spielern mit einer erfolgreichen Strategie wächst. Die Rationalitätslösung ergibt sich somit nicht aus der Voraussicht rationaler Akteure, sondern ist Folge eines Selektionsmechanismus. Dies kann als Lernen interpretiert werden. Dieses Lernen findet dann aber auf der Ebene der gesamten Population der Spieler statt. Über das Lernen eines bestimmten Spielers werden dabei jedoch keine Aussagen getroffen.

Auch die bewusste Wahl einer Strategie in dem Wissen um Interaktion mit anderen Spielern steht in der evolutionären Spieltheorie ganz im Hintergrund. Stattdessen haben die Spieler im evolutionären Kontext automatenhaft bestimmte Verhaltensmuster und die zentrale Frage zielt darauf ab, welche Verhaltensmuster in welchem Ausmaß im Spiel 'überleben' und welche neuen Verhaltensmuster (Strategien) in das Spiel erfolgreich eindringen können.

Zur Bedeutung der evolutionären Spieltheorie

In letzter Zeit spielen Argumente der evolutionären Spieltheorie eine immer größere Rolle bei der Modellierung des Lernens in Spielen. Hier ist es insbesondere der Aspekt der beschränkten Rationalität von Spielern, der die Übernahme von Elementen evolutionärer spieltheoretischer Modelle reizvoll macht. Die evolutionäre Spieltheorie ist also auf keinen Fall auf die Beschreibung biologischer Phänomene beschränkt, sie durchdringt in zunehmender Weise auch Gebiete der Spieltheorie, die zwar bewusst handelnde, aber nicht immer vollständig rationale Spieler zum Gegenstand haben.

Beispiel

Eines der berühmtesten Beispiele für evolutionsstabile Strategien ist das Falke-Taube-Spiel. Das Falke-Taube-Spiel modelliert den Wettkampf um eine Ressource (Revier, Partner, Nistplatz, ...). Der Name des Spieles ist jedoch irreführend: Es geht hier nicht um die Auseinandersetzung zwischen zwei verschiedenen Tierarten, sondern die Namen 'Falke' und 'Taube' stehen stattdessen für zwei Verhaltensweisen, welche die Tiere einer Art in einem Wettkampf benutzen können:

- Taube: friedliche Verhaltensweise

- Falke: aggressive Verhaltensweise

Die Frage ist dann, welche dieser Verhaltensweisen sich in einer Bevölkerung durchsetzen wird oder ob sich beide in der Bevölkerung halten können.

Siehe auch

  • Conways 'Spiel des Lebens' und die zelluläre Automatentheorie
  • Evolutionäre Algorithmen

Literatur

  • Smith, John Maynard: Evolution and the Theorie of Games; 1982
  • Axelrod, Robert: Die Evolution der Kooperation, 1985
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Evolutionäre_Spieltheorie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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