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Partikeltherapie



Die Partikeltherapie ist ein Verfahren der Strahlentherapie, bei dem im Rahmen einer Krebsbehandlung der Tumor mit hochenergetischer Teilchenstrahlung (i. d. R. Protonen oder Kohlenstoffionen) bestrahlt wird. Die Teilchen werden in einem Zyklotron oder Synchrotron beschleunigt. Für Kohlenstoffionen ist ein Synchrotron-Beschleuniger notwendig, um akzeptable Eindringtiefen (bis 30 cm) zu erreichen.

Der Vorteil der Partikeltherapie gegenüber der konventionellen Strahlentherapie mit Gammastrahlen ist das völlig andere Eindring-Verhalten der Partikel. Die Wechselwirkung der eingebrachten Partikel mit dem Gewebe ist stark geschwindigkeitsabhängig: Die Energieabgabe ist umgekehrt proportional zum Geschwindigkeitsquadrat. Beim Durchgang durch das Gewebe werden die Teilchen also kontinuierlich um so stärker abgebremst, je tiefer sie eindringen. Solange sie hohe Geschwindigkeit (Energien > 50 MeV/u) besitzen, ist ihre Wirkung nur relativ gering. Erst am Ende ihrer Reichweite entfalten sie ihre starke Wirkung. Dort nimmt die Wirkung auf einer Strecke von wenigen Millimetern sehr stark zu, um danach auf Null (bei Protonen) bzw. fast auf Null (bei Kohlenstoffionen)abzufallen. Das dabei erzeugte Tiefendosisprofil bezeichnet man als Bragg-Peak. Die Energie des Teilchens beim Verlassen des Beschleunigers regelt die Eindringtiefe und den Ort des Wirkungsmaximums. Dieses Verhalten ermöglicht es, in dem Tumor eine sehr hohe Strahlendosis zu deponieren unter gleichzeitiger Schonung des umgebenden Gewebes bzw. von Risikoorganen. Weil sich der Partikelstrahl auch quer zur Strahlrichtung mit Elektro-Magneten schnell ablenken lässt, kann mit dem magnetischen Raster-scan Verfahren (kombiniert mit der Energievariation) das Zielvolumen schichtweise abgescannt werden und damit eine extrem Tumor-konforme Bestrahlung erzielt werden. Dies ist der Hauptvorteil gegenüber der konventionellen Bestrahlung mit Photonen.

Bei Kohlenstoffionen ergibt sich noch ein starker zusätzlicher Vorteil: Durch die hohe lokale Ionisationsdichte am Ende der Reichweite, treten häufiger korrelierte Schäden (hauptsächlich an den DNA-Strukturen) im Zielvolumen auf, wodurch sich die DNA der Krebszellen schlechter von Reparaturenzymen reparieren lässt als im davorliegenden gesunden Gewebe (Eindringkanal). Dieser Effekt bewirkt einen Einstieg der Effizienz der Dosis von ca. Faktor 1,5 - 3 im Zielvolumen. Der Effekt ist typisch für Partikel wie Kohlenstoff oder Sauerstoff. Die leichten Protonen oder Photonen besitzen ihn nicht (Photonen) oder nur sehr schwach (Protonen).

Aufgrund der hohen apparativen Anforderungen (Zyklotron oder Synchrotron) befindet sich dieses Verfahren noch in der frühen Anwendung. Weltweit sind erst einige Zehntausend Patienten mit Protonen und nur einige Tausend Patienten mit Partikeln schwerer als Protonen (meist Helium und Kohlenstoff) bestrahlt worden. In Deutschland wird die bislang einzige Anlage bei der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt betrieben. Diese Anlage ist jedoch keine echte klinische Einrichtung, weil dort nur 30-50 Patienten pro Jahr behandelt werden.

Ausblick

Protonen und schwere Ionen wie Kohlenstoff besitzen im Vergleich zu anderen Strahlenarten sehr günstige physikalische Eigenschaften und versprechen optimale Therapieergebnisse. Ionen zeichnet eine physikalische Präzision der Dosisverteilung in der Körpertiefe aus. Kohlenstoff-Ionen haben außerdem noch eine erhöhte biologische Wirksamkeit im Zielvolumen. Sie bieten sich daher an, um auch für problematische Fälle (bösartige Tumore, die aufgrund ihrer Nachbarschaft zu empfindlichen Organen weder der Chirurgie noch der herkömmlichen Strahlentherapie zugänglich sind) eine lokale, auf heilende Wirkung zielende Therapietechnik zu entwickeln. Nach dem derzeitigen Stand der klinischen Forschung zeichnet sich ein Vorteil ab für hoch ionisierende Strahlung (Kohlenstoff-Ionen) zur Behandlung bestimmter bösartiger Tumore der Hauptspeicheldrüsen, von Adenokarzinomen der Prostata, Weichteilsarkomen, Lokalrezidiven des Rektums und von adenoidzystischen Tumoren der Nasenhöhlen. Die Strahlentherapie mit Protonen ist für oberflächennahe Tumore gut geeignet, wie Aderhautmelanome, Chordome und Chondrosarkome, und zeigt positive Ansätze bei Oesophaguskarzinomen, hepatozellulären Tumoren, Adenokarzinomen der Prostata, Meningiomen und Hypophysentumoren. Da die deponierte Gesamtdosis bei der Strahlentherapie mit Ionenstrahlen geringer ist als bei der konventionellen Bestrahlung mit Röntgen- oder Gammastrahlung oder bei der Neutronenstrahlung, ist die Ionentherapie für nahezu alle Tumore, die strahlentherapiert werden, das vorteilhaftere Konzept, so auch für Tumore der Hauptspeicheldrüsen, der Nasenhöhlen, des Zentralen Nervensystems der nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome, und Tumoren bei Kindern. Ob Protonen oder Kohlenstoff-Ionen die klinisch optimalen Teilchenstrahlen sind, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Klar ist aber, dass die Teilchentherapie mit Protonen, vor allem aber mit Kohlenstoff-Ionen, erheblich besser ist als die Neutronentherapie.

Stand in Deutschland Oktober 2007:

In München steht eine fertige klinische Anlage zur Protonentherapie bereit, um durch die Behörde abgenommen zu werden. Jedoch verzögerte sich die Inbetriebnahme wegen schwerwiegenden geschäftlichen Differenzen zwischen dem Betreiber (Pro Health AG) und dem Hersteller (ACCEL Instruments). Mittlerweile hat die Firma VARIAN - einer der weltweit größten Hersteller im Bereich der Strahlentherapie - die Firma ACCEL Instruments übernommen und soll die Münchner Anlage für den Patientenbetrieb fertigstellen. Eine Prognose für den Inbetriebnahmezeitpunkt gibt es zur Zeit nicht.

Eine weitere Partikeltherapie-Anlage (für Kohlenstoff und Protonen) hat das Heidelberger Universitätsklinikum mit Unterstützung der GSI Darmstadt und Siemens errichtet. Das Gebäude ist fertiggestellt und alle wesentlichen technischen Anlagen sind installiert. Geplanter Patientenbetrieb: Frühjahr 2008.

In Essen wird zur Zeit eine Protonentherapie-Analage in einem sogenannanten PPP-Modell errichtet. Lieferant für den technischen Teil des Zentrums ist die belgische Firma IBA. Geplanter Start für den Patientenbetrieb ist in 2010.

Ein weitere Anlage zur Partikeltherapie wird zur Zeit von der Rhön-Klinikum AG zusammen mit der Siemens AG in Marburg errichtet (Vertragsabschluss September 06). Siemens liefert den technischen Teil der Anlage. Ab 2010 soll die kombinierte Protonen/Kohlenstoff-Therapie-Anlage für den Patientenbetrieb bereit sein.

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Partikeltherapie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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