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Organhandel



Unter Organhandel versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch den illegalen Handel mit menschlichen Organen lebender Spender zum Zweck der Transplantation, vor allem von Nieren. Es gibt im gewissen Umfang auch einen Markt für Organmaterial Verstorbener, der in den meisten Staaten legal ist und der in der Regel nicht gemeint ist (vgl. Organbank).

Im Gegensatz zu der erlaubten Organspende an Verwandte oder andere nahestehende Personen ist es in den Ländern der Europäischen Union und in den USA bei Strafe verboten, Lebendspenden gegen Belohnung anzubieten, zu organisieren oder durchzuführen. Auch viele Staaten der Dritten Welt (z. B. Indien) haben ähnliche gesetzliche Regelungen.

Grundlage der dennoch seit etwa 1980 aufgetretenen mafiösen Strukturen ist der weltweite erhebliche Mangel an Organspendern. Auch in Europa sterben 15 bis 30 % der Patienten auf den Transplantationslisten, bevor sie ein Organ erhalten können. Etwa 40.000 Menschen warten in Europa auf eine neue Niere, durchschnittlich 3 Jahre lang. Gleichzeitig bieten erfolgreiche Transplantationen immer bessere Überlebenschancen für die Empfänger; die 5-Jahres-Überlebensrate erreicht mittlerweile 70 %. Organe von lebenden Spendern sind in der Regel erfolgreicher als solche von Verstorbenen.

Inhaltsverzeichnis

Dritte Welt

Vorwiegend aus den allerärmsten Ländern wird dennoch immer wieder berichtet, dass Organe gegen Geld oder andere Belohnungen gekauft und zahlungskräftigen Kranken übertragen werden. Dies soll im großen Stil geschehen. Sichere Hinweise für solche Praktiken liegen aus Indien, Brasilien, Afrika und China vor. China verwertet die Organe von hingerichteten oder verstorbenen Strafgefangenen offen kommerziell. In Brasilien und in Südafrika wurden illegale Organschieber bereits gerichtlich verurteilt. Die gesamtindische Gesellschaft für die freiwillige Organspende glaubt, dass alleine dort in den letzten 25 Jahren mehr als 100.000 illegale Nierenverpflanzungen vorgenommen wurden. Die Spender erhalten umgerechnet 750 bis 1000 €. Die meisten Empfänger sind reiche Inder oder Ausländer, z. B. aus Saudi-Arabien, den USA, Israel und Westeuropa; sie bezahlen Einzelberichten zufolge 30.000 bis 250.000 € für eine Niere. Der Transplantationsmediziner Michael Friedlaender berichtete über israelische Patienten, die in Indien, in Osteuropa und im Irak Nieren erhalten hatten. Zeitweise wurden auch Lebendspender nach Tel Aviv eingeflogen; erst öffentliche Proteste beendeten diese Praxis.[1]

Nach heftiger internationaler Kritik gegen die Politik in China brachte der Staatsrat des Landes im April 2007 ein neues Gesetz auf den Weg, das jede Form von Organhandel verbietet und unter hohe Strafen stellt. Die gängige Praxis, Organe hingerichteter Häftlinge zu verwenden, wurde aber nicht in Frage gestellt. Der stellvertretende Gesundheitsminister Huang Jiefu teilte dazu mit: „Wenn einige Kriminelle sich bewusst werden, dass sie der Gesellschaft geschadet haben, und das wieder gutmachen wollen, indem sie nach ihrem Tod ihre Organe spenden, sollte man das ermutigen, nicht ablehnen“.[2]

Die Spender gehen hohe gesundheitliche Risiken ein. Nach den Erfahrungen in Moldawien verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Spender fast immer, da sie nicht medizinisch betreut werden, die Ernährungslage schlecht und der Alkoholkonsum hoch ist. Viele werden selbst von der Dialyse abhängig [3]. Auch die Empfänger illegaler Organübertragungen riskieren schwere Nebenwirkungen, etwa Infektionen oder Abstoßungsreaktionen, da die üblichen medizinischen Standards nicht eingehalten werden. 10 % von Friedlaenders Patienten starben im ersten Jahr nach der Operation.[4]

Unbestätigten Berichten zufolge sollen auch schon Menschen, etwa Straßenkinder, ermordet worden sein, um ihnen Organe entnehmen zu können. Dies wird z. B. aus Mosambik [5] berichtet.

Europa

2003 stellte die Schweizer Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot-Mangold dem Europarat ihren Bericht vor. Sie beschreibt darin die Machenschaften von international organisierten Verbrecherbanden, die den Bewohnern armer Regionen ihre Organe abkaufen, um sie im wohlhabenden Westen zu verkaufen. Konkret sprach Vermot mit 14 Moldawiern, die eine Niere für 2500 bis 3000 € „gespendet“ hatten (das durchschnittliche Monatseinkommen in Moldawien liegt bei 25 €). Die Organe wurden in der Türkei illegal explantiert und zu unbekannten Empfängern transportiert. Spender werden dem Bericht zufolge auch in der Ukraine, in Russland, Rumänien und Georgien rekrutiert.

Bekämpfung

Nach Vermot-Mangolds Ansicht kann das Problem nur gemeinsam gelöst werden, indem die „Spender“- und die Empfängerländer zusammenarbeiten. Sie kritisiert insbesondere Bestrebungen einiger Staaten (Deutschland, Schweiz), ihre Organhandelsverbote zu lockern. Sie schlägt vor, künftig ausschließlich Blutsverwandte als Lebendspender zuzulassen. Gleichzeitig soll die Bereitschaft der Bevölkerung zur post-mortem-Organspende gesteigert werden, um den medizinischen Bedarf besser zu decken. Die „Spenderländer“ sollen ihrer Ansicht nach die Ursachen (Armut und Korruption) bekämpfen. Organhandel soll genau wie Menschen- und Drogenhandel durch internationale polizeiliche Zusammenarbeit bekämpft werden (Interpol, Europol). Jede Art der Beteiligung daran, selbst die Vermittlung einschlägiger Kontaktadressen, soll in ganz Europa bestraft werden.

Organhandel ist von der WHO, vom Europarat, und von der Weltärzteorganisation World Medical Association geächtet worden. In Deutschland sind entsprechende Handlungen nach dem Transplantationsgesetz mit Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren bedroht, auch für den Empfänger. Diese Vorschrift betrifft auch Handlungen im Ausland, sofern Deutsche beteiligt sind. Die Krankenkassen dürfen die entstehenden Kosten nicht übernehmen.

Einzelnachweise

  1. Friedlaender MM:The right to sell or buy a kidney: are we failing our patients? The Lancet 2002;359(9310):971-3
  2. Neue Zürcher Zeitung - Peking will Organhandel kontrollieren 8. April 2007
  3. http://assembly.coe.int/documents/workingdocs/doc03/edoc9822.htm
  4. Friedlaender MM:The right to sell or buy a kidney: are we failing our patients? The Lancet 2002;359(9310):971-3
  5. http://www.taz.de/pt/2004/01/29/a0119.1/text
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Organhandel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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