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Gunther von Hagens



  Gunther von Hagens, geb. Gunther Gerhard Liebchen (* 10. Januar 1945 in Alt-Skalden bei Kalisch), ist ein deutscher Anatom, Hochschullehrer und Unternehmer. Er gilt als Erfinder der Plastination.

Inhaltsverzeichnis

Leben, Ausbildung

In einem seinerzeit als Reichsgau Wartheland von Deutschland annektierten Teil Polens als Gunther Gerhard Liebchen geboren, lebte von Hagens von seinem 6. bis zum 20. Lebensjahr in Greiz (Thüringen). Nach dem in Abendkursen an der Volkshochschule erworbenen Abitur arbeitet er im Greizer Krankenhaus und in einer Apotheke. Ab 1965 studiert er an der Universität Jena Medizin. Nachdem er 1968 gegen die gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings demonstriert und einen Fluchtversuch unternimmt, wird er inhaftiert und 1970 als politischer Gefangener von der Bundesrepublik freigekauft.

Hagens studiert weiter in Lübeck, danach ist er als Assistenzarzt im Inselkrankenhaus auf Helgoland tätig und wird 1975 in Heidelberg promoviert mit einer Dissertation zum Thema „Die Wirkung der intravenösen Narkotika Etomidate, Propanidid, Methohexital und der Inhalationsnarkotika Lachgas, Halothan und Ethrane auf den unteren Ösophagussphinkter“. Er beschäftigt sich ab 1977 in Heidelberg mit der Imprägnierung anatomischer Präparate. Dort gründet er auch eine Unternehmung zum Vertrieb entsprechender Polymere und Geräte und 1993 sein Institut für Plastination.

Gunther von Hagens ist in zweiter Ehe mit der Ärztin Angelina Whalley verheiratet und Vater dreier Kinder, die aus seiner ersten Ehe stammen. Von seiner ersten Ehefrau stammt auch der Nachname von Hagens.

Berufliches Wirken

Seit 1996 zeigt von Hagens' Institut für Plastination unter dem Titel „Körperwelten“ öffentliche Ausstellungen plastinierter Körper, die weltweit viel besucht, aber auch heftig umstritten sind. Hagens verteidigte die Ausstellung menschlicher Körper durch aktive Pressearbeit und in vielen öffentlichen Diskussionsrunden und Talkshows. Hagens führte im November 2002 in London öffentliche Sektionen menschlicher Körper durch - trotz massiver Proteste, auch seitens der britischen Regierung. Hagens verlangte Eintrittsgeld, die Sektion wurde aufgezeichnet, um sie später im Fernsehen zu zeigen und um sie weiterhin verwerten zu können. Hagens plante ähnliche Veranstaltungen auch in Deutschland, sagte diese jedoch nach einer sehr emotional geführten öffentlichen Debatte ab.

Nicht zuletzt aufgrund der öffentlichen Diskussionen um die Plastination verlegt von Hagens seine Arbeit immer mehr nach Kirgisistan und China, wo er ebenfalls Institute für Plastination gegründet hat und zum Ehren- und Gastprofessor ernannt wurde.

2004 wurde von Hagens auf eine Gastprofessur an der zahnmedizinischen Fakultät der New York University, College of Dentistry (NYUCD) berufen. Dort leitet er u. a. die Umstellung des Anatomieunterrichts auf Plastinate.

Die nach seiner entwickelten Methode, der Plastination, ausgeführten anatomischen Präparationen von menschlichen und tierischen Objekten stellen wegen ihrer Authentizität und der außergewöhnlichen Qualität einen großen Fortschritt in der Entwicklung von anatomischen Präparaten dar. Die Art der Präsentation seiner Präparate, unter der Einbeziehung von ästhetischen und künstlerischen Aspekten wird häufig aus religiösen und ethischen Gründen emotional diskutiert.

Zu von Hagens' prominenten Leichen gehört der Flugpionier Hans Guido Mutke, der 2004 verstarb.

Am 24. Mai 2006 kaufte von Hagens in Guben in Brandenburg das ehemaligen Fabrikgebäude der „Gubener Wolle“. Auf dem restaurierten Fabrikgelände in der Uferstraße erhalten Besucher in dem am 16. November 2006 eröffneten „Plastinarium“ umfassende Einblicke in die Prozesse der Plastination und in die verschiedenen Präparationstechniken.

Verschiedenes

Kritik durch Henryk M. Broder

Henryk M. Broder verlieh von Hagens 2001 den Titel „Schmock der Woche“ , bezeichnete ihn dabei als Kollegen Josef Mengeles, nannte ihn einen „nekrophile[n] Kauz, [der] ungehindert Doktor Frankenstein“ spiele, und mutmaßte, „was für ein tolles Material in die Hände von Hagens' gefallen wäre, wenn er nur die Gelegenheit gehabt hätte, in einer der großen Körperspenderanstalten der 40er Jahre arbeiten zu können“.

Bürgerproteste

Begleitet wurde die Eröffnung des Gubener „Plastinarium“ von Protesten von Bürgern, die in der Arbeit von Hagens' eine Verletzung der Menschenwürde sehen. Besonders aktiv ist ein „Aktionsbündnis Menschenwürde“, das sich gründete, um gegen die Arbeit von Gunther von Hagens Widerstand zu leisten. Dieses Bündnis wird u. a. von der örtlichen evangelischen Kirche und der Linkspartei unterstützt. Bemerkenswert ist dabei, dass die evangelische Kirche in Brandenburg selbst eine Leiche zur Besichtigung ausstellt (Ritter C. F. v. Kahlbutz).

James-Bond-Film

In der Verfilmung des James-Bond-Romans „Casino Royale“, die am 14. November 2006 Premiere hatte, ist von Hagens' Körperweltenausstellung in Miami erstmals auf der Leinwand zu sehen. In einer Szene sieht man plastinierte Körper, und Gunther von Hagens hat einen 1-sekündigen Auftritt, wo er sich selbst darstellt.

Titelmissbrauch

Das 2006 gegen von Hagens ergangene Urteil des Landgerichts Heidelberg wegen Vorwurfs des Titelmissbrauchs wurde vom Karlsruher Oberlandesgericht aufgehoben (Az.: 2 Ss 294 vom 18. Juli 2007). Die Dokumente, die von Hagens mit „Prof. Dr. Gunther von Hagens“ unterzeichnet haben soll (ein Polizeiprotokoll 2002, einen Besprechungsvermerk und eine Vollmacht für einen Rechtsanwalt 2003) waren nach Feststellung des Gerichts von Dritten maschinenschriftlich mit dem Namenszug „Prof. Dr. Gunther von Hagens“ versehen worden, von Hagens selbst hat handschriftlich nur mit „Gunther von Hagens“ unterzeichnet. Von Hagens war 1996 und 1999 von der medizinischen Fakultät der Universität Dalian in China zum Visiting Professor ernannt worden. Auf die Frage, ob er deshalb einen Professorentitel führen darf, ist das Oberlandesgericht nicht näher eingegangen „weil schon das ihm vorgeworfene Verhalten nicht strafbar ist“. Das Oberlandesgericht wies aber darauf hin, dass nach Entscheidungen des Wissenschaftsministeriums Nordrhein-Westfalen von Hagens seinen Namen mit dem Zusatz „Prof. (VRC)“ oder „Prof. (Dalian Medical University)“ versehen darf.

Werke (Auswahl)

  • Heidelberger Plastinationshefter. In: The Current Potential of Plastination. Anatomisches Institut der Universität Heidelberg, Heidelberg 1985/86 (zusammen mit Klaus Tiedemann und Wilhelm Kriz)
  • Körperwelten. Einblicke in den menschlichen Korper. Ausstellungskatalog. 1997. Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim, Heidelberg 1997, ISBN 3-9804930-3-2 (zusammen mit Kai Budde u.a.)
  • Körperwelten. Die Faszination des Echten. Katalog. Häfner & Jöst, Edingen 2004
  • Der menschliche Körper. Schnittanatomie und Tomographie. Ullstein Mosby, Berlin 1996, ISBN 386126-122-7 (zusammen mit Lynn J. Romrell, Michael H. Ross und Klaus Tiedemann)
  • Schnittanatomie des menschlichen Gehirns. Ein photographischer Atlas plastinierter Serienschnitte. Steinkopff Verlag, Darmstadt 1990, ISBN 3-7985-0780-5 (zusammen mit Angelina Whalley, Rene Maschke und Wilhelm Kriz)

Literatur

  • Gottfried Bogusch u.a.: Auf Leben und Tod. Beiträge zur Diskussion um die Ausstellung „Körperwelten“. Steinkopff Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-7985-1424-0
  • Liselotte Hermes da Fonseca, Thomas Kliche (Hrsg.): Verführerische Leichen, verbotener Verfall. „Körperwelten“ als gesellschaftliches Schlüsselereignis. Pabst Verlag, Lengerich 2006, ISBN 3-89967-169-4
  • Nina Kleinschmidt, Henri Wagner: Endlich Unsterblich? Gunther von Hagens, Schöpfer der Körperwelten. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2000, ISBN 3-404-60493-8
  • Torsten Peuker, Christian Schulz: Der über Leichen geht. Gunther von Hagens und seine „Körperwelten“. Links-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-86153-332-4
  • Franz J. Wetz: Tote hoch zu Ross. Vom Triumph der Statue zum Verbot des Plastinats. Arts & Sciences Verlagsgesellschaft, Heidelberg 2005, ISBN 3-937256-00-8

Film

  • Alexander Tsiaras: Body voyage. Eine 3D-Reise durch die Körperwelten. UnitedSoftMedia, München 2000, ISBN 3-8032-2505-1 (1 CD-ROM)
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Gunther_von_Hagens aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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