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Georges Cuvier



  Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert, Baron de Cuvier (* 23. August 1769 in Montbéliard (Mömpelgard); † 13. Mai 1832 in Paris) war ein bedeutender französischer Naturforscher und Bildungspolitiker. Der Zoologe Frédéric Cuvier ist sein jüngerer Bruder.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Cuvier entstammt einer protestantischen Familie aus der damals württembergischen Exklave Mömpelgard im Jura. Er studierte Philosophie an der Karlsschule in Stuttgart und wurde nach seinem Studium 1786 Hauslehrer beim Grafen d'Héricy in der Normandie. 1795 wurde er von Geoffroy Saint-Hilaire als Assistent für vergleichende Anatomie nach Paris geholt und lehrte ab 1795 am Muséum national d'histoire naturelle. Im selben Jahr wurde er Mitglied des neu gegründeten Institut de France, der Pariser Akademie.

1798 wurde seine erste paläontologische Arbeit veröffentlicht, Tableau élémentaire de l’histoire naturelle des animaux. Hier stellte er erstmals seine berühmt gewordene Gliederung des Tierreiches vor. Aus einer 1796 am Institut de France gehaltenen Vorlesung entstand die Schrift Mémoires sur les espèces d’éléphants vivants et fossiles (1800). 1802 wurde er Titularprofessor am Jardin des Plantes in Paris, im folgenden Jahr Sekretär für Naturwissenschaften am Institut de France. 1808 wurde er von Napoléon in den Rat der Kaiserlichen Universität berufen.

Der Sturz Napoléons beendete seine Karriere keineswegs: er wurde Kanzler der Universität und 1819 Baron und Kabinettsrat; zeitweise war er Grand maître der protestantischen Fakultät in Paris. 1826 wurde er Offizier der Ehrenlegion. Ein Jahr vor seinem Tod wurde er Pair von Frankreich.

Er ist namentlich auf dem Eiffelturm verewigt, siehe: Die 72 Namen auf dem Eiffelturm.

Wissenschaftliche Leistung

Georges Cuvier gilt als wissenschaftlicher Begründer der Paläontologie und machte die Vergleichende Anatomie zu einer Forschungsdisziplin. Er untersuchte die Anatomie verschiedener Lebewesen und verglich systematisch alle Ähnlichkeiten und Unterschiede. Diese Studien ermöglichten ihm, aus der Existenz einiger Knochen die Gestalt anderer Knochen und die zugehörigen Muskeln abzuleiten. So gelang ihm schließlich die Rekonstruktion eines ganzen Tierkörpers aus nur wenigen Teilen.

Zu Cuviers Schülern zählten Alcide d'Orbigny, Achille Valenciennes, Gotthelf Fischer von Waldheim, Henri Marie Ducrotay de Blainville und Franco Andrea Bonelli.

Seine Untersuchungen von etwa 1803 an beschäftigten sich besonders mit 1. der Gliederung der Mollusken (Mémoires pour servir à l’histoire et a l’anatomie des mollusques, 1817), 2. der vergleichenden Anatomie und der Arteneinteilung der Fische (Histoire naturelle des poissons, 1828-31) und 3. mit den Fossilien von Reptilien und Säugetieren sowie der Osteologie rezenter Lebewesen. Zum dritten Bereich veröffentlichte Cuvier eine Flut von Abhandlungen, die seine außerordentliche Beobachtungsgabe und seine präzisen Schlussfolgerungen dokumentieren. Durch seine geognostischen Untersuchungen des Pariser Beckens kam er zuerst auf den Gedanken, dass abwechselnd Fluten von Süß- und Meerwasser die Erdoberfläche verändert haben müssen. Zusammenfassungen dieser Arbeiten sind die Recherches sur les ossements fossiles de quadrupèdes (1812) sowie der Discours sur les révolutions de la surface du globe (1825).

In seinem vierbändigen Werk Le règne animal distribué d'après son organisation (1817) teilte er das Tierreich in vier unveränderliche Großgruppen ein, die er als Wirbeltiere, Weichtiere, Strahlentiere und Gliedertiere bezeichnete, und denen er einen jeweils eigenen grundlegenden Bauplan zuordnete.
Seine gewissenhaften Untersuchungen der Schichtfolgen und der in ihnen enthaltenen Fossilien führten zum Nachweis, dass Lebewesen (und ganze Arten) aussterben können. Dies war noch von Lamarck und Geoffroy Saint-Hilaire grundsätzlich bestritten worden.

Als Sammler naturhistorischer Gegenstände, als systematischer Forscher, Lehrer und Bildungspolitiker war er gleichermaßen bedeutend. Das Schulwesen und die protestantische Kirche in Frankreich verdanken ihm außerordentlich viel.

Cuvier führte die Kategorie "Rasse" zur Klassifizierung von Menschen in die Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts ein. Er ging dabei von 3 (weiße, gelbe und schwarze) Menschenrassen aus.

Katastrophismus

Cuvier galt lange als der bekannteste Verfechter des Katastrophismus, demzufolge in der Erdgeschichte wiederholt große Katastrophen den Gesamtbestand der Lebewesen vernichteten und in darauf folgenden Phasen neues Leben entstanden sei.

Er war ein Kind der französischen Aufklärung, dogmatisch-theologische Thesen innerhalb der Naturwissenschaften wären ihm ein Gräuel gewesen. Die Legende, Cuvier habe nach jeder Katastrophe eine Neuschöpfung durch Gott postuliert, wurde von seinem Gegner Charles Lyell verbreitet; diese Behauptung lässt sich mit keiner der vielen Veröffentlichungen Cuviers belegen. Ebenso unhaltbar ist die Unterstellung, Cuvier habe noch an eine an biblischen Vorstellungen orientierte Dauer der Erdgeschichte geglaubt.

Cuvier nutzte seine überragenden Kenntnisse in der Anatomie, um fehlende versteinerte Knochen idealtypisch zu einem Gesamtskelett zu ergänzen. Seine Entdeckung eines Faunenschnitts anhand von Fossilien verband er mit seiner Ablehnung der gradualistischen Evolutionstheorie von Jean Baptiste Lamarck.

Der bekannteste wissenschaftliche Gegner Cuviers war Geoffroy Saint-Hilaire, bei dem er als Assistent begonnen hatte. Berühmt wurde der Pariser Akademiestreit (1830), in dem nicht nur die Katastrophentheorie eine Rolle spielte, sondern auch die Frage, ob die Naturgeschichte einem einheitlichen Bauplan folge (Geoffroy) oder mehreren grundsätzlich verschiedenen (Cuvier).

Lange Zeit wurde Cuvier aufgrund der Angriffe Lyells und seiner Ablehnung gleichförmigen Fortschreitens der Evolution als rückständig bezeichnet, doch war zu seiner Zeit die Evolutionstheorie noch nicht allgemein anerkannt und durchaus umstritten. Auch ist heute unbestritten, dass auch globale Katastrophen in die Entwicklungsgeschichte von Pflanzen und Tieren entscheidend eingegriffen haben – so etwa das Ereignis vor rund 65 Millionen Jahren am Ende des Mesozoikums.

Siehe auch: Natürliche Theologie, Bedeutende Paläontologen

Werke

(Auswahl)

  • Mémoire sur la structure externe et interne et sur les affinités des animaux auxquels on a donné le nom de ver, 1795 (in: Decades philosophiques, litteraires et politiques, Heft 5, S. 385-396)
  • Tableau élémentaire de l'histoire naturelle des animaux. Paris 1798
  • Leçons d'anatomie comparée, 5 Bände, Paris 1798-1805 (deutsch: Vorlesungen über vergleichende Anatomie. Band 1 und 2, Vieweg, Braunschweig, 1801-1802; Band 1-4, Kummer, Leipzig, 1809-1810)
  • Le règne animal; distribué d'après son organisation; pour servir de base à l'histoire naturelle des animaux et d'introduction à l'anatomie comparée. 4 Bände, Paris 1817 (deutsch: Das Thierreich, geordnet nach seiner Organisation: als Grundlage der Naturgeschichte der Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatomie. 6 Bände, Brockhaus, Leipzig 1831-1843)
  • Recherches sur les ossemens fossiles ou l'on rétablit les caractères de plusieurs animaux dont les révolutions du globe ont détruit les espèces. Dufour et d'Ocagne, 4 Bde. Paris 1812; 4. Aufl., 12 Bde. Paris 1835-37
  • Discours sur les Révolutions de la surface du Globe, et sur les changemens qu'elles ont produits dans le règne animal. Dufour et d'Ocagne, Paris 1825 (deutsch: (deutsch: Cuvier's Ansichten von der Urwelt, Weber, Bonn 1822; Die Umwälzungen der Erdrinde in naturwissenschaftlicher und geschichtlicher Beziehung, 2. Aufl., 2 Bände, Weber, Bonn 1830)

Literatur

  • William Coleman: Georges Cuvier: Zoologist. A study in the history of evolution theory. Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts) 1964
  • Ilse Jahn (Hrsg.): Geschichte der Biologie. Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbiographien. 3. Auflage. Nikol, Hamburg 2004, ISBN 3-937872-01-9
Wikiquote: Georges Cuvier – Zitate
  • Literatur von und über Georges Cuvier im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Kurz-Biographie
  • Der Naturforscher Cüvier - im Pfennig-Magazin Nr. 1 vom 04.05.1833


  Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Georges_Cuvier aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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