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Friedrich Immisch



Friedrich Immisch (* 27. April 1826 in Zwickau, † 22. Februar 1892 in Heidelberg) war ein berühmter Paukarzt und der Erfinder der Paukbrille. Ein Paukarzt ist ein Arzt (früher auch schon mal ein Medizinstudent im höheren Semester), der die Studenten während der Mensur, dem akademischen Fechten mit scharfen Waffen, medizinisch betreut.

 

Friedrich Immisch begann Mitte der 1840er Jahre in Jena Medizin zu studieren und schloss sich dort dem Corps Guestphalia Jena an. Bereits während seines Studiums fungierte er als Paukarzt für die ortsansässigen Corps. Um seine Studien fortzusetzen und sich aufs Examen konzentrieren zu können, wechselte er 1849 an die Universität Heidelberg.

Aber in Heidelberg suchten die Corps ebenfalls gerade einen neuen Paukarzt und so ließ er sich auch hier – ohne Medizinexamen – anstellen. Sein Medizinstudium setzte er nicht fort. Über 36 Jahre lang betreute er die fünf Corps und zwei Burschenschaften Heidelbergs bei insgesamt über 12.000 Mensuren. Dabei soll er über 30.000 Nadeln gesetzt haben, wobei berücksichtigt werden muss, dass er Verfahren zur Wundversorgung entwickelte, die ganz oder teilweise ohne das Setzen von Nadelstichen auskamen. So befestigte er Fäden an den Haaren in Wundnähe und verknotete sie, so dass er die Wunde zusammenziehen konnte. Teilweise verknotete er die Haare direkt. Das hatte den Vorteil, dass das Wundsekret besser abfließen konnte, was bei dem damaligen Stand der Antisepsis und Asepsis einen Vorteil darstellte.

Als im Jahre 1857 bei Mensuren in Heidelberg kurz hintereinander zwei gefährliche Augenverletzungen vorkamen, erfand Immisch die so genannte Paukbrille, eine Vorrichtung aus Stahl, die noch heute zum Schutz der Augen bei Mensuren eine große Rolle spielt. Die Erfindung setzte sich in wenigen Jahren im ganzen deutschsprachigen Raum durch.

 

Immisch heiratete im Jahre 1864 Klara Ditteney, die Tochter des Besitzers des Lokals „in der Hirschgasse“, in dem für viele Jahrzehnte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die Mensuren der Heidelberger Verbindungen stattfanden.

Der amerikanische Schriftsteller und Satiriker Mark Twain besuchte im Sommer 1878 für mehrere Monate Heidelberg, verkehrte dort mit den einheimischen Corps und nahm auch an einem Pauktag teil, den er detailliert in seinem Werk A Tramp Abroad (deutsch „Bummel durch Europa“, Originalausgabe London 1880) schilderte. Hier erwähnte er auch den gray-haired surgeon („grauhaarigen Wundarzt“), der die verletzten Paukanten mit einem Schwamm untersuchte und hinterher medizinisch versorgte. Sein Illustrator Walter Francis Brown fertigte das Porträt The Old Surgeon („Der alte Wundarzt“) als Illustration für das Buch an.

 

Als Praktiker der alten Schule genoss Immisch bei den Verbindungsstudenten in Heidelberg hohes Ansehen. Gegen sein Wort gab es keinen Widerspruch. Allerdings bewirkte seine praktische Erfahrung eine gewisse Ablehnung neuer Erkenntnisse und Verfahren, besonders auf dem Gebiet der Vermeidung von Wundinfektionen, die damals eine große Gefahr für die Fechtenden darstellten. Als im Wintersemester 1884/85 alle von ihm betreuten Paukanten an Wundrose erkrankten, war das Vertrauen in den großen Praktiker dahin und die Corps pensionierten ihn ein Jahr später. Einige Semester später quittierte er auch den Dienst bei den Burschenschaften.

Die Corps setzten sich dafür ein, dass Friedrich Immisch anlässlich der 500-Jahr-Feier der Universität Heidelberg im Jahre 1886 wegen seiner Verdienste der Titel „Dr.med.“ verliehen wurde. Von den Corps und den Burschenschaften Heidelbergs bezog er ein jährliches Ruhegehalt.

An seiner Beerdigung nahmen alle von ihm betreuten Korporationen mit offiziellen Delegationen teil. Friedrich Immisch gilt bis heute als der berühmteste Paukarzt aller Zeiten.

Literatur

  • Geert Seelig, Ein Heidelberger Bursch von fünfzig Jahren. Von deutschen Studenten. Schleswig-Holsteinischer Juristerei und Soldatentum in Berlin im Bismarck'schen Reich. Erinnerungen. Heidelberg 1933
  • Weiland Bursch zu Heidelberg, Festschrift der Heidelberger Korporationen zur 600-Jahr-Feier der Ruperto Carola, Heidelberg 1986
  • Friedrich Immisch, Ueber das „Pauken“ und die bei der Behandlung der „Schmisse“ eintretenden sowie die schnelle Heilung der Wunden hindernden Störungen, Heidelberg 1885
  • Peter Hauser, Schmisse, Lappen, Knochensplitter - Über das Paukarztwesen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Heidelberg, in: Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung e.V., Band 50, Neustadt an der Aisch 2005
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Friedrich_Immisch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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