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Friedrich Berner



Friedrich Berner (*12. November 1904 in Zwickau, † 2. März 1945 bei Warthestadt (Wronka)), war im Dritten Reich SS-Hauptsturmführer im Rahmen des nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programms als Vergasungsarzt in der NS-Tötungsanstalt Hadamar.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Studium

Berner studierte Medizin und erhielt 1931 seine Approbation.

Am 1. Mai 1933 trat er der NSDAP (Mitglieds-Nr. 2.804.744) bei und wurde ein Jahr später SS-Anwärter.

Ab 1935 fand Berner Beschäftigung im Stadtkrankenhaus Erfurt und wechselte 1936 an das Städtische Krankenhaus in Mainz. Ab 26. August 1936 war er SS-Mitglied (Mitglieds-Nr. 276.832) im SS-Abschnitt Rhein und übernahm ab dem 1. Januar 1937 die Führung des Sanitäts-Sturms im SS-Abschnitt „Rhein“.

Im Röntgen-Institut der Universitätsklinik Frankfurt/Main

1936 erhielt Berner seine Facharztanerkennung als Röntgenologe. Ab Oktober 1938 war er als Röntgenassistenzarzt im Röntgen-Institut der Universitätsklinik Frankfurt/Main tätig. Ein Jahr später gehörte er dem SS-Röntgensturmbann beim SS-Führungshauptamt unter Hans Holfelder an.

1940 habilitierte Berner und arbeitete als Dozent an der Medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt/Main. Seinen Militärdienst leistete Berner bei der Luftwaffe, wo er als Oberstabsarzt eingesetzt wurde.

In der NS-Tötungsanstalt Hadamar

Nach einer Liste der Zentraldienststelle T4 war Berner unter der Rubrik „Ärzte in den Anstalten“ vom 15. Mai 1941 bis zum 31. Dezember 1941 Angehöriger der T4-Organisation.[1] Ab Mitte Juni 1941 bis Herbst 1941 war er im Rahmen des nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programms Direktor und erster Vergasungsarzt in der NS-Tötungsanstalt Hadamar. Zusammen mit ihm traf auch Bodo Gorgaß als zweiter Vergasungsarzt und sein Stellvertreter in Hadamar ein. Beide Ärzte lösten ihre Vorgänger Ernst Baumhardt und Günther Hennecke ab, die vom 13. Januar 1941 in Hadamar tätig waren und nach Differenzen mit dem T4-Organisator Viktor Brack im Sommer 1941 zur Kriegsmarine gingen.

Wie alle T4-Ärzte in den NS-Tötungsanstalten verwendete auch Berner einen Tarnnamen und unterschrieb im Schriftverkehr mit „Dr. Barth“. Nach späteren Aussagen des T4-Personals von Hadamar fiel er durch soldatisches Auftreten, Betriebsappelle sowie ein insgesamt strenges Regiment auf. So wurde das Personal zum Frühsport kommandiert und bei den gemeinsamen Mahlzeiten war es üblich, dass nationalsozialistische Kampflieder gesungen wurden.[2]

Der mörderische Alltag in den Tötungsanstalten prägte das ärztliche und nichtärztliche Personal auch in Hadamar in einem erheblichen Maße. Ideologische Beeinflussung und Abstumpfung durch Routine führten zu Rohheiten gegenüber den Opfern, die zunehmend nicht mehr als menschliche Wesen, sondern als Objekte gesehen wurden. Ein besonders widerlicher Höhepunkt dieses inhumanen und zynischen Umgangs mit den Kranken, war die „Jubiläumsfeier“ anläßlich des 10000. Vergasungstoten in Hadamar im August 1941. Die gesamte Belegschaft beging dieses Ereignis mit Musik und Freibier, nachdem Direktor Berner und der Verwaltungsleiter entsprechende Ansprachen gehalten hatten. Hierzu sagten Zeugen im Hadamar-Prozeß folgendes aus:

„… Dr. Berner [erklärte] bei dem gemeinschaftlichen Mittagstisch, es würde heute der 10000ste Tote verbrannt werden, hierzu habe sich das gesamte Personal einzufinden. Wir versammelten uns dann gegen Abend auf dem Flur im rechten Flügel, wo jeder eine Flasche Bier empfing und von wo aus es dann in den Keller ging. Dort war auf einer Bahre ein nackter männlicher Toter mit einem großen Wasserkopf aufgebahrt. Auf Vorhalt erkläre ich mit Bestimmtheit, daß es ein wirklich Toter und keine Papierleiche war. Der Tote wurde von den Brennern auf eine Art Trog gelegt und in den Verbrennungsofen geschoben. Hierzu hielt [der Verwaltungsangestellte] Märkle, der sich nach Art eines Geistlichen zurechtgemacht hatte, eine Leichenpredigt … Es wurde auch Musik gemacht … es war eine Mordssauferei … diese Trinkerei artete dahin aus, daß ein Umzug durch das ganze Gebäude gemacht wurde.“[3]

Nach dem sogenannten „Hartheimer Dokument“, einer Statistik der T4-Organisation, wurden vom Januar 1941 bis Ende August 1941 in Hadamar 10.072 Menschen getötet. Damit wurde hier die höchste Zahl von Getöteten aller sechs Vergasungsanstalten erzielt; also durchschnittlich 1.439 pro Monat. Allein auf den Zeitraum, in dem Berner die Vergasungsanstalt leitete, entfielen 4.170 Opfer.[4]

Führer des SS-Röntgensturmbanns

Nach dem Stopp der ersten Phase des nationalsozialistischen „Euthanasie“-Programms im August 1941 wurde Berner Ende 1941 von Curt Schmalenbach als Leiter der nicht mehr genutzten Vergasungsanstalt Hadamar abgelöst. Nach seinem Ausscheiden aus der T4-Organisation übernahm er die Stellvertretung von SS-Oberführer Hans Holfelder als Leiter des Frankfurter Röntgen-Instituts. Als SS-Hauptsturmführer befehligte er den SS-Röntgensturmbann in Posen.

Am 2. März 1945 ist Berner bei Warthestadt (Wronka) gefallen.

Anmerkungen

  1. Heidelberger Dokumente, „Gutachter“-Liste, Faksimilie in Klee „Euthanasie im NS-Staat“, S. 228/229
  2. Alice Platen-Hallermund: „Die Tötung Geisteskranker in Deutschland. Aus der Deutschen Ärztekommission beim Amerikanischen Militärgericht“, Frankfurt/Main 1948, S. 98
  3. Aussagen vor dem Untersuchungsrichter beim Landgericht Limburg am 19. Mai 1961 im Verfahren gegen Werner Heyde (Is 17/59 Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main), zitiert nach Klee „Euthanasie im NS-Staat“, Seite 336
  4. Statistik in Klee „Dokumente zur ‚Euthanasie’“, S. 232/233

Literatur

  • Ernst Klee: „Euthanasie“ im NS-Staat. 11. Auflage. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt/Main 2004, ISBN 3-596-24326-2
  • Ernst Klee: Dokumente zur „Euthanasie“, Fischer-TB, Frankfurt/Main 1985, ISBN 3-596-24327-0
  • Ernst Klee: „Friedrich Berner“ Eintrag in ders.: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 42
  • Henry Friedlander: Der Weg zum NS-Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung. Berlin, Berlin-Verlag, 1997. ISBN 3-8270-0265-6
  • Peter Sandner: Verwaltung des Krankenmordes. Der Bezirksverband Nassau im Nationalsozialismus. Gießen, 2003, ISBN 3-89806-320-8
  • Gerhard Baader, Johannes Cramer, Bettina Winter: „Verlegt nach Hadamar.“ Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Kataloge Band 2, Kassel 1994, ISBN 3-89203-011-1


 
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