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Francis Galton



 

Sir Francis Galton, FRS (* 16. Februar 1822 in Sparkbrook, Birmingham; † 17. Januar 1911 in Haslemere, Surrey) war ein britischer Naturforscher und Schriftsteller. Er wurde 1909 zum Ritter geschlagen und war – wie auch sein Halbcousin Charles Darwin – ein Enkel von Erasmus Darwin.

Während seines gesamten Lebens schrieb er über 340 Artikel und Bücher. Durch seine Vielseitigkeit machte er sich in verschiedenen Disziplinen einen Namen. Er war als Geograph und Afrikaforscher tätig, entwickelte als Meteorologe unter anderem die erste Wetterkarte und beschäftigte sich mit der Vererbungslehre, insbesondere mit der Vererbung der Intelligenz und des Talents, wobei seine Arbeit Hereditary Genius von 1869 in weiten Teilen der intellektuellen Welt wahrgenommen wurde. Laut Aussage seines Freundes Karl Pearson sei "die Verbesserung der menschlichen Rasse" sein Ziel gewesen. Im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen führte er verschiedene statistische Methoden ein, z.B. prägte er den Begriff Regression 1889 beim Studium der Vererbung und wendete zusammen mit Pearson erstmals den Begriff Korrelationskoeffizient an. Außerdem schuf er Forschungsgebiet und Begriff der Eugenik, gilt als Vater der Daktyloskopie, als Begründer der Differenzialpsychologie und – zusammen mit Wilhelm Wundt – der experimentellen Psychologie. Weiterhin ist er Entwickler und Namensgeber des Galtonbretts, eines Modells zur Demonstration von Wahrscheinlichkeitsverteilungen, und der Galtonpfeife, eines Instrumentes zur Erzeugung extrem hoher Töne.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend (1822–1838)

Francis Galton wurde am 16. Februar 1822 auf dem elterlichen Anwesen Larches in der Nähe von Sparkbrook, Birmingham geboren. Er war das neunte und letzte Kind seines Vaters Samuel Tertius Galton, eines Sohns Samuel "John" Galtons, und seiner Mutter Frances Anne Violetta, einer Tochter Erasmus Darwins, womit er denselben Großvater wie Charles Darwin hatte. Die Galtons waren vor allem erfolgreiche Waffenhersteller und Banker, die der religiösen Gemeinschaft der Quaker angehörten, während bei den Darwins angesehene Mediziner und Naturwissenschaftler dominierten.

Seinen älteren Geschwistern, vor allem seinen Schwestern, war es eine Lieblingsbeschäftigung gewesen, sich um den kleinen Francis kümmern zu dürfen. Laut späterer Aussage seiner Schwester Elisabeth Anne (1808–1906) musste ihre Mutter sogar auf die Uhr achten, damit sich alle gleich lang um den Jungen kümmern durften. Diese Fürsorge, die sich auch im Beibringen von Sprechen, Lesen, Rechnen und Schreiben ausdrückte, brachte es mit sich, dass Francis bereits im Alter von 12 Monaten alle Großbuchstaben und nach 18 Monaten auch die anderen lesen konnte. Mit zweieinhalb Jahren konnte er selbstständig Bücher lesen, mit vier Jahren beherrschte er bereits viele Latein- und Französischvokabeln, konnte sowohl dividieren als auch multiplizieren und las im Alter von sechs Jahren bereits Werke von Shakespeare und andere Erwachsenenliteratur.

Mit fünf Jahren kam Galton auf eine Schule in der Nähe des elterlichen Anwesens, in der er sich durch seine Leistungen auszeichnete, mit achteinhalb Jahren wurde er auf ein Internat nach Boulogne (Frankreich) geschickt. Hier wurde er zunächst in eine höhere Klasse eingestuft, in der seine Mitschüler sechs bis sieben Jahre älter waren als er. Als sich zeigte, dass er mit deren Kenntnissen in den Alten Sprachen nicht mithalten konnte, wurde er jedoch wieder in eine tiefere Klasse versetzt. Mit zehn Jahren wechselte er auf eine Privatschule in Kenilworth, in der es lediglich sechs Schüler gab und in der seine naturkundlichen Interessen sehr gefördert wurden. Die Zeit in der King Edward's School in Birmingham, die er im Alter von 13 bis 16½ Jahren besuchte, kommentierte Galton hingegen mit dem Satz "I learnt nothing...". Die weitaus größte Rolle hatten auf dieser Schule der altsprachliche Unterricht und explizit die lateinische Grammatik gespielt, wohingegen Galton sich mehr für die Naturwissenschaften, technische Entwicklungen und englischer Literatur interessierte.

Medizinstudium (1838–1844)

Dass Francis Galton Arzt werden sollte, war vor allem Wunsch seiner Mutter gewesen, deren Vater Erasmus Darwin und deren Halbbruder Robert Darwin es zu angesehenen Ärzten gebracht hatten. Nachdem er im Jahr 1838 eine Studienreise durch Europa gemacht hatte, begann er im Herbst desselben Jahres mit der ersten Stufe zur medizinischen Ausbildung im Birmingham General Hospital. Neben der Begleitung der Ärzte bei deren Hausbesuchen und Notfällen stach hier das starke wissenschaftliche Interesse Galton's hervor. So nutzte er seine Tätigkeit zu systematischen Experimenten und Selbstversuchen, unter anderem probierte er etwaige Mittel bei sich selbst aus und ging die Liste der Medikamente dabei alphabetisch durch. Als er fast am Ende von 'C' beim stark schleimhautreizenden Crotonöl angekommen war, ließ er von dieser Methode jedoch ab.

Nach einem kurzen Intermezzo am King’s College in London ab Oktober 1839, wo er in vielen Bereichen Auszeichnungen für seine Leistungen erhielt, immatrikulierte Galton sich am Trinity College in Cambridge. Sein Ehrgeiz war hier weniger auf das Erlernen medizinischer Kenntnisse ausgerichtet als darauf, die Mathematik-Prüfungen mit Auszeichnung abzuschließen. Jedoch machten ihm einerseits seine Gesundheit und andererseits sein breites Interessenspektrum, welches er nicht allein auf die Mathematik ausrichten wollte, einen Strich durch die Rechnung.

Überhaupt hatte Francis Galton während seines Medizinstudiums oft mit gesundheitlichen, psychosomatischen Problemen zu kämpfen gehabt, die auch daherrührten, dass er sich mit dem Lebensweg eines Arztes nicht identifizieren konnte und Medizin nur studiert hatte, weil seine Eltern dies wollten. Konventionelles Karrierestreben und sogar Streben nach Wissen, welches ihm später als erstrebenswertes Ziel des Menschen schlechthin erscheinen sollte, kritisierte er in während seiner Studienzeit verfassten Gedichten auf das Heftigste.

Im Oktober 1844 kam ihm der Zufall zu Hilfe. Als sein Vater in diesem Monat starb, erbte er ein großes Vermögen und war damit nicht mehr auf einen Beruf angewiesen. Er verließ die Universität, wie sein Cousin Charles Darwin einige Jahre zuvor, mit dem Abschluss Bachelor of Arts.

Forschungsreisen (1845–1851/55)

In den Jahren 1845 und 1846 besuchte Francis Galton Ägypten und fuhr den Nil entlang bis nach Khartum im Sudan. Von dort aus reiste er nach Beirut, Damaskus und schließlich den Jordan entlang. In den folgenden drei Jahren genoss er nach seiner Rückkehr das unabhängige Leben eines wohlhabenden Gentlemans und verbrachte die Zeit mit Segeln, Fischen und Jagen in unterschiedlichen Regionen Englands.

Nachdem er sich der Royal Geograpical Society angeschlossen hatte, brach er im April 1850 zu einer sorgfältig geplanten Forschungsreise nach Südwestafrika auf, die er selbst finanzierte. Dabei wurde er von dem englisch-schwedischen Forscher Charles John Andersson begleitet, der länger in dem Gebiet bleiben sollte. Während dieser Reisen erforschte und kartierte er "Damaraland" und "Ovamboland" und schrieb später über seine Reisen: "Ich habe genug wilde Rassen gesehen, um so viel Material zu erhalten, dass ich den Rest meines Lebens darüber nachdenken kann" ("I saw enough of savage races, to give me material to think about all the rest of my life" (Times, Dec. 1, 1886)).

Nach seiner Rückkehr im Jahre 1851 publizierte er im darauffolgenden Jahr seinen Bericht "Narrative of an Explorer in Tropical South Africa", welcher nicht nur in Großbritannien wahrgenommen wurde und für welchen er die goldene Medaille der Royal Geograpical Society und die silberne Medaille der französischen geographischen Gesellschaft erhielt.

Aufbauend auf der erlangten Reputation als Geograph und Erforscher schrieb er 1855 den Bestseller The Art of Travel, einen Ratgeber für Reisende.

Veröffentlichungen und Entwicklungen (1851/55–1909)

1853 heiratete Francis Galton Louisa Butler und zog zusammen mit ihr 1857 in das südliche Kensington, einem Stadtteil von London, wo er für den Rest seines Lebens wohnen sollte. Während die Ehe kinderlos blieb, machte er sich auf verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten einen Namen. Er wurde sehr aktiv in der British Association for the Advancement of Science, war von 1863 bis 1867 ihr Generalsekretär, von 1867 bis 1872 der Präsident der geographischen Abteilung und von 1877 bis 1885 Präsident der anthropologischen Abteilung. 1883 gründete er das Galton-Laboratorium, in welchem Mathematik, Biologie, Chemie und Physik unter einem Dach vereint waren.

Meteorologie

Galton identifizierte als erster Hochdruckgebiete und führte den Gebrauch von Karten, die den Luftdruck einer Region zeigen, ein. In seinem Buch Meteorographica von 1863 wurden zum ersten Mal Wetterdaten systematisch gesammelt, analysiert und ausgewertet. Er veröffentlichte als erster am 1. April 1875 in der Times eine Wetterkarte (die allerdings noch das Wetter vom Vortag zeigte).

Vererbung und Eugenik

Durch die Herausgabe des Werkes Origin of Species seines Cousins Charles Darwin 1859 erhielt das Leben Francis Galtons eine neue Richtung. Angeregt durch dieses Werk beschäftigte er sich mit den Grundlagen der Vererbungslehre. Er wandte als erster empirische Methoden zur Vererbung geistiger Eigenschaften, insbesondere der Hochbegabungen, an. Sein berühmtestes Werk, Hereditary Genius (1869), kann als Vorläufer der Verhaltensgenetik angesehen werden.

Seine Erkenntnisse über die Vererbung von Merkmalen übertrug er auch auf das menschliche Denkvermögen und führte den Begriff der Eugenik ein, worunter er eine Lehre verstand, die sich das Ziel setzt, durch „gute Zucht“ den Anteil positiv bewerteter Erbanlagen zu vergrößern.

Domestikation

Galton interessierte sich auch für Möglichkeiten, Tiere zu domestizieren - das heißt sie zu zähmen und nach bestimmten Auswahlkriterien zu züchten. Dabei stellte er fest, dass fast alle Haustiere - wie Hund, Schaf, Rind, Ziege oder Pferd - bereits in der Vorgeschichte des Menschen domestiziert wurden, während in historischer Zeit praktisch kaum weitere Tiere hinzukamen. So wurden bis heute etwa keine Elefanten, Zebras oder Geparden domestiziert. „Wie es scheint, hatte jedes Wildtier seine Chance, domestiziert zu werden, wobei eine kleine Zahl ... vor langer Zeit domestiziert wurde, der große Rest derer aber, bei denen es manchmal nur an einem winzigen Detail haperte, zu ewigem Wildsein bestimmt ist.“ [1] Galton vermutete, dass die frühzeitlichen Völkern bereits eine genaue Kenntnis darüber besaßen, welche Großtiere sich überhaupt domestizieren ließen und welche nicht.

Psychologie

Galton gilt auch als Begründer der Differenzialpsychologie, die sich auf die Unterschiede zwischen Personen auf nicht allgemeinen Niveau bezieht, wobei er Testverfahren zur Erfassung psychischer Eigenschaften entwickelte.

Daktyloskopie

Francis Galton war es vorbehalten, daktyloskopische Verfahren wissenschaftlich zu begründen, nachdem bereits Henry Faulds und William James Herschel Vorschläge zur Identifizierung von Verbrechern durch Fingerabdruckuntersuchungen gemacht hatten. Allerdings interessierte ihn zunächst der mathematische Aspekt. 1888 wurde er jedoch von der britischen Kolonialregierung in Indien beauftragt, ein in der Praxis unkompliziert zu verwendendes Personenerkennungssystem zu entwickeln.

Statistik

  Um seinen Untersuchungen empirische Aussagekraft zu geben, benötigte Francis Galton Werkzeuge der Statistik. So entwickelte er zum Beispiel zusammen mit seinem Freund Karl Pearson den Korrelationskoeffizienten, war in den 1870er und 1880er Jahren Pionier im Gebrauch der Normalverteilung und führte die Methode der Regression ein. Außerdem entwickelte er das Galtonbrett, ein Modell zur Demonstration von Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

Lebensende (1909–1911)

Für seine Verdienste wurde Francis Galton im Jahre 1909 von der britischen Krone geadelt. Von Mai bis Dezember 1910 arbeitete er - in der Hoffnung, ein breiteres Publikum zu erreichen - an einem Roman mit dem Titel The Eugenic College of Kantsaywhere. Der Verlag Methuen verweigerte jedoch eine Veröffentlichung.

Sir Francis Galton verstarb am 17. Januar 1911 in Haslemere, Surrey.

Intelligenz der Masse

1906 besuchte Galton die jährliche westenglische Nutztiermesse, bei der ein Ochsen-Gewicht-Schätz-Wettbewerb veranstaltet wurde. Für sechs Pence konnte jeder seine Schätzung abgeben. Insgesamt 787 Personen, sowohl Unbedarfte als auch einige Experten, nahmen teil und gaben einen Tipp ab.

Galton entschloss sich zu einem Experiment, um die Dummheit der Masse zu beweisen: Er wertete die fast 800 Schätzungen statistisch aus.[2] Der Mittelwert aller Schätzungen (1197 Pfund) kam dem tatsächlichen Gewicht des Ochsen (1207 Pfund) erstaunlichen nahe (Abweichung von 0.8 Prozent). Galtons Versuch, die Dummheit der Masse auf diese Art zu beweisen, war somit gescheitert. Er nannte seine Erkenntnis Vox populi (lat. „Stimme des Volkes“), in Anlehnung an das klassische Sprichwort "Vox populi, vox Dei".

Einige Werke von Francis Galton

  • Narrative of an Explorer in Tropical South Africa, 1852.
  • The Art of Travel, Murray, 1855.
  • Meteorographica, Macmillan, 1863.
  • Hereditary Genius. London 1869.
  • English Men of Science: their Nature and Nurture. London 1874.
  • Fingerprints, Macmillan, 1892.
  • Decipherment of blurred fingerprints, Macmillan, 1893.
  • Fingerprint Directories, Macmillan, 1895.
  • Memories of My Life. London 1908.
  • Natural inheritance, Macmillan, 1889 (Enthält die Beschreibung des Galtonbretts).

Quellen

  1. zit. n. Jared Diamond, Arm und Reich, Frankfurt 2000
  2. Francis Galton, Vox populi, Nature No. 1945, Vol. 75, http://galton.org/cgi-bin/searchImages/galton/search/essays/pages/galton-1907-vox-populi_1.htm

Literatur über Francis Galton

  • D. W. Forrest: Francis Galton: The Life and Work of a Victorian Genius. London 1974.
  • Karl Pearson: The Life, Letters and Labours of Francis Galton. Vol. I, Cambridge 1914.
  • L. M. Terman: The Intelligence Quotient of Francis Galton in Childhood. American Journal of Psychology (1917), 28, S. 209 - 215.
  • N. W. Gillham: The Life and Works of Francis Galton. From African Exploration to the Birth of Eugenics. New York 2001.
  • R. E. Fancher: Francis Galton and Phrenology. Psychologie et Histoire, vol. 2 (2001), S. 131 - 147.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Francis_Galton aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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