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Beihilfe (Beamtenrecht)



Die Beihilfe ist eine finanzielle Unterstützung zu den in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen entstehenden beihilfefähigen Aufwendungen, die Beamte und Richter von ihrem Dienstherrn für sich und ihre nicht sozialversicherungspflichtigen Familienangehörigen unter Abzug von Eigenanteilen auf Antrag erhalten. Sie wird prozentual bzw. pauschal zu den vom Beamten zuvor privat bezahlten Arzt-, Zahnarzt-, Apotheken- oder Krankenhausrechnungen gewährt, und zwar zwischen 50% und 80%, je nach Familiensituation und Bundes- bzw. Landesrecht.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen

Es gibt in Deutschland kein einheitliches Beihilferecht. Es finden in einzelnen Ländern (Beihilfenverordnungen) (BVO) - also Rechtsverordnungen (materielle Gesetze, vgl. Art. 80 GG) Anwendung, z.B. Nordrhein-Westfalen. [1] Der Bund und die Länder, die sie für ihr Territorium übernommen haben, wenden lediglich Verwaltungsvorschriften (i.e. nur die Verwaltung bindende Regelungen), die "Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV) an. [2]

Hinsichtlich der unterschiedlichen rechtlichen Regelungsmodifikationen (Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift) hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 17.6.2004 entschieden: Die als Verwaltungsvorschriften ergangenen Beihilfevorschriften des Bundes genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts. Die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit hat der Gesetzgeber zu treffen. Für eine Übergangszeit sind die Beihilfevorschriften allerdings noch anzuwenden.

Im Wesentlichen hat das BVerwG hierzu ausgeführt:

"Der außergewöhnlichen Bedeutung der Beihilfevorschriften, die hinsichtlich ihrer Regelungsform bislang unbeanstandet geblieben sind hat die Rechtsprechung bisher dadurch Rechnung getragen, dass sie die Beihilfevorschriften wie revisible Rechtsnormen ausgelegt hat.

Diese Betrachtung wird den veränderten Bedingungen, denen der Schutz des Beamten und seiner Familie in Krankheits- und Pflegefällen unterworfen ist, nicht mehr gerecht. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratiegebot verpflichten den parlamentarischen Gesetzgeber, in grundlegenden Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit dieser staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Die Regelungsform des Gesetzes ist für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen. Dies gilt nicht nur, soweit kollidierende Grundrechte auszugleichen sind. Vielmehr bedarf auch die Verantwortung des Dienstherrn bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Beamten und seiner Angehörigen der normativen Ordnung, um die Transparenz im demokratischen Willensbildungsprozess, die Abwägung mit anderen Gesetzgebungsentscheidungen "in einer Hand" und die Kontinuität des einmal gewählten Systems zu gewährleisten. Anderenfalls würde der für Besoldung und Versorgung bestehende Gesetzesvorbehalt aus Art. 33 Abs. 5 GG zunehmend ausgehöhlt werden können.

Als Verwaltungsvorschriften genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts. Bei den Beihilfevorschriften handelt es sich um administrative Bestimmungen, die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben. Ihr Inhalt beschränkt sich nicht darauf, Auslegungshilfe zu sein, Ermessen zu lenken oder Beurteilungsspielräume auszufüllen. Sie sind von der Willensbildung des parlamentarischen Gesetzgebers weitgehend unbeeinflusst. Maßstäbe, ob und in welchem Umfang Beihilfen vorgesehen werden, liefert das Gesetz nicht. Es bestimmt nicht einmal im Grundsatz, in welcher Form der Dienstherr seiner Beistandspflicht in Lebenssituationen von existenzieller Bedeutung für den Beamten und seine Familie nachzukommen hat. Die auf einer Verwaltungskompetenz beruhenden Bestimmungen unterliegen auch nicht den verfahrensmäßigen Anforderungen, insbesondere nicht dem Publizitätserfordernis, die Art. 82 GG für Normen mit verbindlicher Außenwirkung zwingend vorsieht.

Trotz des Defizits normativer Regelungen ist für eine Übergangszeit von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden, das hinsichtlich des Inhalts jedenfalls bislang in aller Regel keinen Anlass zu Beanstandungen aus der Sicht höherrangigen Rechts geboten hat. Eine andere Beurteilung dürfte erst dann angezeigt sein, wenn der Gesetzgeber in einem überschaubaren Zeitraum seiner Normierungspflicht nicht nachkommt."[3]

Leistungsumfang

Hinsichtlich des Leistungsumfanges gilt jedoch, dass für aktive Beamte die Hälfte beihilfefähigen Aufwendungen übernommen wird, bei Kindern, Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern (in einigen Bundesländern) und Ruhestandsbeamten mehr. Ehegatten und Lebenspartner erhalten jedoch nur dann Leistungen der Beihilfe, wenn sie nicht selbst gesetzlich krankenversicherungspflichtig sind und ihr Einkommen unter einer bestimmten Grenze (z.B. 18.000 Euro jährlich) liegt.

Den verbleibenden Teil der Krankheitskosten decken die Beihilfeberechtigten in der Regel durch eine private Kranken- und Pflegeversicherung oder eine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse ab. In manchen Bundesländern wird einigen Beamtengruppen (z.B. Polizei) statt der Beihilfe Freie Heilfürsorge gewährt.

Soldaten haben dagegen keine freie Heilfürsorge. Sie nehmen die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung in Anspruch.

Die Leistungen der Beihilfe liegen nur noch vereinzelt über denen der gesetzlichen Krankenversicherung, so wird z.B. in Hessen die Chefarztbehandlung oder ein Zweibettzimmerzuschlag bei stationären Krankenhausaufenthalten erstattet.

Eigenanteile

Wie bei der Praxisgebühr werden bei vielen Beihilfeempfängern 10 Euro pro Quartal von den erstattungsfähigen Aufwendungen abgezogen (z.B. bei Bundesbeamten, übrigens auch dann, wenn der Arzt nur in einem Quartal aufgesucht worden ist!) und die Erstattungen für Arzneimittel um 10% gemindert, obwohl nicht gesetzlich Versicherte von Praxisgebühr und Zuzahlungen frei sind. Diese Regelung trägt zwar nicht direkt zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung bei, soll aber insgesamt die Kosten für den Steuerzahler senken, da der Beihilfeberechtigte so u.U. zögert, ärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen.

In einigen Bundesländern wird auch eine Pauschale (die sogenannte Kostendämpfungspauschale), die sich nach der Besoldungsgruppe richtet, pro Jahr als Eigenleistung abgezogen (z.B. bei Beamten, die ihre Beihilfe nach der Beihilfenverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten). Aufwendungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel, für die ein Festbetrag gemäß §§ 35 f. SGB V festgesetzt worden ist, werden auch nur bis zur Höhe dieses Festbetrages erstattet. Grund für die Selbstbehalte ist, dass der Dienstherr frei in der Bemessung der gewährten Beihilfe ist.

Für Beamte des Landes NRW hat das Oberverwaltungsgericht Münster durch Urteil vom 18. Juli 2007, Gesch. Nr. 6 A 3535/06 festgestellt, dass die Kostendämpfungspauschale, weil mit dem Alimentationsprinzip nicht übereinstimmend, rechtswidrig sei [4]. Begründet wird dies insbesondere damit, dass es ein widersprüchliches Verhalten des Gesetzgebers sei, im Rahmen der Alimentierung gerade den notwendigen Lebensbedarf zuzubilligen und andererseits im Krankheitsfall einen Eigenanteil zu verlangen.

Änderung der Beihilfeberechtigung für Kinder in Ausbildung

Durch die mit dem Steueränderungsgesetz 2007 beschlossene Reduzierung der Altersgrenze des Kindergeldes vom 27. auf das 25. Lebensjahr endet die Beihilfeberechtigung für diesen Personenkreis mit Vollendung des 25. Lebensjahres. Diese Änderung ist für die Entscheidung über die Art des Krankenversicherungsschutzes während des Studiums von Bedeutung.

Diese Neuregelung ist besonders für solche berücksichtigungsfähigen Kinder von Beihilfeberechtigten von Bedeutung, die im Sommersemester 2007 ihr Studium beginnen. Sie müssen sich bereits bei Aufnahme des Studiums unwiderruflich entscheiden,

  • ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung absichern
  • oder ob sie im Rahmen des Beihilfesystems verbleiben wollen.

Bei der Entscheidung sollte die sich abzeichnende Einschränkung der aus der Absenkung der Grenzen für das Kindergeld folgenden Beihilfeberechtigung berücksichtigt werden, also das 25. Lebensjahr zzgl. Zeiten des Wehrdienstes oder Zivildienstes. Diese Begrenzung gilt auch für die kostenfreie Familienversicherung bei gesetzlich krankenversicherten Beihilfeberechtigten (wenn das studierende Kind keine mtl. Einkünfte über 400 € hat). Die gesetzliche studentische Krankenversicherung gewährt Leistungen bis zum 30. Lebensjahr oder bis zum 14. Fachsemester.

Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung sind Kostenerstattungstarife wählbar, so daß Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Wege der Kostenerstattung mit Beihilfeleistungen kombiniert werden können.

Quelle

  1. http://www.kvw-muenster.de/download/download/pdf/bvo_01012004.pdf Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfenverordnung - BVO -) vom 27. März 1975 (GV. NRW. S. 332) i.d.F. vom 12. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 756)
  2. http://www.hjkrenzer.de/BhV/Index.htm Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV)
  3. [1]Pressemitteilung Nr. 32/2004 des BVerwG, BVerwG, Urt. v. 17.6.2004 - 2 C 50/02
  4. OVG Münster, Urteil vom 18.Juli 2007, 6 A 3535/06
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Beihilfe_(Beamtenrecht) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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