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Beidhänder



  Beidhänder sind Menschen, die beim Gebrauch ihrer Hände keiner eindeutigen Aufgabenverteilung zwischen ihrer rechten und ihrer linken Hand folgen. Sie verhalten sich beim Schreiben, Malen, Essen usw. manchmal wie Rechts-, manchmal wie Linkshänder. Weil der Sachverhalt vielschichtig ist, spricht man auch von der „so genannten Beidhändigkeit“.

Inhaltsverzeichnis

Fachbegriffe

  • Der Fachbegriff für „Beidhändigkeit“ lautet Ambidextrie, abgeleitet von den lateinischen Wörtern ambo („beide“) und dexter („rechts“).
  • Das zugehörige Eigenschaftswort ambidexter steht für „mit beiden Händen gleich geschickt“.

Ursachen

Die genauen Ursachen der Entstehung von Beidhändigkeit sind noch nicht bekannt und unter anderem Gegenstand entwicklungspsychologischer und neurowissenschaftlicher Forschung. Beobachtet wird so genannte Beidhändigkeit bei Umschulungsversuchen von Linkshändern, teils liegen auch pathologische Prozesse zugrunde. Darüber hinaus wird Beidhändigkeit als ein seltener Mittelwert auf einem Kontinuum zwischen eindeutiger Rechts- und eindeutiger Linkshändigkeit angesehen.

Beidhändigkeit kann sich auch entwickeln, wenn es bei der Geburt zu einer Sauerstoffunterversorgung im Gehirn des Kindes kommt, wobei die dominante Hirnhälfte zuerst und stärker betroffen ist. In der Folge zeigen die Kinder einen auffallend wechselnden Handgebrauch; erst spät entwickelt sich die klare Dominanz einer Hand, meist bis zum Eintritt der Pubertät.[1]

Praxis

Die meisten Menschen zeigen bei einhändigem Werkzeuggebrauch eine ausgeprägte Tendenz zur ausschließlichen Verwendung der dominanten Hand, bei beidhändigen Arbeiten eine vergleichbare Tendenz zur stereotypen Aufgabenverteilung zwischen den Händen. Diese Händigkeit zeigt sich allerdings in unterschiedlichen Ausprägungsgraden: von starker Rechtshändigkeit über eine gewisse Beidhändigkeit bis hin zu starker Linkshändigkeit. Fast alle Menschen, die mit der rechten Hand schreiben und zeichnen, werfen mit derselben Hand, und das Schussbein ist häufig ebenfalls rechts. Dagegen wirft lediglich etwa die Hälfte der Menschen, die mit der linken Hand schreiben und zeichnen, mit derselben Hand (und schießt häufig mit dem linken Bein). Die andere Hälfte dieser Menschen wirft mit der rechten Hand; auch das Schussbein ist dann häufig rechts. Sicherlich nehmen sich Vertreter der letzten Gruppe gelegentlich als Beidhänder wahr.

Der Neurologe Frank R. Wilson, der den Sachverhalt und mögliche evolutionäre Gründe ausführlich schildert, relativiert zugleich die Eindeutigkeit des Dominanzbegriffs. Die antizipierende und unterstützende Tätigkeit der nichtdominanten Hand sei ebenso anspruchsvoll wie die Aktivität der das Werkzeug führenden dominanten Hand.[2]

Die früher üblichen Umschulungsversuche von Linkshändern brachten teils schwerwiegende Störungen der Persönlichkeitsentwicklung mit sich. Aber auch Versuche zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Schüler zur Beidhändigkeit zu erziehen, führten zu vermehrten schulischen Problemen der Betroffenen.   Unter Musikern findet sich oft eine hohe Fertigkeit, die Hände nicht nur kooperierend zu nutzen, sondern auch unabhängig voneinander. Bei den Spielern von Streichinstrumenten ist die Kooperationsfähigkeit der Hände besonders ausgeprägt, bei Pianisten und Schlagzeugern die Unabhängigkeit der Hände voneinander. Da Linkshänder durchschnittlich ein dickeres corpus callosum (der Nervenstrang, der die Hemisphären des Gehirns miteinander verbindet) haben als Rechtshänder, vermutete der Psychologe Stephen Christman überdurchschnittlich viele Linkshänder unter den Spielern von Streichinstrumenten und überdurchschnittlich viele Rechtshänder unter Pianisten und Schlagzeugern. Diese Vermutung hat sich nicht bestätigt.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Gabriele Jakubowski: Zum Problem der Rechts-, Links- und Beidhändigkeit bei psychisch Kranken. Hochschulschrift, Bonn 1981. (zugl. Dissertation; Universität Bonn 1981)
  • Heike Osterodt: Hann Trier. Zur Genese des Malens mit beiden Händen im künstlerischen Werk 1947 bis 1959. Hochschulschrift, Rasch Verlag, Bramsche 1994, ISBN 3-922469-97-3. (zugl. Dissertation; Universität Münster/Westfalen 1993)
  • Frank R. Wilson: Die Hand – Geniestreich der Evolution. Ihr Einfluß auf Gehirn, Sprache und Kultur des Menschen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 3-499-61338-7.
  • Johanna Barbara Sattler: Der umgeschulte Linkshänder oder der Knoten im Gehirn. 9. Aufl., Auer Verlag, Donauwörth 2005, ISBN 3-403-02645-0.
  • Raoul Daniel Zöllner: Erlernen zweihändiger feinmotorischer Handhabungen. Hochschulschrift, GCA-Verlag, Waabs 2006, ISBN 3-89863-225-3. (zugl. Dissertation; Universität Karlsruhe 2005)

Einzelnachweise

  1. Johanna Barbara Sattler: Der umgeschulte Linkshänder oder der Knoten im Gehirn. (s. Literatur)
  2. Frank R. Wilson: Die Hand – Geniestreich der Evolution. (s. Literatur)
  3. Wolf-Dieter Roth: Ein- und Zweihänder. (s. Weblinks)
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Beidhänder aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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