Breitband-PCR-Diagnose von Erregern ohne Kultivierung
Die Kultivierung von klinischem Material ist standardisiertes Verfahren für die Diagnose von Infektionskrankheiten. Die Rate von nicht identifizierten Infektionen kann allerdings, in Abhängigkeit vom Probenmaterial, bemerkenswert hoch sein [17]. Besonders gut untersucht ist die infektiöse Endokarditis, deren Blutkulturnegative Rate – bestimmt durch Serologie, Kultivierung anderer Proben und Mikroskopie – bei 12 % und damit nahezu doppelt so hoch liegen kann wie die Blutkulturpositive Rate [11]. Es sind hier überwiegend langsam wachsende bzw. nicht-kultivierbare Organismen, die für die hohe falsch-negative Rate der Kultur verantwortlich sind. Dazu zählen u. a. Coxiellen, Bartonellen, Chlamydien, Legionellen [5] und Tropheryma whippleii, die teils nur mit der PCR nachgewiesen werden können [3]. Bei der Sepsis und ihren fortgeschrittenen Stadien liegt der Grund für Kulturnegative Fälle überwiegend in der Hemmung der Erreger durch Verabreichung von Antibiotika vor der Blutentnahme [4]. Beispiele für Kulturnegative Infektionen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Die Inzidenz Kulturnegativer Infektionen kann in einigen Erkrankungen wie infektiöse Aszites 2- bis 3-mal so hoch liegen wie die Rate der Infektionen in der Kultur.
Tabelle 1
Krankheit |
Patien -ten
|
Proben |
Fokus der Studie |
Kulturp-ositive Infektionen (%) a |
Kultur-negative Infektionen (%) b |
Methode |
Ref. |
Akute osteo-artikuläre Infektion |
390 |
Blut, Punktate, Gewebe |
MRSA-Rate |
50,1 |
49,9 |
klinische Parameter |
[22] |
Hirnabszess |
1 |
Gewebe |
Mischinfektion |
- |
+ |
Breitband 16S rRNA-Gen-PCR plus Sequenzierung |
[8] |
|
1 |
Gewebe |
Streptococcus intermediusInfektion |
- |
+ |
Breitband 16S rRNA-Gen-PCR plus Sequenzierung |
[18] |
Systemische Infektion |
218 |
EDTA-Blut |
Infektionsrate |
19,3 |
2,3 |
Gram-spezifische Real-Time PCR |
[1] |
|
233 |
Blutkultur |
Infektionsrate |
54,9 |
4,7 |
Breitband 16S rRNA-Gen-PCR plus DNA-Array |
[12] |
|
384 |
EDTA-Blut |
MRSA-Rate |
1,6 |
2,6 |
spezifische Real-Time PCR |
[21] |
Infektiöse Aszites |
130 |
Punktate |
bakterielle Infektion bei viralen zirrhotischen Patienten |
28,5 |
71,5 |
klinische Parameter |
[9] |
|
187 |
Punktate |
bakterielle Infektion bei viralen zirrhotischen Patienten |
23,5 |
76,4 |
klinische Parameter |
[7] |
|
100 |
Gewebe, Punktate |
Infektionsrate |
9,9 |
2,0 |
Breitband 16S rRNA-Gen-PCR plus Pyro-Sequenzierung |
[2] |
Infektiöse Endokarditis |
516 |
Blut |
Infektionsrate |
6,6 |
12,2 |
pathologisch, andere Kulturen, Serologie |
[11] |
a nicht nach klinischer Relevanz gewichtete Ergebnisse unter allen Patienten |
|
|
|
b klinisch relevante Ergebnisse unter allen Patienten |
|
|
|
|
Als anerkanntes diagnostisches Verfahren wird die Breitband-16S-PCR mit Sequenzidentifizierung in vielen Laboratorien als ultima ratio Methode verwendet. PCR-Verfahren basieren auf dem Nachweis von Nukleinsäuren und sind deshalb nicht auf die Vermehrung von Mikroorganismen angewiesen. Dieser Vorteil wird insbesondere beim Nachweis von Erregern gesehen, die in der Kultur aus genannten Gründen nicht anwachsen (siehe Tabelle 1). Für die molekulare Diagnose wird das klinische Material direkt untersucht. Die Erreger-DNA wird aus den Proben extrahiert und mittels PCR oder Real-Time PCR nachgewiesen. Bei der Breitband-Analyse werden die Erreger im Anschluss z. B. durch eine Sequenzanalyse genau identifiziert.
Direkte Diagnose mittels UMD-Universal
UMD-Universal ist ein für die in-vitro Diagnose (CE-IVD) zugelassener Breitband-16S/18S-rRNA-Gen-Test für Bakterien und Pilze, der mit Direktmaterial durchgeführt wird: EDTA-Blut, Punktate von Gelenken und Flüssigkeitsansammlungen des Bauchraums, Abszesse, verschiedene Gewebe (Haut-, Organ-, Knochen-Biopsien), Abstriche von Wunden und Kathetern und anderes Material. Die Proben werden mittels Kit-eigener Protokolle für die Anreicherung und Reinigung mikrobieller DNA aus den verschiedenen Materialien verarbeitet und in der Real-Time-PCR analysiert. Das kann manuell wie auch automatisiert erfolgen. Positive Proben gehen in die Sequenzanalyse des Amplifikationsproduktes: ein BLAST-Algorithmus mit Qualitätsgeprüfter, frei zugänglicher Datenbank (sepsitest-blast.de) von über 7.000 Einträgen der 16S und 18S rRNA-Gene von Bakterien bzw. Pilzen führt zur Identifizierung des Erregers. Mischinfektionen aus bis zu sechs Erregern können durch die Sequenziermethode und unter zu Hilfenahme eines speziellen Algorithmus (Ripseq®, Isentio, Oslo) aufgelöst und bestimmt werden.
Tabelle 2
Primäre Diagnose |
Material |
Patienten |
Kulturpositive Infektionen (%) a |
Kulturnegative Infektionen (%) b |
Ref. |
Diverse |
Synovialflüssigkeit, Gewebe, Liquor, Peritonalflüssigkeit |
84 |
25,0 |
15,5 |
[4] |
|
Herzklappen, Synovialflüssigkeit, Liquor, Blut, Blutkultur |
66 |
18,2 |
21,2 |
[14] |
|
Blut |
120 |
13,3 |
18,3 |
[6] |
Infektiöse Endokarditis |
Blut und Herzklappen |
29 |
31,0 |
48,3 |
[10] |
|
Katheterspitze mit Corynebacterium striatum
|
1 |
- c |
+ |
[16] |
Meningitis |
Liquor |
12 |
- c |
50,0 |
[13] |
Sepsis |
Blut |
187 |
18,2 |
13,4 |
[20] |
|
Blut |
26 |
30,8 |
7,7 |
[15] |
Zeckenstich-Infektion |
Blut Neoehrlichia mikurensis |
2 |
- c |
+ |
[19] |
a Kultivierung der Proben in Blutkulturflaschen; nicht nach klinischer Relevanz gewichtete Ergebnisse unter allen Patienten |
b PCR-positive, Kulturnegative, klinisch relevante Ergebnisse unter allen Patienten |
|
|
c Kulturnegative Patienten |
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UMD-Universal wurde bislang mit diversen Proben von über 500 Patienten in Studien auf die diagnostischen Eigenschaften untersucht. Eine multizentrische, internationale Studie zur Sepsisdiagnostik unter Einbeziehung von mehr als 200 Patienten wurde gerade abgeschlossen. Die diagnostischen Werte von UMD-Universal gegenüber der Blutkultur waren zufrieden stellend (80-88,5 % Sensitivität [4, 6, 10, 20]). Als besonders hilfreich erwies sich UMD-Universal für die Diagnose Kulturnegativer Infektionen bei diversen Erkrankungen, deren Rate der in der Kultur bestimmten Infektionen entsprach bzw. überstieg (Tabelle 2). Damit stellt UMD-Universal ein nützliches Instrument als Ergänzung der Blutkultur dar.
Labor-Service
Molzym bietet einen speziellen Identifikations-service für die Kulturunabhängige Diagnose von Erregern mit UMD-Universal an. Diverse Probenmaterialien werden direkt analysiert. Je nach Probenzahl erfolgt die Analyse innerhalb von 1-3 Wochen. Die Ergebnisse werden als Berichte übermittelt. Bitte informieren Sie sich näher über den Service.
Referenzen
[1] Chan KYY, Lam HS, Cheung HM et al. (2009) Crit Care Med 37: 2441-2447.
[2] Gadsby NJ, Onen A, Phillips SA et al. (2011) Open J Med Microbiol 1 (doi:10.4236/ojmm.2011.11001).
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