Leuchtende Süße wirft neues Licht auf zukünftige Tuberkulose-Therapien

20.05.2003

Leuchtende Zuckermoleküle markieren wichtige Enzyme des Tuberkulose-Erregers. So lässt sich deren Bedeutung für eine zukünftige Therapie der Tuberkulose (TBC) einfach untersuchen. Diese Entdeckung ist das erfreuliche "Nebenprodukt³ eines Projektes am Institut für Organische Chemie der Technischen Universität Graz/Österreich. In der vom FWF ­ dem Wissenschaftsfonds geförderten Forschungsarbeit wurden fluoreszierende Zuckermoleküle entdeckt, während eigentlich die Funktionsweise einer bestehenden Tuberkulose-Therapie genauer analysiert werden sollte. Dass auf diesem Weg ein praktisches Werkzeug für die Verbesserung und Neuentwicklung von Therapiemöglichkeiten gefunden wurde, demonstriert den Nutzen unabhängiger Forschungstätigkeit und die Bedeutung kreativ denkender Wissenschaftler.

Beim Betrachten spezieller Zuckermoleküle (Iminozucker) unter dem Fluoreszenz-Mikroskop bemerkte die Grazer Forschungsgruppe um Prof. Arnold E. Stütz bei einigen dieser Zucker einen erfreulichen Effekt. Solche, die fettartige Gruppen besaßen, zeigten eine klare Lichtemission. Den möglichen Nutzen dieses Effekts für die Suche nach einer TBC-Therapie erläutert Prof. Arnold E. Stütz wie folgt: "Einige Iminozucker heften sich an ein lebenswichtiges Enzym des Tuberkulose-Erregers, das am Zellwandaufbau beteiligt ist. Gemeinsam mit der Leuchteigenschaft werden sie so zu hervorragenden Markern ­ sozusagen Positionslichter der Enzyme. Das erlaubt uns, sie gezielt zu beobachten.³ Diese Entdeckung ermöglicht nun anhand der Fluoreszenz-Intensität zu testen, wie wirksam neue Substanzen den Zellwandaufbau des TBC-Erregers hemmen könnten. Und die Entwicklung neuer TBC-Therapeutika ist beim derzeitigen Vormarsch der Infektionskrankeit ­ mit acht bis zwölf Millionen Neuinfektionen jährlich ­ dringend notwendig.

Ausgangspunkt des vom FWF geförderten Projektes war die Untersuchung der Iminozucker und deren Fähigkeit, den Zellwandaufbau des für Tuberkulose verantwortlichen Erregers (Mycobacterium tuberculosis) zu stören. Die Zucker ähneln in Ihrer Struktur dem derzeit wirksamsten Therapeutikum Ethambutol, das ebenfalls den Zellwandaufbau hemmt. Da sie chemisch auch leicht zu modifizieren sind, boten sich Iminozucker als Modell zur Untersuchung und zum späteren Vergleich mit Ethambutol an.

Durch die Änderung der Strukturen von Iminozuckern und Ethambutol sollte festgestellt werden, ob die Wirkungsweise auf die relevanten Enzyme verbessert werden kann. Prof. Arnold E. Stütz erklärt dazu: "Wir veränderten die Iminozucker und das Ethambutol in 50 Variationen und analysierten die Auswirkung dieser strukturellen Veränderung auf die Bindung an das Enzym des Bakteriums. So konnten wir die Funktionsweise des Enzyms und des Medikamentes genauer analysieren und besser nachvollziehbar machen.³ Es stellte sich heraus, dass Ethambutol von allen getesteten Variationen die derzeit effektivste Therapie darstellt. Ein Ergebnis, das für die Forscher genauso unerwartet kam wie die Entdeckung des "Nebenprodukts³ ­ die leuchtenden Iminozucker. Dieses wird in Zukunft allerdings die Erforschung effektiverer Tuberkulose-Medikamente beschleunigen.

Zum unerwarteten Verlauf und Erfolg des Projektes erklärt der neue Präsident des FWF, Prof. Georg Wick: "Egal ob ursprüngliche Ziele erreicht werden oder nicht ­ gut durchgeführte Grundlagenforschung schafft immer einen Wert für die Gesellschaft. Das Team um Prof. Stütz hat dies überzeugend demonstriert. Wir werden auch weiterhin insbesondere flexible Wissenschaftler fördern, die ihre Ergebnisse unvoreingenommen analysieren. Denn so kann Grundlagenforschung einen maximalen Output generieren und die Wissensbasis in Österreich fördern."

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