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Rheumatoide Arthritis



Klassifikation nach ICD-10
M05 Seropositive chronische Polyarthritis
M06 Sonstige chronische Polyarthritis
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Die rheumatoide Arthritis (auch chronische Polyarthritis) ist die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke. Der Krankheitsbeginn ist oft plötzlich, mit Schmerzen in den kleinen Finger- oder Zehengelenken. Es können auch andere Gelenke betroffen sein, insbesondere Hand-, Knie-, Schulter, Fuß-, Hüftgelenke. Die Finger- und Zehenendgelenke sind, im Gegensatz zu Gicht, nicht betroffen. Die betroffenen Gelenke schwellen an und sind überwärmt. Eine Rötung der betroffenen Gelenke kann hinzukommen. Eine symmetrische (= beidseits auftretende) Synovitis der stammfernen Gelenke ist typisch aber nicht zwingend. Morgens sind diese Symptome zumeist am stärksten ausgeprägt; es handelt sich dabei um die symptomatische Morgensteife. Im Krankheitsverlauf werden immer mehr Gelenke befallen.

Meist verläuft die Krankheit schubweise, ein Schub dauert typischerweise zwischen einigen Wochen bis Monaten an. Zwischen den einzelnen Schüben lassen die Beschwerden nach. Das macht die Behandlung schwierig, da man nicht genau weiß ob die Besserung auf die Therapie zurückzuführen ist, oder ob die Symptome auch von allein zurückgegangen wären.

Abgekürzt wird die Krankheit mit RA (rheumatoide Arthritis), PCP (primär chronische Polyarthritis, veraltet) oder CP (chronische Polyarthritis).

Sonderformen der Rheumatoiden Arthritis sind das Felty-Syndrom, das Caplan-Syndrom und die Juvenile idiopathische Arthritis.  

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie (Häufigkeit, Geschlechts- und Altersverteilung)

Abgesehen von der entzündlich aktivierten Arthrose ist die rheumatoide Arthritis die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Weltweit sind etwa 0,5–1 % der Bevölkerung betroffen. In Deutschland schätzt man die Zahl der Erkrankungen auf 800.000, wobei Frauen dreimal häufiger betroffen sind als Männer. An der rheumatoiden Arthritis können Menschen aller Altersgruppen erkranken, am häufigsten tritt sie jedoch zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr auf. Es können jedoch auch Kinder betroffen sein; dies nennt man dann eine „juvenile idiopathische Arthritis“. Bei Rauchern ist das Risiko gegenüber Nichtrauchern um das Achtfache erhöht. Auch der Verlauf der Krankheit ist bei Rauchern ungünstiger. Den Einfluss genetischer Faktoren schätzt man bei der RA auf über 50 %.

Ursache

Die Ursache für eine Erkrankung ist bislang ungeklärt. Es wird eine autoimmune Ursache angenommen, bei der körpereigene Substanzen, z. B. der Gelenkknorpel, von Zellen des Immunsystems angegriffen werden. Es wurde lange vermutet, dass beim Krankheitsbeginn auch Viren oder Bakterien eine Rolle spielen, jedoch sprechen neuere Daten dagegen. Außerdem gibt es einen genetischen Einfluss. So taucht die RA bei eineiigen Zwillingen häufiger als sonst in der Bevölkerung auf. Außerdem wird RA mit bestimmten MHC- bzw. HLA-Allelen assoziiert.

Pathogenese

 

  • Akkumulation von Entzündungszellen im Gelenk
  • Ortsansässige Zellen sezernieren weitere Enzyme und Zytokine
  • Entzündungsprozess --> Wucherung von Synovialgewebe
  • Pannus: Durch die Entzündung rund um den Gelenkhohlraum entstehendes Gewebe, das durch eine unkontrollierte Vermehrung der Zellen, die die Gelenkflüssigkeit produzieren, gekennzeichnet ist. Der Pannus zerstört nach einer gewissen Zeit Knorpel, Knochen und Halteapparat des betroffenen Gelenks
  • Weiße Blutkörperchen versuchen abgestorbene Gewebeteile aufzulösen. Dabei setzen sie Zytokine frei, die: a) den Knorpel noch weiter schädigen b) ihn daran hindern, neue Knorpelsubstanz zu bilden

Diagnostik

Die Diagnostik erfolgt durch Labor, Klinik und bildgebende Verfahren.

  • Labor: Es wird nach Rheumafaktoren (RF-Antikörper) im Blut gesucht, die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und das C-reaktive Protein (CRP) getestet. Rheumafaktoren sind hierbei jedoch nicht beweisend, sondern nur hinweisend, da es auch andere Erkrankungen gibt, in denen Rheumafaktoren nachgewiesen werden können und es auch Fälle von seronegativer Arthritis gibt.
    Auch ist bei einigen Betroffenen der RF so niedrig, dass er zur Diagnostik nicht ausreicht.
  • In neuerer Zeit sind als weiterer Labortest die Antikörper gegen cyclische citrullinierte Peptide (CCP) hinzugekommen. Sie sind bei etwa 75 % der Patienten erhöht und hochspezifisch.
  • Klinik: Zählung und Lokalisation schmerzhafter, geschwollener und überwärmter Gelenke, Patientenselbsteinschätzung
  • Bildgebende Verfahren: Zu Beginn und im Verlauf sind auch Röntgen- oder MRT-Untersuchungen erforderlich, um Schädigungen der Knochen (Erosionen) abschätzen zu können. Typische radiologische Befunde sind subchonondrale Osteoporose, Destruktionen des umliegenden Knochens, Ankylosen, Gelenkfehlstellungen (Knopflochdeformität, Schwanenhalsdeformität, Ulnardeviation)
  • Mit der Weichteil- und Knochenszintigraphie kann das Verteilungsmuster der Entzündungsaktivität der verschiedenen Gelenke recht gut dargestellt werden.

Dabei werden für die Diagnose üblicherweise die folgenden Kriterien des „American College of Rheumatology (ACR)“ von 1987 herangezogen:

  • Morgensteifigkeit in mindestens einem Gelenk für mindestens eine Stunde
  • Gelenksentzündungen in mindestens drei verschiedenen Gelenkregionen
  • Gelenkentzündungen an Hand- oder Fingergelenken
  • Beidseitige Gelenkentzündungen der selben Gelenke beider Körperhälften
  • Rheumaknoten
  • Nachweis von Rheumafaktoren
  • Radiologische Veränderungen der Gelenke

Die ersten vier Kriterien müssen über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen vorliegen und mindestens vier dieser sieben Kriterien erfüllt sein.

Medikamentöse Behandlung

Bei der medikamentösen Therapie rheumatischer Erkrankungen werden traditionell 4 Hauptgruppen von Medikamenten unterschieden:

Die verschiedenen Medikamentengruppen haben unterschiedliche Wirkungen und damit auch unterschiedliche therapeutische Zielsetzungen. Ihre Anwendung erfolgt deshalb oft auch gleichzeitig, z. B. gibt man häufig neben langwirksamen Antirheumatika zusätzlich noch cortisonfreie Entzündungshemmer oder Cortison.

Moderne Konzepte der Rheumabehandlung zeichnen sich dadurch aus, dass verschiedene Methoden miteinander kombiniert werden. Der Erfolg der Behandlung hängt wesentlich davon ab, für die unterschiedlichen Krankheitsbilder und Krankheitssituationen die jeweils richtige Behandlungskombination zusammenzustellen. Für jeden einzelnen Patienten muss seine individuelle Therapie quasi „maßgeschneidert“ werden. Sehr häufig wird dabei allein oder in Kombination das Basistherapeutikum MTX (Methotrexat) eingesetzt, quasi der Goldstandard der Basistherapie.

Neuere Therapeutika sind in Form von Antikörpern, löslichen Rezeptoren oder Antagonisten gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-1 oder TNF-alpha gerichtet. Zu den Biologicals, die gegen TNF-alpha gerichtet sind zählen die TNF-alpha-Antikörper Infliximab und Adalinumab sowie der lösliche TNF-alpha-Rezeptor Etanercept. Der IL-1-Rezeptor-Antagonist heißt Anakinra. Eine neue Perspektive eröffnet das B-Zell-gerichtete Therapiekonzept mit Rituximab (monoklonaler CD20-Antikörper), das seit Juli 2006 europaweit zugelassen ist. In Phase II und Phase III-Studien befinden sich zudem die Wirkstoffe Tocilizumab (IL-6-Inhibitor) und Ocrelizumab (humanisierter CD20-Antikörper).

Natriumaurothiomalat: Wie alle Medikamente auf Gold-Basis hat auch dieses erhebliche Nebenwirkungen und braucht lange Zeit, um die gewünschte Hauptwirkung zu entfalten. Heute daher zumeist nicht mehr verwendet. Die Erfahrung der älteren Rheumatologen zeigte jedoch, das das Gold in Spritzenform (nicht als Tablette) ein sehr effektives Medikament war (bei den Patienten, die es gut vertrugen).

Operative Therapie der rheumatischen Arthritis

Als Zweig der Orthopädie hat sich die Rheumachirurgie etabliert. Die sie anwendenden Ärzte haben sich darauf spezialisiert, die schweren und bisweilen schwersten Gelenkveränderungen, die im Laufe einer rheumatischen Erkrankung entstehen können, operativ zu behandeln.

Synovektomie

Die Synovia ist der eigentliche Ort des Krankheitsgeschehens. Im frühen Stadium kann es sich sehr gut auf den gesamten Verlauf auswirken, diese Synovia operativ zu entfernen. Abhängig von den anatomischen Gegebenheiten des betroffenen Gelenkes gelingt das oft nicht vollständig, aber eine deutliche Reduktion des erkrankten Gewebes hat meist einen lindernden Effekt. Synovialgewebe ist auch in den Sehnenscheiden vorhanden. Normalerweise sorgt es dort für die Ernährung und Schmierung der Sehnen. Bei rheumatischen Erkrankungen bilden sich, besonders in den Strecksehnenfächern des Handrückens, starke Schwellungen, so genannte synovitische Kissen, aus. Die krankhaft veränderte Synovia greift diese Sehnen an, die Sehnen können zerreißen. Die frühe Synovektomie wirkt sich bremsend auf den Krankheitsprozess aus.

Im späteren Verlauf, wenn es zu Zerstörungen von Gelenken gekommen ist, reichen solche, relativ kleinen Eingriffe, nicht mehr aus. Abhängig von der Lokalisation, dem Typ und der Funktion des Gelenkes kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz:

Gelenkresektion

Das zerstörte Gelenk wird ersatzlos entfernt. Die Nachbehandlung mit Gips und Schienen hat zum Ziel, eine funktionell zufrieden stellende Narbenbildung zu ermöglichen. Oft werden diese Verfahren an den Zehengrundgelenken eingesetzt.

Arthrodese (Gelenkversteifung)

Das erkrankte Gelenk wird entfernt, die Knochenstümpfe werden in einer für die Funktion günstigen Stellung aufeinander fixiert. Sind wenige Gelenke betroffen, wird dieses Vorgehen an den Fingern eingesetzt.

Plastische Operationen

Ein Teil des Gelenkes wird reseziert, der entstandene Defekt mit körpereigenem Gewebe aufgefüllt. Meistens wird hierzu eine eingerollte Sehne verwendet. Sinnvoll kann dieses Vorgehen im Bereich der Handwurzel sein.

Endoprothesen

Während bei Arthrosen versucht wird, den Einbau eines künstlichen Gelenkes so lange wie möglich hinaus zu zögern, wird bei rheumatischen Erkrankungen die Entscheidung für eine Gelenkprothese oft schon bei relativ jungen Leuten gestellt. Das Ziel liegt hierbei in einer Entlastung anderer Gelenke dadurch, dass das mit einer Prothese versorgte Gelenk, etwa ein Knie oder eine Hüfte, schmerzfrei funktioniert. Der Verfall der anderen Gelenke wird dadurch verzögert. Gerade bei Rheumatikern sind diese Operationen allerdings oft mit Schwierigkeiten behaftet, Grunderkrankung und Nebenwirkungen der eingesetzten Basistherapeutika bedingen einen sehr wenig haltbaren, spröden Knochen, der mechanischen Halt der Prothese ist schlecht, es droht die frühe Ablockerung.

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Rheumatoide_Arthritis aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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