Die Zukunft der grünen Gentechnik

Forscher wollen Effizienz der Photosynthese steigern

11.12.2017 - Deutschland

Der Prozess der Photosynthese ist die Basis des Wachstums aller Pflanzen. Wissenschaftler wollen die Photosynthese ankurbeln, um der weltweit steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu begegnen. Dazu soll das Schlüsselenzym Rubisco gentechnisch verändert werden. Nun ist es Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biochemie gelungen, funktionelles Rubisco aus Pflanzen in einem Bakterium herzustellen. Dies ermöglicht eine gentechnische Veränderung des Enzyms. Die Studie könnte eines Tages zu höheren Ernteerträgen und Pflanzensorten mit verbesserter Wassernutzungseffizienz oder erhöhter Temperaturbeständigkeit führen.

Illustration: Metz © MPI of Biochemistry

Fließbandarbeit: Das Chaperonin-System hilft dabei, die Rubisco-Untereinheiten korrekt zu falten. Mehrere weitere Chaperone setzen sodann die Untereinheiten zum funktionellen Enzym zusammen. Rubisco ist das Schlüsselenzym der Photosynthese und katalysiert die CO2-Fixierung. Der Prozess der Photosynthese wandelt Sonnenlicht in chemische Energie, spaltet Wasser und setzt O2 frei. CO2 wird zum Aufbau von Zucker verwendet.

Die Weltbevölkerung wird Prognosen zufolge im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen überschreiten. Damit steigt auch der Bedarf an Nahrung. Um die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu decken, wollen die Wissenschaftler die Effizienz der Photosynthese und damit das Wachstum von Nutzpflanzen steigern.

Photosynthese ankurbeln

Die Photosynthese ist der grundlegende biologische Prozess, der alles Leben auf der Erde ermöglicht. Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichts, um Kohlendioxid (CO2) und Wasser in Zucker und Sauerstoff (O2) umzuwandeln. Das Schlüsselenzym in diesem Prozess ist Rubisco. Rubisco katalysiert den ersten Schritt der Kohlenhydratproduktion in Pflanzen, die Fixierung von CO2 aus der Atmosphäre. Dabei nutzen die Pflanzen CO2, um Biomasse aufzubauen und die benötigte Energie für das Wachstum zu erzeugen. Rubisco ist jedoch ein ineffizientes Enzym, das langsam arbeitet. Zudem beeinträchtigen konkurrierende Reaktionen mit O2 die katalytische Effizienz von Rubisco. Aus diesen Gründen begrenzt Rubisco häufig die Photosyntheserate und letztendlich das Pflanzenwachstum. Das macht Rubisco zu einem heißen Ziel für die Gentechnologie.

Damit pflanzliches Rubisco und folglich die Photosynthese gentechnisch verbessert werden können, muss das funktionsfähige Enzym in einem alternativen Wirt, zum Beispiel einem Bakterium, produziert werden. Bisher gelang es den Wissenschaftlern jedoch nicht, eine enzymatisch aktive Form von Pflanzen-Rubisco in einem bakteriellen Wirt herzustellen. Ein Team um Manajit Hayer-Hartl, Leiterin der Forschungsgruppe "Chaperonin-vermittelte Proteinfaltung", hat nun die Voraussetzungen für die erfolgreiche Herstellung von Pflanzen-Rubisco in einem Bakterium identifiziert. Ihre Ergebnisse sollen die Bestrebungen zur Verbesserung der Photosynthese erheblich beschleunigen.

Fließbandarbeit

Das Rubisco-Enzym besteht aus acht großen und acht kleinen Untereinheiten. Die Proteinfaltung der großen Untereinheiten wird durch spezifische Chaperonine, makromolekulare Faltungskäfige, unterstützt. In ihnen können die neu synthetisierten Proteine ​​ihre korrekte funktionelle Struktur einnehmen. Nach der Faltung unterstützen mehrere zusätzliche Helferproteine ​​(Chaperone) die Untereinheiten dabei sich zu einem großen Enzymkomplex zusammenzulagern.

Die Forscher erzeugten funktionelles Pflanzen-Rubisco in einem bakteriellen Wirt, indem sie gleichzeitig Pflanzen-Chaperone und Rubisco in den Zellen herstellten. Dies ermöglicht den Wissenschaftlern zum einen den komplexen Zusammenbau von Rubisco nachzuvollziehen. Zum anderen können sie das Rubisco-Gen, die Bauanleitung, modifizieren, um die Eigenschaften des Enzyms zu verbessern. Sobald sie eine gewünschte Rubisco-Variante erhalten, können sie das modifizierte Gen wieder in die Pflanzenzellen einbringen. Das ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Photosynthese. "Das bakterielle Expressionssystem ähnelt einem Fließband für Autos. Früher musste jede optimierte Rubisco-Variante in einer transgenen Pflanze mühsam erzeugt werden, was ein Jahr oder länger dauert. Das kann man in etwa damit vergleichen ein Auto per Hand zu bauen. Jetzt können wir Hunderte oder Tausende solcher Rubisco-Varianten in Tagen oder Wochen herstellen. Es ist, als würde man Autos am automatisierten Fließband bauen", erklärt Hayer-Hartl.

Verbesserte Rubisco-Varianten

Die Gentechnik erleichtert es Rubisco-Varianten mit verbesserten Eigenschaften zu erzeugen. So könnten sich in Zukunft nicht nur die Ernteerträge erhöhen, sondern auch Pflanzensorten mit verbesserter Wassernutzungseffizienz oder erhöhter Temperaturbeständigkeit herstellen lassen - Eigenschaften, die angesichts der globalen Erwärmung und zunehmender Wasserknappheit von besonderer Bedeutung sind.

Originalveröffentlichung

Aigner H*, Wilson RH*, Bracher A, Calisse L, Bhat JY, Hartl FU, Hayer-Hartl M; "Plant Rubisco assembly in E. coli with five chloroplast chaperones including BSD2"; Science; Dezember 2017. *These authors contributed equally to this work.

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