Möglicher Angriffspunkt für Krebstherapien entdeckt

Die Hemmung des Enzyms RIOK1 könnte das Tumorwachstum und die Metastasenbildung stoppen

08.05.2017 - Deutschland

Ein internationales Team um Dr. Florian Weinberg aus der Gruppe von Prof. Dr. Tilman Brummer vom Institut für Molekulare Medizin und Zellforschung (IMMZ) der Universität Freiburg, der klinischen Pathologie und Medizin I des Universitätsklinikums und dem Kinghorn Cancer Centre/Garvan Insitute in Australien hat einen neuen Ansatz gefunden, mit dem sich das Tumorwachstum bei Krebserkrankungen möglicherweise stoppen lässt. Wie die Forscher herausfanden, kooperiert das Enzym RIOK1 mit dem RAS-Protein, das in Tumoren häufig mutiert ist und somit das Wachstum von Tumoren und die Ausbildung von Metastasen fördert. An diesen sekundären Tumoren, die der Primärtumor streut, falls er nicht rechtzeitig entfernt wird, sterben die meisten Krebspatienten. Mithilfe so genannter Inhibitoren könnte es gelingen, die Enzymaktivität von RIOK1 zu hemmen und das Fortschreiten der Erkrankung einzudämmen.

Florian Weinberg

Lungenkrebszellen, in denen das Zellskelett (grün) und die Kerne (blau) angefärbt sind. Das Wachstum und die Aggressivität solcher Zellen könnten sich mit einem neuen Therapieansatz verringern lassen.

Krebserkrankungen sind durch Genmutationen charakterisiert, welche unkontrolliertes Wachstum körpereigener Zellen zur Folge haben und so zur Tumorentstehung führen. Die meisten Behandlungen kombinieren operative Eingriffe, um dem Tumor zu entfernen, mit Chemo- oder Strahlentherapie, die beide darauf abzielen, schnell wachsende Zellen zu hemmen. Als Ergänzung oder Alternative kommen spezifische Inhibitoren zum Einsatz. Diese Wirkstoffe hemmen die Aktivität von schädlichen Proteinen und Enzymen, die durch im Tumor mutierte Gene produziert werden. Speziell für RAS-getriebene Tumore gibt es jedoch bislang nur mangelnde Behandlungsmöglichkeiten. Von solchen Tumoren sind etwa 30 Prozent aller Krebspatienten betroffen. Daher ist es von großem Interesse, neue Wege zu finden, um auf RAS einzuwirken.

Die Forscher untersuchten unter anderem das Wachstumsverhalten von RAS-mutierten menschlichen Lungen-, Brust-, und Darmkrebszellen mittels Zellkultur- und Tiermodellen. Es gelang ihnen jeweils, diese Zellen genetisch so zu verändern, dass sie nicht mehr in der Lage waren, RIOK1 zu produzieren. Mit diesem Ansatz, der die Effekte eines RIOK1-Inhibitors nachahmt, verringerten sie das Wachstum und die Aggressivität der Krebszellen. Besonders bei den Tiermodellen beobachteten die Forscher, dass die veränderten Zellen nicht mehr in der Lage waren, Metastasen zu bilden. RIOK1 gehört zu den Proteinkinasen, einer Familie von Enzymen, die in der Krebstherapie mittels Inhibitoren bereits oft erfolgreich gehemmt werden. Daher nehmen die Forscher an, dass ähnliche Hemmstoffe, welche die Enzymaktivität von RIOK1 unterbinden, in absehbarer Zeit entwickelt werden könnten. Zusätzlich könnte RIOK1 ermöglichen, den weiteren Verlauf von Lungen- und Brustkrebserkrankungen besser vorherzusagen: Die Forscher beobachteten bei Patienten mit schlechteren Prognosen eine verstärkte Produktion von RIOK1 im Tumorgewebe.

Allerdings werden den Forschern zufolge weitere Arbeiten nötig sein, um RIOK1 als eine Zielstruktur für die Krebstherapie zu bestätigen. Wichtig sei etwa, den genauen Mechanismus aufzuklären, wie das Enzym Krebswachstum und Metastasierung fördert. Zudem sei es unumgänglich, Inhibitoren an Modellorganismen zu testen, bevor die Wirkstoffe in klinischen Studien erprobt werden können. Erste Untersuchungen der Forscher an Fadenwürmern und menschlichen Zellen haben gezeigt, dass gesunde Körperzellen nicht oder nur teilweise von einem RIOK1-Verlust betroffen sind, weil diese nicht auf das Enzym angewiesen sind. Dagegen wären Krebszellen in ihrem Wachstum und in ihrer Fähigkeit, neue Tumore zu streuen, gehemmt.

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