Kleinste Moleküle als Stellschrauben im Kampf gegen Leukämie
Carreras-Forschungspreis für Wissenschaftlerin der Universität Leipzig
Bei der Leukämie, umgangssprachlich auch Blutkrebs genannt, ist die Blutproduktion gestört. Unreife und nicht funktionsfähige, weiße Blutkörperchen vermehren sich unkontrolliert und verdrängen so nach und nach die gesunden Blutkörperchen und Blutplättchen. Dabei lassen sich verschiedene Formen von Leukämien unterscheiden: Chronische Leukämien verlaufen eher schleichend, akute Leukämien hingegen treten plötzlich auf und erfordern eine rasche Therapie.
Einen neuen Ansatz zur Behandlung dieser akuten Form hat Dr. Daniela Bräuer-Hartmann an der Medizinischen Fakultät erforscht. Dazu hat sie zwei Typen von microRNA untersucht und funktionell charakterisiert. Ribonukleinsäuren (RNA) werden seit einigen Jahren intensiv erforscht. Sie helfen dabei, grundlegende Prozesse des Organismus zu verstehen und Krankheiten effektiver zu behandeln. "Es gibt verschiedene Typen von RNAs, wobei die für uns interessanten microRNAs die Aktivität der Gene in den Zellen steuern", erklärt Dr. Daniela Bräuer-Hartmann. Wie ein Kontrolleur sind microRNAs in der Lage, die Übersetzung einzelner Gene in Proteine zu unterdrücken. Somit können sie auch an der Entstehung verschiedener Krankheiten beteiligt sein, indem sie die Prozesse in der Zelle fehlerhaft regulieren. Schätzungen zufolge werden beim Menschen rund 60 Prozent des Genoms durch microRNAs beeinflusst. "Wenn wir die grundlegenden Prozesse der Entartung einer Zelle verstehen, können wir zielgerichteter Therapien entwickeln", so Bräuer-Hartmann.
In Experimenten hat die Leipziger Forscherin nun eine erhöhte Konzentration zweier microRNA-Typen bei einer Form der akuten Leukämie nachgewiesen. Erstmals konnte sie nachweisen, dass sich beide Typen an die mRNA binden. Die mRNA fungiert als Bote und steuert genetische Informationen für die Proteinbildung bei. "Mit der Arbeit unserer Forschungsgruppe haben wir einen weiteren Teil des großen Ganzen aufgeklärt", resümiert Dr. Daniela Bräuer-Hartmann. Seit 2011 forscht die 37-Jährige an der Selbstständigen Abteilung Hämatologie und Onkologie unter der Leitung von Prof. Dr. Dietger Niederwieser an den RNA-Molekülen. Ihre Forschungsergebnisse hat sie bereits im vergangenen Jahr im Fachjournal Cancer Research publiziert.
Im Dezember 2016 wurde Dr. Daniela Bräuer-Hartmann nun mit dem José-Carreras-Best-Paper-Award ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird für Publikation vergeben, die in Fachkreisen auf große Resonanz gestoßen sind. Die José-Carreras-Stiftung will innovative Forschungsansätze intensiver herausarbeiten und somit die Heilungschance für Patienten weiter verbessern. "Mit dem Preisgeld werde ich das Projekt weiterführen. Wir bereiten die klinische Anwendung vor und müssen dafür noch einige Vorversuche durchlaufen. Denn die microRNAs lassen sich gezielt für therapeutische Ziele nutzen", blickt die Wissenschaftlerin voraus. So lassen sich beispielsweise synthetische Moleküle einsetzen, die die microRNAs hemmen und so die Teilung kranker Zellen stoppen. Diesen Ansatz will die Wissenschaftlerin in den kommenden Jahren verfolgen und hofft auf eine neue Therapieform für Fälle akuter Leukämie.
Originalveröffentlichung
Daniela Bräuer-Hartmann, Jens-Uwe Hartmann, Alexander Arthur Wurm, Dennis Gerloff, Christiane Katzerke, Maria Vittoria Verga Falzacappa, Pier Giuseppe Pelicci, Carsten Müller-Tidow, Daniel G. Tenen, Dietger Niederwieser and Gerhard Behre; "PML/RARα-regulated miR-181a/b cluster targets the tumor suppressor RASSF1A in acute promyelocytic leukemia"; Cancer Research; 15. August 2015
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