Temperatur-regulierter Abbau von Proteinen

Genetiker entwickeln Verfahren zur gezielten Steuerung von Genfunktionen

02.08.2016 - Deutschland

Genetiker aus Köln, Halle, Hamburg, und Zürich entwickeln ein neues Verfahren, mit dem man einzelne Eigenschaften (Phänotpyen) vielzelliger Organismen wie Pflanzen und mancher Tierarten nach Bedarf durch Einstellung der Umgebungstemperatur gezielt umschalten kann. Dadurch lässt sich die Funktion einzelner Gene und der von ihnen kodierten Proteine erforschen. Das Verfahren basiert auf einer temperatur-empfindlichen Mutation eines Proteins, die von Marceli Fröhlich und Jörg Höckendorff in ihrer Zeit als Doktoranden im Labor von Professor Jürgen Dohmen im Institut für Genetik generiert wurde.

Prof. Dr. Jürgen Dohmen / Uni Köln

Darstellung der Forschungsergebnisse


Proteine sind die hauptsächlich für die Gestalt und Funktion lebender Organismen verantwortlichen Bestandteile von Zellen. Die Zusammensetzung eines Proteins aus seinen Bausteinen, den Aminosäuren, wird durch die Sequenz der kodierenden Gene im Zellkern vorgegeben. Nun sind manche Gene grundsätzlich von essentieller Bedeutung, andere nur in bestimmten Entwicklungsstadien oder Organen. Die genetische Forschung beschäftigt sich daher unter anderem mit den Fragen, wann, welches Gen für welche Funktion eines Organismus von Bedeutung ist.

Um dies untersuchen zu können, ist es erforderlich, die Funktion von Genen bzw. der von diesen kodierenden Proteinen gezielt zu bestimmten Zeitpunkten inaktivieren zu können. Eine Möglichkeit die Funktion eines Proteins gezielt zu beenden, ist es, dessen schnellen Abbau durch zelluläre Proteasen einzuleiten. Einem Team aus Genetikern, die sich mit verschiedenen Organismen, wie einzelligen Pilzen (Hefen), Pflanzen oder Tieren beschäftigen, ist es nun gelungen, eine Methode zu entwickeln, die es erlaubt, ein Protein so zu verändern, das dessen Abbau zu einem gewünschten Zeitpunkt induziert werden kann. Dazu wird das Protein mit einem Abbausignal versehen, das dessen Abbau erst ab einer bestimmten Temperatur (27°C) induziert. Bei Temperaturen wenige Grad darunter bleibt das Protein stabil und kann seine normale Funktion ausführen.

Die Arbeit beruht auf einer Zusammenarbeit der Kölner Genetiker mit den Pflanzenwissenschaftlern Dr. Nico Dissmeyer und Professor Dr. Arp Schnittger, die zuerst am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln tätig waren (heute am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle bzw. an der Universität Hamburg). Koordiniert von Dr. Dissmeyer wurde das Temperatur-regulierte Abbausystem zunächst in der Bäckerhefe und in Pflanzen etabliert und dann in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern an der ETH in Zürich auch in der Fruchtfliege Drosophila angewendet.

Die Arbeiten zeigen, dass das System geeignet ist, die Funktion eines Proteins in vielzelligen Organismen dann gezielt zu steuern, wenn sich deren innere Temperatur durch Veränderung der äußeren in einem geeigneten Bereich einstellen lässt. Dieses gilt sowohl für Pflanzen als auch für wechselwarme Tiere. Das Verfahren kann sowohl für die genetische Grundlagenforschung als auch in biotechnologischen Verfahren z.B. bei der Produktion von Proteinen oder Wirkstoffen eingesetzt werden.

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